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Wirtschaftsbericht 2013 vorgelegt

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) und das Institut für Höhere Studien (IHS) sehen die Wirtschaft in Österreich heuer ganz leicht wachsen, um 0,4 bis 0,6 Prozent. Für 2014 setzen sie immer noch ein Anziehen auf 1,6 bzw. 1,8 Prozent an. Prognosekürzungen häuften sich zuletzt aber wieder. Experten glauben, dass die Zeiten höherer Wachstumsraten auch nach dem Tiefpunkt für längere Zeit vorbei sind.

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Wahrscheinlich wird sich Österreich mittelfristig auf ein Umfeld gedämpfter und schwankender Nachfrage einstellen müssen, und vor dem Hintergrund seien reale Wachstumsraten der österreichischen Volkswirtschaft von etwa einem Prozent als normal anzusehen, schreibt der Wirtschaftsforscher Ulrich Schuh vom Institut Eco Austria im Wirtschaftsbericht 2013, der am Mittwoch in Wien vorgestellt wurde.

„Österreich-Bonus ein bisschen müde“

Weil kein konjunktureller Rückenwind in Sicht sei, müsse die Wirtschaftspolitik Vorkehrungen treffen. Im Budget sei Spielraum für wachstumsfördernde Investitionen zu schaffen. Die Inflation im Land sei angesichts der Konjunkturlage deutlich überhöht. Zu Deutschland betrage das Inflationsdifferenzial einen Prozentpunkt. Was auf einen schleichenden Verlust von Wettbewerbsfähigkeit hindeute.

Den „Österreich-Bonus“ sieht WIFO-Chef Karl Aiginger nach zwölf Jahren „ein bisschen müde“. Europa sei in einer Anpassungsrezession, wobei Österreich anders als der Euro-Raum auch 2013 leicht wachsen werde. Zwar sei die Arbeitslosigkeit in Österreich die niedrigste in Europa, aber für Österreich hoch und steigend, und das mittelfristige Wachstum zu schwach, um sie abzubauen.

Eine gute Nachricht sollte das nun verhandelte EU-USA-Freihandelsabkommen bergen: Für Österreich hält das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) daraus langfristig einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,7 Prozent für möglich.

Mitterlehner: „Sehr wohl Rückenwind“

„Es gibt sehr wohl konjunkturellen Rückenwind“, sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). „Wir werden uns gut entwickeln im Herbst“, glaubt Mitterlehner. Schon wegen des Aufholprozesses in anderen Ländern. "Es werden auch von Europa wieder Impulse kommen“, ist er überzeugt. In Österreich wird gerade wieder ein neues Konjunkturpaket geschnürt. „Ohne Aufnahme neuer Schulden“, wie Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) betonte.

Die Auftragslage der Betriebe sei ausgesprochen positiv, so der Wirtschaftsminister. Ambivalent sieht er die positiven Effekte der jüngsten Hochwasserkatastrophe für die Volkswirtschaft. Es werde durch das Hochwasser ein Konjunkturplus geben. Durch Sanierungsarbeiten und Katastrophenschutzprogramme werde es für verarbeitende Unternehmen sowie Architektur- und Ingenieurwesen Impulse geben.

Barroso: Österreich meistert Herausforderungen

Mitterlehner fühlt sich durch EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso bestärkt, der Österreich in einer Videobotschaft zur Vorlage des Wirtschaftsberichts bei der Bewältigung der schwierigen globalen Situation bemerkenswerte Resultate bescheinigte. Natürlich bleibe die Konjunktur für österreichische Standards fragil. Das Wachstum bleibe positiv, aber auf niedrigerem Niveau. Auch Barroso sieht klare Zeichen, dass Österreichs Wirtschaft robust bleibe, auch was die Schaffung von Arbeitsplätzen betrifft.

Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) sagte, gerade Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur hätten einen massiveren Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindert. Laut Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) sollten sich andere Branchen ein Beispiel an der Industrie nehmen, was die Lehrlingsaufnahmen betrifft. Gibt es ausreichend Beschäftigung, erhalte die Wirtschaft ausreichend Lohnsteuer, die Leute könnten Geld ausgeben, damit bekomme sie Mehrwertsteuer - dann gehe es den Betrieben gut, und das schlage sich in den Körperschaftssteuereinnahmen und Einkommensteuern nieder, rechnete Fekter vor.

Laufend Prognoserücknahmen

Im Wirtschaftsbericht ist in den Beiträgen der Ökonomen viel von den laufenden Prognoserücknahmen die Rede. Für den Chefökonom der Bank Austria, Stefan Bruckbauer, war nach dem sehr schwachen Jahresbeginn klar, dass die Prognosen für praktisch alle Euro-Länder um einen Prozentpunkt zu hoch waren. „Wir haben nicht das globale Wachstum überschätzt, sondern die Wirkung der restriktiven Fiskalpolitik und die Verunsicherung von Investoren und Konsumenten unterschätzt.“

Trotz weiterer „Enttäuschungspotenziale“ (z. B. Spanien) sieht er die Haushaltskonsolidierung im Euro-Raum doch schon fortgeschritten. Das werde von vielen unterschätzt. Auch Raiffeisen-Chefökonom Peter Brezinschek sieht das Konjunkturtal in Österreich seit dem vierten Quartal 2012 durchschritten.

Für den Erste-Bank-Ökonomen Rainer Münz ist es nichts Neues, dass ständig die Prognosen über den Haufen geworfen werden. OECD, IWF und heimische Institute erwarteten in ihren Frühjahrsprognosen einen kleinen Aufschwung, der sich verfestigen sollte, und wenige Monate später würde nach unten revidiert, der Aufschwung ein Jahr verschoben. „So lief es 2011, 2012, und so lief es auch 2013.“

Jugendarbeitslosigkeit kein spanisches Problem

Die Euro-Zone befinde sich längst in einem „Double-Dip-Szenario“, wenngleich das nicht für alle Länder gelte. Österreich stehe gut da, auch auf dem aktuell niedrigen Niveau. Ein Großteil der Firmen sei wettbewerbsfähig, der Staatshaushalt profitiere von steigenden Steuereinnahmen. Und von einem zentralen Problem der Krisenländer, der hohen Arbeitslosigkeit, sei Österreich nicht betroffen.

Die Chefökonomin der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Doris Ritzberger-Grünwald, hält dagegen, dass „eine Jugendarbeitslosigkeit von mehr als 50 Prozent nicht nur ein spanisches Problem ist, sondern uns alle angeht“.

Auch „Klassenbeste“ betroffen

Dass Österreich so positiv dasteht und als eines der ganz wenigen Euro-Länder nicht in die Rezession abrutscht, habe man primär den Nachbarn zu danken: Deutschland, die Schweiz, die Slowakei und viele andere Ostländer hielten sich gut. Mit jeder Prognose, die für den Euro-Raum veröffentlicht werde, verflüchtige sich die Hoffnung auf einen baldigen Konjunkturaufschwung, schreibt Ritzberger-Grünwald.

„Einmal Krise und zurück ... leider zur Krise, und nicht zum Ausgangspunkt.“ Probleme wie in Zypern hätten vor einigen Jahren bloß lokale Aufmerksamkeit erregt, nun aber werde jeder wirtschaftspolitische Schritt so interpretiert, als ob morgen ganz Europa betroffen wäre. Besorgniserregend sei, dass nun auch Länder, die man früher ohne Zögern zum Kern gerechnet hätte, mit negativen Wachstumsraten aufhorchen ließen. Ebenso, dass selbst die „Klassenbesten“ Deutschland und Österreich heuer, also sechs Jahre nach Beginn der Krise, das BIP-Niveau der Krise nur knapp übertreffen dürften.

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