Zurück an den Start
Die EU-Kommission zieht die Reißleine: Das angekündigte Verbot offener Olivenölkaraffen in Lokalen kommt doch nicht. Die geplante Neuregelung sollte Teil eines EU-Aktionsplans zur Verbesserung des Images von europäischem Olivenöl sein. Nach Protesten wird nun ein neuer Entwurf ausgearbeitet.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos zog den Vorschlag der entsprechenden EU-Verordnung Mitte Mai zurück. „Wir haben diesen Vorschlag nicht ausreichend mit den Konsumentenstaaten besprochen“, sagte Ciolos in Brüssel. Vor allem in den nördlichen EU-Staaten und auch in Österreich war in den vergangenen Tagen heftige Kritik an dem Vorstoß geübt worden.
Ursprünglich hätte es ab 2014 kein offenes Olivenöl auf Restauranttischen mehr geben dürften. Gastronomiebetriebe hätten nicht nachfüllbare und versiegelte Flaschen mit Etiketten zu Herkunft und Qualität des Öls auf die Tische stellen müssen. Damit werde sichergestellt, dass Restaurantbesucher kein minderwertiges Öl serviert bekommen, hieß es. Auch Hygienebedenken wurden vonseiten der EU-Kommission geäußert.
Unterstützung aus Produktionsländern
In den Produzentenländern habe es viel Unterstützung gegeben, sagte der Kommissar am Donnerstag. „Das Ziel war, die Qualität zu steigern und nicht die Produktion von Olivenöl“, wehrte er sich zugleich gegen Vorwürfe, er habe mit seinem Vorschlag nur den Lobbys aus südeuropäischen Produktionsländern nachgegeben, die durch die Einwegpflicht auf höheren Absatz hofften. In einigen Olivenanbauländern sei die Etikettenpflicht schon üblich, sagte Ciolos.
Doch habe er wohl zu wenig mit Vertretern der Verbraucherländer und Konsumentenschützern über den Zweck seines Vorstoßes gesprochen. Er wolle sich nun mit Herstellern, Verbraucherschutzorganisationen und der Gastronomie beraten und dann einen neuen Vorschlag machen.
Mehrheit für Neuregelung
Die EU-Kommission konnte allein über das Schicksal der Ölkaraffen entscheiden, weil in einem Expertengremium nur 15 Länder dafür gestimmt hatten und die notwendige qualifizierte Mehrheit für einen Beschluss der Mitgliedsstaaten damit nicht zustande kam. Die Kommission sei von einer Mehrheit der Mitgliedsstaaten gebeten worden, sich mit den offenen Olivenölfläschchen und -karaffen zu befassen und diese Frage zu regeln, so der Sprecher der EU-Behörde letzte Woche. Er sagte nicht, um welche Länder es sich handelte.
Offener Widerstand kam aus Deutschland: „Deutschland hatte aus guten Gründen gegen die Pläne der EU-Kommission gestimmt“, sagte ein Sprecher des deutschen Verbraucherministeriums letzte Woche. Es sei zu befürchten, dass die Regelung vor allem zu mehr Abfall von Lebensmitteln und Verpackungen führen werde. Demgemäß begrüßte die deutsche Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) den Rückzieher am Donnerstag. „Besser eine späte Einsicht als keine.“
SPÖ: „Sieg der Vernunft“
Protest gegen die nun revidierte Regelung war auch aus dem Europaparlament gekommen. Abgeordnete aller größeren Fraktionen forderten die EU-Kommission in einem Brief auf, das geplante Verbot zurückzunehmen, berichtete der deutsche CDU-Abgeordnete Peter Liese am Mittwoch. Die Maßnahme sei realitätsfern und als Negativsymbol für Brüsseler Bürokratie ein „Bärendienst“ für die Akzeptanz der EU in der Bevölkerung.
Als „Sieg der Vernunft“ bezeichnet die SPÖ-EU-Abgeordnete Karin Kadenbach die neue Entscheidung der Kommission am Donnerstag. Mit dem Verbot sollte „einigen großen Herstellern der exklusive Zugang zur Gastronomie sichergestellt werden. Die Kommission soll sich um die wesentlichen Dinge kümmern und nicht jedes kleine Detail regulieren.“ Ins selbe Horn stieß FPÖ-Europaabgeordneter Andreas Mölzer: In dem „völlig unsinnigen Verbot“ zeige sich, wohin eine „aufgeblähte EU-Kommission“ führe.
WKÖ: „Ölkatastrophe verhindert“
Auch Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) begrüßte den Rückzieher der Kommission. „Das Verbot hätte nur unnötige Bürokratie und höhere Müllberge verursacht“, hieß es am Donnerstag aus seinem Büro auf APA-Anfrage. Der Obmann der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Hans Schenner, formulierte es so: „Die Ölkatastrophe ist damit verhindert - Rettung in letzter Minute.“
Für ebenfalls auf Gasthaustischen zu findende Essigkaraffen, Tabascoflaschen und Salz- bzw. Pfefferstreuer gab es übrigens keine Regelungspläne. Auch der in vielen Lokalen stets offen servierte Hauswein wurde nicht in Zweifel gezogen. Mit Wein in Glaskaraffen sei das nicht zu vergleichen, so Ciolos am Donnerstag. „Wein kommt meistens in der Flasche, und man trinkt ihn während des Essens.“ Die EU ist der weltweit größte Hersteller, Konsument und Exporteur von Olivenöl.
Links: