Keine Rückkehr zu Besucherrekorden
Das neuerliche politische Chaos in Ägypten hat nicht nur die Hoffnung auf eine friedliche Demokratisierung des Landes gebremst - auch die Tourismusbranche muss ihren Traum von der Rückkehr zu früheren Besucherrekorden vermutlich begraben.
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Zog es 2010 noch mehr als 14 Millionen Urlaubsreisende dank Sonne, Strand und Pyramiden nach Ägypten, brachte der „arabische Frühling“ im Jahr darauf zuerst Machthaber Hosni Mubarak zu Fall und dann die Urlaubslust zum Erliegen - ein Alptraum für die Tourismusbranche, die zehn Prozent der ägyptischen Bevölkerung ernährt.
Hoffnungsschimmer im Vorjahr
Erst vergangenes Jahr kehrten die Urlauber nach und nach auf die Spuren der Pharaonen zurück, darunter vor allem Russen, Briten und 1,2 Millionen Deutsche. Das Jahr 2013 begann hoffnungsvoll: Von Jänner bis Mai zog es offiziellen Angaben zufolge 4,9 Millionen Touristen nach Kairo, Luxor und anderswo in den bevölkerungsreichsten arabischen Staat. Schon Ende April waren 80 Prozent der Hotelbetten am Roten Meer für die Sommersaison vorgebucht.
Ägypten schwang sich also gerade wieder auf zu den Höhen des Jahres 2010, vielleicht sogar darüber hinaus - und wurde durch die gewaltsamen Zusammenstöße zwischen Anhängern und Gegnern der entmachteten Staatsführung um Präsident Mohammed Mursi abrupt auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
„Warnung“ für einige Gebiete
Das Auswärtige Amt in Berlin verschärfte seine Reisehinweise und warnt inzwischen vor Urlaubstrips in den Nord-Sinai und ins ägyptisch-israelische Grenzgebiet. Weiterhin „dringend abgeraten“ werde von Reisen in das Nildelta, auf die Halbinsel Sinai und das Grenzgebiet zu Libyen, während die Touristengebiete am Roten Meer und Ziele wie Luxor und Assuan nach wie vor sicher seien. Frankreich, Großbritannien, Italien und die Schweiz raten ihren Staatsbürgern vor Flügen nach Ägypten ab.
Der führende deutsche Reiseveranstalter TUI beteuert gleichwohl, dass am Roten Meer auch weiterhin „ganz normale Ferien zu verbringen“ seien und dort von Unruhen „absolut nichts zu spüren ist“. Für Kairo gelte indes bis Montag ein vorläufiger Buchungsstopp. Auch Lufthansa spricht - zumindest offiziell - von weiterhin „guter“ Nachfrage und „vollen“ Flugzeugen. Und Air Berlin nimmt nach eigenen Angaben ebenfalls „keine Folgen“ der politischen Turbulenzen und tödlichen Ausschreitungen in Ägypten wahr.
Ziele ausgesetzt, einige Stornierungen
In Großbritannien, wo die Reiseveranstalter Thomson und First Choice in Luxor untergebrachte Touristen zurück in die Heimat fliegen ließen, ist die Stimmung weniger entspannt. Auch einige französische Tourismuskonzerne haben Reisen nach Kairo, in die altägyptische Stadt Heliopolis und auf den Sinai vorerst ausgesetzt, mehrere Kunden von Thomas Cook Frankreich nahmen „ungefährlichere“ Alternativangebote des Unternehmens an. Der italienische Tourismusverband Fiavet verzeichnete bisher gar ein Fünftel Stornierungen, besonders für Kairo und die populären Nilkreuzfahrten.
Die Russen indes, für die Ägypten das zweitbeliebteste Urlaubsziel überhaupt ist, bekamen von ihrer Regierung bloß aufgetragen, Massenversammlungen zu meiden und am besten fernab jeglichen Konfliktpotenzials am Hotelpool zu bleiben. „Es gibt keine Stornierungen“, versicherte eine Sprecherin des russischen Verbands der Reiseveranstalter. Zwar sei die Welle neuer Buchungen etwas abgeebbt, aber: „Alle Flüge nach Ägypten sind bis zum 10. Juli voll.“
Audrey Kauffmann, AFP
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