Fahrplan bis Dezember
Über die Drogeriekette dayli ist offiziell ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet worden. Wirksam wird dieses ab 5. Juli, gab das Landesgericht Linz am Donnerstag bekannt. Neben den 3.468 Beschäftigten seien rund 950 Vermieter und 1.340 Gläubiger betroffen. Dennoch schmiedet der geschasste dayli-Chef Rudolf Haberleitner schon eifrig neue Pläne.
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Seit Donnerstag hält die Fäden bei der insolventen Drogeriekette dayli Masseverwalter Rudolf Mitterlehner in der Hand. Das hält aber den ehemaligen Eigentümer und nunmehrigen Geschäftsführer Haberleitner nicht davon ab, schon kräftige Expansionspläne in der Öffentlichkeit zu schmieden. Er will bis zum Jahr 2016 die Zahl der Filialen von derzeit 783 auf 1.300 erhöhen, sagte er Donnerstagabend in der ZIB2. Und er hielt fest: „Der Job geht für die Mitarbeiter weiter, für alle.“
„Suche nach Investoren läuft voll weiter“
Obwohl in den Läden Ware fehlt, die Gläubiger auf einen Großteil ihres Geldes verzichten müssen und die Mitarbeiter auf ihr Juni-Gehalt und ihr Urlaubsgeld warten, ist Haberleitner voller Tatendrang: „Die Suche nach Investoren geht voll weiter.“ Er hofft auf Mittel von privaten Geldgebern, von den Banken werde es - wie schon bisher - kein Geld geben. Aufhorchen ließ er mit der Aussage: „Wir hätten die Gehälter bezahlen können, auch den 13.“ Auf die Frage, warum er es dann nicht getan habe, meinte Haberleitner, seine Anwälte hätten ihm abgeraten, weil ihn sonst Gläubiger wegen Bevorzugung klagen hätten können. So kommt nun die Allgemeinheit für die ausstehende Entlohnung auf.
Insolvenzverwalter prüft Sanierung
Die Gerichtsakten sprechen jedoch eine andere Sprache. Demnach sind bereits 414 Dienstverhältnisse aufgelöst worden oder enden. Der Buchwert der Gesamtpassiva beträgt laut Status per 30. Juni 56,37 Mio. Euro. Eine Berechnung auf Basis von Zerschlagungswerten ergebe eine Überschuldung von 49,58 Mio. Euro, heißt es.
„Vorrangige Aufgabe der Insolvenzverwalter ist nun, die Möglichkeiten der Sanierung zu prüfen, die Gestaltung des Fortbetriebes bzw. die Suche nach Interessenten (allfällige Investoren) gemeinsam mit der Geschäftsführung und dem Betriebsrat vorzunehmen“, schreibt das Gericht. Neben Insolvenzverwalter Mitterlehner fungieren Erhard Hackl, Gerhard Rothner, Thomas Zeitler und Elisabeth Achatz-Kandut als seine Stellvertreter. Sie alle sind Rechtsanwälte in Linz.
Entscheidung im Dezember
Gläubiger können ihre Forderungen bis 13. September 2013 anmelden. Die allgemeine Prüfungstagsatzung und Berichtstagsatzung findet am 27. September 2013 um 10.00 Uhr am Landesgericht Linz statt. Die Abstimmungstagsatzung über den Sanierungsplan ist am 5. Dezember 2013 um 10.00 Uhr am Landesgericht Linz.
Den Gläubigern wird eine Quote von 25 Prozent geboten, davon fünf Prozent binnen zwei Wochen ab Annahme des Sanierungsplans, jedoch nicht vor Rechtskraft seiner Bestätigung. Da dayli auch Niederlassungen in Belgien und Luxemburg sowie Tochtergesellschaften in Italien und Belgien hat, sind laut Gericht „zahlreiche Rechtsfragen nach der europäischen Insolvenzverordnung zu klären“.
