Sorge um nationale Sicherheit
Chinas Expansionshunger stößt in den USA auf unerwarteten Widerstand: Am Mittwoch beschäftigt die geplante Milliardenübernahme des größten Schweinefleischproduzenten des Landes, Smithfield Food, den US-Kongress. Kritiker befürchten den Ausverkauf der US-Landwirtschaft und Gefahren für die nationale Sicherheit. Es wäre nicht das erste Mal, dass chinesische Investitionen im letzten Moment verhindert werden.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Sechs Wochen nach der Ankündigung der Übernahme des weltgrößten Schweinefleischerzeugers Smithfield Food durch den chinesischen Nahrungsmittelkonzern Shuanghui International stößt der Deal auf politische Hürden im US-Kongress, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet. Es wäre mit 4,7 Milliarden US-Dollar (3,66 Mrd. Euro) die bisher größte chinesische Investition in den USA.
Ausverkauf einer Traditionsmarke befürchtet
Es geht den Kritikern vage um einen befürchteten Ausverkauf der US-Landwirtschaft, Sorgen um die Sicherheit der Nahrungsmittelkette und am Ende sogar um Gefahren für die nationale Sicherheit der USA, über die noch das Komitee für Investitionen in den USA (CFIUS) befinden muss. Am Mittwoch hat das Landwirtschaftskomitee des Senats in Washington zu einer ersten Anhörung eingeladen.
Das Komitee will prüfen, ob der Verkauf der Traditionsmarke nach China eine Gefahr für Nahrungsmittelstandards in den USA darstellt und ob für solche Übernahmen strengere Regeln gelten sollten. Weder Smithfield noch Shuanghui verstehen die Aufregung. „Wir begrüßen eine umfangreiche Begutachtung und faire Bewertung unseres Falles,“ schreibt Smithfield in einer Aussendung, aber die Übernahme sei keine Gefahr für die nationale Sicherheit, sondern würde angesichts sinkender Nachfrage im eigenen Land die US-Bauern unterstützen.
Chinas unstillbarer Hunger nach Schwein
Tatsächlich schrieb Smithfield 2009 und 2010 Verluste, und schürte damit vor allem in der „Schinkenhauptstadt der Welt“ die Angst vor Jobverlusten. Seit über 300 Jahren wird in der kleinen, gleichnamigen 8.000-Einwohner-Stadt in Virginia Schinken produziert und in die ganze Welt verkauft. 3.000 der insgesamt 46.000 Mitarbeiter bei Smithfield Foods sind in dem Ort beschäftigt. Kaum eine Schule, ein Park oder eine Freizeitanlage der Stadt wurden nicht mit großzügigen Spenden aus der Unternehmenskasse finanziert. Insgesamt produziert Smithfield in 26 US-Staaten, Mexiko und zehn europäischen Ländern.
Während in den USA zuletzt die Verkaufszahlen von Schweinefleisch zurückgingen, können Chinas Schweinezüchter die steigende Nachfrage im eigenen Land durch den wachsenden Wohlstand der chinesischen Mittelklasse nicht mehr befriedigen. Das Milliardenvolk verbraucht mehr Schweinefleisch als jedes andere der Welt. Nach Mexiko und Japan ist China schon heute der drittgrößte Abnehmer von amerikanischem Schweinefleisch.

AP/Alexander F. Yuan
Arbeiter in einem Shuanghui-Werk
Schützenhilfe erhält Chinas größter Fleischverarbeiter vom Handelsministerium in Peking. „Wir hoffen, dass die USA mit dem Zusammenschluss gerecht und vernünftig umgehen“, sagte ein Sprecher gegenüber der dpa. Die Senatsanhörung diese Woche fällt ausgerechnet mit einer neuen Runde des strategischen und wirtschaftlichen Dialogs zwischen China und den USA zusammen, zu dem Chinas oberster Außenpolitiker Yang Jiechi und Vizepremier Wang Yang nach Washington kommen.
Schon mehrmals Übernahmen verhindert
Tief sitzt in China die Verärgerung, dass die USA schon andere Übernahmen verhindert haben - so etwa 2005 die Pläne des chinesischen Ölkonzerns CNOOC, das Öl- und Gasunternehmen Unocal zu übernehmen. Damals wurden Sicherheitsbedenken bemüht. Aus ähnlichen Gründen bekommt auch der sonst weltweit tätige chinesische Telekomriese Huawei in den USA kaum ein Bein auf die Erde. Im Fall von Smithfield Foods argumentieren Gegner der Übernahme, dass US-Konsumenten nicht mehr sichergehen könnten, auch US-Ware auf den Teller zu bekommen.
Aus chinesischer Sicht erscheint das als reiner Protektionismus - und das Misstrauen gegen Shuanghui wird auch nicht anders verstanden. Niemand in China leugnet, dass das Land Probleme mit Lebensmittelskandalen hat. Durch verunreinigtes Babymilchpulver bekamen 2008 rund 300.000 Säuglinge Nierensteine. Sechs starben. Gemüse, Obst und Tee sind häufig mit Chemikalien belastet. Auch wurde 2011 bei einer Shuanghui-Tochterfirma der verbotene Wirkstoff Clenbuterol entdeckt, der Schweinefleisch magerer machen soll.
Gegenseitige Vorwürfe wegen Wachstumshormonen
Besonders skurril wird der Fall aber, weil auch China immer wieder die Qualität von importiertem Fleisch aus den USA anzweifelt. So ist das Wachstumshormon Ractopamin, das Fleisch fettarmer macht, zwar in den USA erlaubt, aber in China nicht - ähnlich wie in der Europäischen Union. Knapp die Hälfte der Tiere, die Smithfield verarbeitet, sind allerdings frei von Ractopamin, was den Schweinefleischerzeuger wiederum für die Chinesen erst attraktiv macht.
Das lässt sich die in Hongkong ansässige Shuanghui Holding insgesamt 7,1 Milliarden US-Dollar kosten. Neben der Barzahlung von 4,7 Milliarden US-Dollar werden auch die Schulden von Smithfield übernommen. Die Finanzierung stellen Bank of China und Morgan Stanley sicher. Die Chinesen versichern, die amerikanische Traditionsfirma mit ihren 46.000 Mitarbeitern in 26 US-Staaten, Mexiko und zehn europäischen Ländern nicht umkrempeln zu wollen.
Widerstand bröckelt
Doch gibt es Widerstand auch auf lokaler Ebene. Mehrere Bundesstaaten verbieten ausländischen Besitz von landwirtschaftlichen Flächen. In jedem von ihnen gibt es Schlachtereien oder Fleischverarbeitung von Smithfield. Sollte der Kongress grünes Licht für die Übernahme geben, steht das Unternehmen als Tochter eines chinesischen Konzerns vor einem Haufen rechtlicher Probleme. Doch auch hier bröckelt der Widerstand. Erst Anfang Juli hob der Gouverneur von Missouri, Jay Nixon, diese Einschränkung auf.
Links: