Spektakulärer Prozess in Palermo
Die sizilianische Hauptstadt Palermo ist derzeit Schauplatz eines spektakulären Anti-Mafia-Prozesses: Seit Ende Mai soll geklärt werden, was hinter Spekulationen über einen Pakt zwischen Politik und dem organisierten Verbrechen steckt.
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In dem Verfahren stehen zwölf Angeklagte vor Gericht, darunter der ehemalige Innenminister Nicola Mancino - dieser allerdings nur wegen Falschaussage. In dem Verfahren geht es vor allem um mutmaßliche Absprachen zwischen der politischen Führung des Landes und der sizilianischen Mafia vor rund 20 Jahren nach einer Serie tödlicher Attentate.
Das Ergebnis der vierjährigen Ermittlungen umfasst rund 120 Aktenordner. Die von Staatsanwalt Antonio Igroia vorgelegte Anklageschrift beruft sich unter anderem auf die Aussagen von sechs reumütigen Mafia-Mitgliedern und Dutzenden weiteren Zeugen.
Schwere Vorwürfe
Zu den Angeklagten, denen zumeist „Gewalt gegen oder Bedrohung eines politischen Staatsorgans“ vorgeworfen wird, zählen auch mehrere prominente inhaftierte Mafia-Bosse wie Toto Riina, Giovanni Brusca und Bernardo Provenzano. Auf der Anklagebank finden sich zudem weitere hohe Ex-Politiker, darunter etwa der Ex-Senator und Intimus von Ex-Premier Silvio Berlusconi, Marcello dell’Utri. Vor dem Gericht verantworten müssen sich auch ehemalige hohe Vertreter der Exekutive, darunter zwei ehemalige Generäle der Carabinieri. Geladen sind über 170 Zeugen, darunter auch Staatspräsident Giorgio Napolitano und der Senator Piero Grasso.
Die Ermittler gehen davon aus, dass es nach der Ermordung des christdemokratischen Europa-Abgeordneten Salvo Lima 1992 sowie Anschlägen gegen Anti-Mafia-Richter hochrangige Verhandlungen mit der Mafia gab. Dabei soll über erleichterte Haftbedingungen für mehr als 300 inhaftierte Mafiosi sowie Strafnachlässe im Gegenzug für ein Ende der Attentatsserie gesprochen worden sein.
Telefonüberwachung Napolitanos unzulässig
Die Staatsanwaltschaft wollte in dem Verfahren auch die Aufzeichnung eines Telefonats zwischen dem heutigen Staatspräsidenten Napolitano und Mancino als Beweismittel auswerten lassen. Das wurde nach einer Beschwerde des Präsidialamtes jedoch vom Gericht mit der Begründung abgelehnt, die Telefonüberwachung des Staatschefs sei unzulässig.
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