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Versorgungslage immer dramatischer

Mehr als 1,5 Millionen Syrer sind laut UNO-Angaben wegen des Bürgerkriegs inzwischen aus ihrem Land geflüchtet. In den vergangenen vier Monaten habe sich die Lage dramatisch verschlechtert, sagte ein Sprecher des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) vorige Woche in Genf.

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Fast 250.000 syrische Flüchtlinge würden derzeit pro Monat neu erfasst, sagte UNHCR-Sprecher Dan McNorton. Insgesamt hätten sich mehr als 1,5 Millionen Menschen von Hilfsorganisationen registrieren lassen. Die wahre Zahl liege aber vermutlich höher, da einige Flüchtlinge Bedenken hätten, sich offiziell zu melden. Erst im März hatte die Flüchtlingszahl eine Million überschritten.

Laut UNO-Angaben sind zudem mehr als 4,25 Millionen Syrer innerhalb des Landes auf der Flucht. Das bedeutet, dass insgesamt mehr als ein Viertel der 22,5 Millionen Einwohner, die das Land vor Beginn des Bürgerkriegs hatte, ihr Zuhause verlassen mussten.

Lebensmittel werden immer knapper

Für die Menschen, die im Land geblieben sind, wird die Lage von Tag zu Tag dramatischer. Neben Fleisch, Brot und Milchprodukten ist nun auch Gemüse zu einer Luxusware geworden, wie Bewohner des Landes berichten. Tomaten tragen demnach inzwischen die Bezeichnung „rotes Gold“. Die Welthungerhilfe hat angesichts der anhaltenden Kämpfe in Syrien gefordert, sichere Gebiete für humanitäre Hilfe einzurichten.

„Die Situation wird von Tag zu Tag katastrophaler“, sagte die deutsche Mitarbeiterin Birgit Zeitler, die sich zuletzt länger in Syrien aufgehalten hatte, Mitte Mai in Berlin. Der Zugang zu den betroffenen Regionen müsse erleichtert werden. Häufig hätten Hilfsaktionen wegen der Gefechte verschoben werden müssen.

Nahrungsmittelpreise drastisch gestiegen

Nach der jüngsten Erhebung des UNO-Welternährungsprogramms (WFP) lag die Inflationsrate bei den Lebensmitteln im September 2012 im Vergleich zum Vorjahresdurchschnitt bei etwa 50 Prozent. Insbesondere Brot - das wichtigste Nahrungsmittel in dem arabischen Land - wird den Angaben nach ständig teurer.

Laut WFP gaben im vergangenen Sommer bei einer gemeinsamen Umfrage mit dem syrischen Agrarministerium nur 52 Prozent der befragten Bauern an, die volle Weizenernte eingebracht zu haben. Die WFP braucht nach aktuellen Angaben derzeit gut 15 Millionen Euro wöchentlich, um 2,5 Millionen Menschen in Syrien und etwa eine Million Flüchtlinge mit Nahrung zu versorgen.

Reserven der Familien bereits aufgebraucht

Lebensmittel, Strom und Wasser, aber auch Telefon und Internet sind mittlerweile in Syrien für viele unerreichbar. Die Mittelschicht sei besonders hart betroffen, sagte Zeitler. Viele Familien hätten ihre Reserven aufgebraucht. Nun drohten Krankheiten und Versorgungsengpässe. „Rund ein Drittel der Menschen kommen inzwischen ohne die Hilfe von außen nicht mehr über die Runden“, erklärte der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Rudolf Seiters, in Berlin. „Wir haben es mit einer humanitären Katastrophe zu tun.“

IKRK: 50 Mio. zusätzlich erforderlich

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) kann nicht mehr allen Notleidenden in Syrien helfen, wenn es nicht mehr Geld bekommt. Rund 50 Millionen Euro seien angesichts der Ausweitung des Krieges zusätzlich erforderlich, erklärte die Hilfsorganisation am Montag. Angesichts von immer mehr Notleidenden reichten die Kapazitäten zur humanitären Hilfe längst nicht aus, erklärte Robert Mardini, Leiter der IKRK-Operationen im Nahen und Mittleren Osten, Mitte Mai vor Journalisten in Genf.

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