„Farbe bekennen“
Der Insolvenzexperte des Kreditschutzverbands von 1870 (KSV), Hans-Georg Kantner, begrüßte den Insolvenzantrag ohne Eigenverwaltung. „Nun wird ein versierter Masseverwalter das Ruder übernehmen“, sagte Kantner. Der neue Eigentümer Martin Zieger und Rudolf Haberleitner müssten den Insolvenzverwalter nun mit ihrem Konzept überzeugen und „Farbe bekennen“. Anfang nächster Woche erwartet Kantner eine Entscheidung über die mögliche Fortführung.
Die TAP 09 Beteiligungs GmbH von dayli-Chef Haberleitner hatte ihre Anteile unmittelbar vor dem Antrag bei Gericht an die ICU Unternehmensberatung GmbH von Zieger abgetreten, um eine Sanierung und die Finanzierung der Zukunft des Unternehmens zu ermöglichen. Zieger war Geschäftsführer von Hunkemöller, Charles Vögele und Palmers.
Langes Warten auf Gehälter
Für die Mitarbeiter - zumeist alleinerziehende Frauen - stehen dramatische Wochen bevor. Sie warten seit Monatsende auf ihre Juni-Gehälter sowie auf ihr Urlaubsgeld. Nach der Insolvenz sammelt der Insolvenzschutzverband für Arbeitnehmerinnen (ISA) nun die Anträge der Beschäftigten. Dann benötigt der Insolvenzentgeldfonds (IEF) von der Prüfung der Fälle bis zur Auszahlung der Ansprüche aber mindestens drei Wochen, sagte IEF-Chef Wolfgang Pfabigan. Es könne aber „leider auch länger“ dauern.
Aufgrund der Dauer des Verfahrens sei mit einer (Teil-)Zahlung in den meisten Fällen in zwei bis drei Monate nach Antragstellung zu rechnen. Wenn der Antrag vollständig eingebracht werde und der Insolvenzverwalter rasch ein Anerkenntnis abgebe, sei auch eine frühere Auszahlung möglich.
Juli-Gehälter wieder regulär
Die Gewerkschaft empfiehlt all jenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, bei denen die finanzielle Situation bereits angespannt ist, mit ihrer Hausbank zu sprechen, um etwaige Stundungen oder Umschuldungen zu erreichen. Die Juli-Gehälter und folgende Lohnzahlungen muss das Unternehmen laut Insolvenzrecht dann aber wieder an seine Mitarbeiter auszahlen, weil trotz Insolvenzeröffnung die Dienstverhältnisse ganz normal weiterlaufen. Offen ist, wie viele der 3.468 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihren Job behalten können.
Neuer Eigentümer hofft auf Hilfe der Politik
Das Unternehmen soll unter dem neuen Eigentümer fortgeführt werden. „Das Ziel ist, die Finanzierung des Unternehmens zu sichern und in Zusammenarbeit mit Politik und Gewerkschaft möglichst viele Arbeitsplätze und die Nahversorgung in Österreich zu sichern“, betonte der neue Eigentümer Zieger. Die Beteiligungsgesellschaft TAP 09 von Haberleitner soll dayli um einen Euro an Ziegers ICU Unternehmensberatung GmbH abgetreten haben. Zum Preis wollte sich Haberleitner selbst nicht äußern, er betonte aber, er wolle weitermachen wie bisher. „Ich glaube immer noch an das Nahversorgerkonzept“, sagte der 68-Jährige. Von einem Scheitern könne keine Rede sein.
Insolvenzverwalter am Ruder
Dayli werde unter dem neuen Eigentümer Zieger fortgeführt, Haberleitner selbst sieht sich noch immer als Geschäftsführer. Allerdings übernimmt im Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung der Insolvenzverwalter das Ruder. Haberleitner hat somit rein rechtlich nichts mehr zu sagen. Laut Haberleitner wird Zieger versuchen, auf dem Privatkapitalmarkt das für die Fortführung und Sanierung nötige Geld aufzutreiben.
Die Politik - derzeit läuft die letzte reguläre Sitzung des Nationalrats vor der Wahl Ende September - reagierte umgehend. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) kündigte im Plenum an, für alle betroffenen Mitarbeiter stünden „mit voller Vehemenz“ alle arbeitsmarktpolitischen Instrumente zur Verfügung. Außerdem wird das Arbeitsmarktservice (AMS) eine eigene Hotline einrichten. Die ausständigen Gehälter, Urlaubsabfindungen und Kündigungsentschädigungen würden voll vom Insolvenzentgeltfonds übernommen.
