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Mit 60 Jahren auf den Thron

Als Albert II. vor fast 20 Jahren als König auf den Thron stieg, galt der hochgewachsene Prinz eher als Lebemann denn als Staatsmann. In den zwei Jahrzehnten seiner Regentschaft hat er sich bei vielen im Volk Respekt erarbeitet.

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Albert II. musste im belgischen Sprachenstreit immer wieder um die Zukunft des Königreiches kämpfen. Hinzu kamen persönliche Dramen - in einer Fernsehansprache räumte Albert etwa eine schwere Ehekrise ein. Mehrere politische Krisen musste das Land auch mit seiner Vermittlung meistern.

Mit seinen rund 60 Jahren war Albert 1993 beim Antritt der Regentschaft für schnelle Autos und einen schicken Lebensstil bekannt. Als Bonvivant und Mann einer schönen Frau vermittelte er nicht das „aufopfernde“ Bild seines älteren Bruders, des Königs Baudouin, wie der Biograph Patrick Roegiers feststellte. Baudouin war mit seiner Frau Fabiola kinderlos geblieben, deshalb folgte ihm Albert direkt nach.

„Pflichtgefühl gewinnt schnell Oberhand“

Doch bald sei Albert mit dem Ernst des Amtes konfrontiert worden und sei daran gewachsen, lautet die Einschätzung eines anderen Kenners des Königshauses, Christian Laporte: „Das Pflichtgefühl gewinnt sehr schnell die Oberhand.“ Besonders erwies sich das in einer der schwersten Krisen des Landes, als es 1996 von der Affäre um Marc Dutroux erschüttert wurde.

Die Enthüllungen der Taten des Kindermörders Dutroux hatten das Volk bestürzt, beim sogenannten Weißen Marsch zogen Hunderttausende durch Brüssel. Viele machten in dem furchtbaren Fall auch ein Versagen des Staates geltend. Der König sprach am Abend des Tages, der ins kollektive Gedächtnis gebrannt ist, mit überlebenden Opfern und Hinterbliebenen. „Kein Zweifel, dass der König die Institutionen gerettet hat“, urteilt Biograph Laporte über den Schritt.

Tiefe Gräben entlang den Sprachgrenzen

Der tiefste Graben zieht sich immer wieder entlang den Sprachgrenzen durch das Land. Die Flamen stehen insgesamt weniger zum hergebrachten Königreich. Sie verhalfen 2010 der Neu-Flämischen Allianz (NVA) zum Wahlsieg, die Belgien eigentlich auf lange Sicht verschwinden lassen will, zugunsten einer autonomen Republik Flandern. NVA-Chef Bart De Wever erschien, ein äußeres Zeichen seiner Distanz, auch schon einmal ohne Krawatte beim König.

Albert gestand Ehekrise

Albert kann seinen Stammbaum bis nach Deutschland verfolgen. Belgiens erster König Leopold I. war ein Prinz von Sachsen-Coburg-Gotha. Der sechste „König der Belgier“, so der offizielle Titel, wurde 1934 geboren. Seine Mutter starb, als er ein Jahr alt war. Nach der Invasion der Deutschen wurde er mit seiner Familie nach Österreich gebracht, wo sie 1945 von den US-Streitkräften befreit wurden. 1958 heiratet Albert die italienische Adlige Paola Ruffo di Calabria, mit ihr hat er drei Kinder, den Thronfolger Philippe, Prinzessin Astrid und Prinz Laurent.

1999 überraschte Albert in der traditionellen Weihnachtsansprache die Belgier mit einem Eingeständnis. Er gestand eine Krise in seiner Ehe „vor sehr langer Zeit“ ein. Das Thema ist in diesem Jahr wieder gegenwärtig: Die heute 45-jährige Delphine Boel behauptet seit längerem, sie sei Alberts natürliches Kind. Jetzt versucht sie über eine Klage, offiziell als sein Spross anerkannt zu werden.

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