Themenüberblick

Merkel: „Internet ist für uns alle Neuland“

Vor seiner Rede am Brandenburger Tor in Berlin ist US-Präsident Barack Obama mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel zusammengetroffen. Zentrale Themen waren Syrien und der Iran, die Lage in der Türkei, das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU. Doch es herrschte nicht nur Einigkeit, denn auch das Internetspähprogramm „Prism“ stand zur Debatte.

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So mahnte Merkel in ihrem Gespräch mit Obama bei der Internetüberwachung Verhältnismäßigkeit ein. Merkel sagte, das Internet werde auch von „Feinden und Gegnern“ missbraucht: „Das Internet ist für uns alle Neuland, und es ermöglicht auch Feinden und Gegnern unserer demokratischen Grundordnung natürlich, mit völlig neuen Möglichkeiten und völlig neuen Herangehensweisen unsere Art zu leben in Gefahr zu bringen.“ Sie habe mit Obama einen offenen Informationsaustausch zu dem Thema vereinbart. „Dieser Dialog wird weitergehen“, sagte Merkel.

Obama: „Durchwühlen“ keine normalen E-Mails

Obama sagte, die USA würden keine normalen E-Mails von US-amerikanischen oder europäischen Bürgern „durchwühlen“. Er meinte, dass durch den Einsatz des „Prism“-Spähprogramms durch die Arbeit des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA) Leben gerettet worden seien.

Gemeinsame Pressekonferenz von US-Präsident Barack Obama und der deutschen Kanzlern Angela Merkel

AP/Pablo Martinez Monsivais

Bei einer Pressenkonferenz legten Obama und Merkel ihre Themen dar

Obama verspricht mehr Transparenz

Obama verwies auf mindestens 50 konkrete Bedrohungsszenarien, die durch den Einsatz des besonders in Europa scharf kritisierten Spähprogramms entschärft worden seien. Zudem betonte er, dass nicht nur in den USA konkrete Gefahr bestanden hätte, sondern auch in Deutschland. Er vertrete die Auffassung, dass die richtige Balance zwischen dem Sammeln von Geheimdienstinformationen und dem Schutz von Bürgerrechten gefunden worden sei.

Nach dem Treffen versicherte Obama, dass sich die US-Geheimdienste künftig eng mit ihren deutschen Partnern abstimmen würden und auch die Öffentlichkeit mehr Informationen bekommen solle. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das notwendige Gleichgewicht herstellen können.“ Er wertete die Datensammlung aber als unerlässlich. Ziel sei der Schutz der Bevölkerung.

Bedeutung von Freihandelszone USA - EU betont

Mehr Einigkeit herrschte bei den übrigen Themen: So bezeichneten die beiden Regierungschefs die geplante Freihandelszone zwischen den USA und der EU als Projekt von herausragender Wichtigkeit. Mit der Freihandelszone könnten auf beiden Seiten des Atlantiks wirtschaftliches Wachstum und Arbeitsplätze geschaffen werden, sagte Obama bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel.

Begrüßungsküsschen zwischen Angela Merkel und Barack Obama

Reuters/Thomas Peter

Die Stimmung zwischen Merkel und Obama war sehr herzlich

Merkel sagte: „Mir persönlich liegt sehr viel an diesem Freihandelsabkommen.“ Es sei für Deutschland und Europa von großer Wichtigkeit. Sie werde sich mit voller Kraft dafür einsetzen. Obama sagte, eine Freihandelszone zwischen der Europäischen Union und den USA wäre auch ein Signal für einen weltweiten Freihandel.

Syrien: Konfliktlinien ausgespart

Auch beim Thema Syrien war man sich weitgehend einig: Der US-Präsident forderte ein Ende der Gewalt in dem Land. Er sah keine weitere Zukunft für den Präsidenten Baschar al-Assad in seinem Amt. „Er bringt seine eigene Bevölkerung um“, sagte der US-Präsident. „Wir vertreten die Meinung, dass es für ihn nicht möglich ist, Legitimität wiederzuerlangen (...).“

Angaben zur US-Unterstützung der syrischen Opposition lehnte Obama ab. „Ich kann keine Kommentare dazu abgeben, was unsere Unterstützung der syrischen Rebellen betrifft.“ Er sagte: „Wir wollen gewährleisten, dass Chemiewaffen nicht verwendet werden und dass sie nicht in die Hände derjenigen gelangen, die sie verwenden würden.“ Obama unterstrich: „Wir wollen einen Krieg beenden.“

Merkel: Keine Waffenlieferungen

Obwohl Obama das Thema Waffenlieferungen aussparte, stellte Merkel klar, dass es keine Lieferungen aus Deutschland an die syrische Opposition geben werde. Deutschland habe ganz klare rechtliche Regeln, dass keine Waffen in Bürgerkriegsgebiete geliefert werden, sagte Merkel. Das bedeute aber nicht, dass Deutschland beim politischen Prozess und der humanitären Hilfe keine konstruktive Rolle spielen werde, so die Kanzlerin. Auch aus ihrer Sicht habe die Assad-Regierung ihre Legitimation verloren. Wichtig sei nun, das Kommunique des G-8-Treffens umzusetzen und gemeinsam mit Russland zu versuchen, eine Übergangsregierung einzusetzen.

US-Präsident Barack Obama wird von der deutschen Kanzlern Angela Merkel neben Obamas Limousine begüßt

Reuters/Thomas Peter

Obama bei seiner Ankunft vor dem Bundeskanzleramt, wo ihn Merkel empfing

Drohnenangriffe nicht von Deutschland aus gesteuert

In Zuge dessen versicherte Obama, dass Deutschland nicht als Ausgangspunkt für US-Drohnenangriffe in Afrika genutzt werde. „Ich weiß, dass es einige Berichte in Deutschland gegeben hat, dass das eventuell der Fall sei. Das ist nicht der Fall“, so Obama. Deutsche Medien hatten Ende Mai berichtet, dass die Drohnenangriffe gegen Terroristen in Somalia von dem Afrikakommando der US-Streitkräfte in Stuttgart gesteuert werden. Die deutsche Bundesregierung hatte erklärt, keine Kenntnis davon zu haben.

Obama forderte Deutschland zu einem gemeinsamen internationalen Engagement mit den USA für mehr demokratische Entwicklung weltweit auf. Angesichts seiner Grundsatzrede auf dem Pariser Platz sagte Obama, es müsse gewährleistet werden, dass weitere Mauern weltweit verschwinden. „Das können wird nur gemeinsam tun.“ Der Pariser Platz lag bis 1989 hinter der Berliner Mauer auf damaligem DDR-Gebiet.

Treffen mit Gauck und Steinbrück

In der Früh war Obama durch Bundespräsident Joachim Gauck im Schloss Bellevue begrüßt worden, das Treffen hatte etwas länger gedauert als geplant. Auch Gauck und Obama waren bei ihrer ersten Begegnung ausgesprochen freundschaftlich aufeinander zugegangen. Bei hochsommerlichem Wetter und strahlendem Sonnenschein schritten sie die Ehrenformation der Bundeswehr ab. Danach zogen sie sich zu einem Gespräch zurück.

Nach der Rede am Brandenburger Tor traf Obama SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Die beiden kamen zum Meinungsaustausch in der Repräsentanz der Commerzbank am Pariser Platz zusammen - die Atmosphäre wirkte locker und entspannt.

Der US-Präsident wurde von seiner Frau Michelle und den beiden Töchtern Sasha und Malia begleitet. Als Gastgeschenk Gaucks erhielt Obama einen Siebdruck des Künstlers Christoph Niemann. Es ist der erste Besuch Obamas in Berlin seit seinem Amtsantritt 2009. Fast auf den Tag genau vor 50 Jahren hatte der damalige US-Präsidenten John F. Kennedy am Schöneberger Rathaus den Satz „Ich bin ein Berliner“ gesagt, der in die Geschichtsbücher einging.

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