Der Chef der Gewerkschaft GPA, Wolfgang Katzian, versicherte dem neuen dayli-Eigentümer, ein „verlässlicher Partner“ in der gemeinsamen Bemühung zu sein, möglichst viele Arbeitsplätze zu retten. Er „reiche ihm die Hand“ und bat ihn, das Konzept auf den Tisch zu legen, damit man es „gemeinsam anpacken kann“, sagte Katzian ebenfalls im Nationalrat.
Mitarbeiter sollen beteiligt werden
Das Fortführungskonzept sieht offenbar auch ein Mitarbeiterbeteiligungsmodell vor, das ab nächster Woche den dayli-Mitarbeitern vorgestellt werden soll. Als Grund für die Pleite führt die Firma an, dass Teile des Nahversorgerkonzepts - dazu zählt auch die Sonntagsöffnung - nicht wie geplant umgesetzt werden konnten. „Die dadurch verursachte öffentliche Diskussion führte zur Verunsicherung von potenziellen Investoren“, hieß es am Donnerstag in einer Aussendung des Unternehmens.
Investor fühlt sich betrogen
Während nach der dayli-Pleite die Insolvenzabwicklung ohne Haberleitner über die Bühne geht, muss sich dieser mit anderen Problemen herumschlagen. Neben dem dubiosen Millionenraub in Italien, in dem die Polizei noch ermittelt, kommt neues Ungemach auf Haberleitner zu: Ein Wiener fühlt sich um sein Geld betrogen, das er in Haberleitners MCS Fashion GmbH investiert hat, berichtet der „Kurier“ (Freitag-Ausgabe). Der Investor wird von dem Wiener Rechtsanwalt Helmut Krenn vertreten.
Laut Krenn hat Haberleitner seinen Mandanten Friedrich W. dazu bewogen, ihm seine „gesamten Ersparnisse anzuvertrauen“. Demnach beteiligte sich W. im Mai 2005 mit 70.000 Euro an Haberleitners MCS Fashion Gmbh mit Sitz im 1. Wiener Gemeindebezirk. Dazu kam ein Darlehen in Höhe von 30.000 Euro. Für die Einlage versprach Haberleitner laut Anzeige eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 5,5 Prozent des Jahresgewinns, für das Darlehen eine Verzinsung von drei Prozent.
Haberleitner: Alles erfunden
Der Anzeige zufolge leistete Haberleitner jedoch keine Zahlungen. Er „verstand es, mich immer wieder hinzuhalten“, fühlt sich W. um sein Geld betrogen. Schließlich riss dem Wiener der Geduldsfaden. Er klagte, bekam recht und trotzdem kein Geld, heißt es in dem Bericht. Stattdessen wurde ihm vom Anwalt der MCS Fashion GmbH, Franz Guggenberger (auch Aufsichtsratschef bei der Schlecker-Nachfolgegesellschaft dayli), erklärt, dass die MCS zahlungsunfähig sei. Haberleitner bestritt gegenüber der APA die Vorwürfe. Es gebe keine offenen Forderungen von W. an ihn. Es erfänden nun alle möglichen Leute etwas, um noch etwas von ihm zu bekommen, meinte er.
Haberleitner schweigt zu Geldkoffer-Causa
Eine neue Version gab es in der ZIB2 auch zu dem ominösen Diebstahl von einer Million Euro, die Haberleitner einem Investor als Vorauszahlung mitgebracht haben soll, damit dieser 20 Mio. Euro investiert. Allerdings soll der „Investor“ mit dem Geldkoffer verschwunden sein. So zumindest war es bisher medial zu lesen - Haberleitner selbst gab sich dazu verschlossen. Heute meinte er, es habe keinen Geldkoffer gegeben. Vielmehr sei es zu einem Betrug gekommen. Mehr dürfe er dazu nicht sagen, das habe ihm der Chefermittler gesagt. Trotz Nachfrage wollte Haberleitner nicht verraten, ob das verlustig gewordene Geld sein privates oder jenes von daily war.
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