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Nach Protesten am 1. Mai

Über eine Woche nach dem Einsturz eines Fabrikgebäudes in Bangladesch mit Hunderten Toten haben die Textilfabriken des Landes am Donnerstag wieder geöffnet. Millionen Arbeiter kehrten in die Fabriken rund um die Hauptstadt Dhaka zurück. Der Bürgermeister der Stadt Savar, in der sich das Unglück ereignete, wurde vom Dienst suspendiert.

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„Alle Fabriken haben heute wieder geöffnet, und die Arbeiter sind zur Arbeit gegangen“, sagte der Vizepräsident des Textilarbeitgeberverbands, Shahidullah Azim. Es gebe keine Berichte über Proteste oder Gewalt. Zahlreiche Arbeiter in den rund 4.500 Textilfabriken des südasiatischen Landes hatten nach dem Unglück am 24. April aus Protest gegen ihre Arbeitsbedingungen die Arbeit niedergelegt. Am Mittwoch, dem Tag der Arbeit, entlud sich die Wut der Menschen in heftigen Protesten: Zehntausende Arbeiter forderten die Hinrichtung der Besitzer der fünf Fabriken, die in dem eingestürzten Haus untergebracht waren.

Bürgermeister suspendiert

Die Behörden suspendierten am Donnerstag den Bürgermeister von Savar, weil er den Bau des Gebäudes genehmigt hatte und nach Bekanntwerden der Schäden nicht die Schließung anordnete. Bürgermeister Mohammad Refayet Ullah, der die Stadt seit 14 Jahren regiert, ist der ranghöchste Beamte, der nach dem schwersten Industrieunglück in der Geschichte Bangladeschs vom Dienst suspendiert wurde. Der örtliche Regierungsvertreter Abu Alam Shahid Khan sagte, es würden rechtliche Schritte gegen den Bürgermeister eingeleitet.

Eingestürztes Haus

Reuters/Andrew Biraj

In dem Gebäude befanden sich viele Geschäfte, eine Bankfiliale und Textilfabriken

In der Textilindustrie, dem wichtigsten Wirtschaftszweig des verarmten Landes, sind drei Millionen Menschen beschäftigt. Viele von ihnen verdienen weniger als 40 Dollar (30 Euro) im Monat. Seit dem Unglück in Savar, einem Vorort von Dhaka, wurden zwölf Menschen festgenommen. Unter ihnen sind der Besitzer des eingestürzten Gebäudes „Rana Plaza“ und mehrere Ingenieure. Arbeiter hatten nach dem Unglück berichtet, das Gebäude sei nach der Entdeckung von Rissen am Vortag evakuiert worden, doch seien sie zur Rückkehr gezwungen worden.

Beratungen zu Sicherheitsstandards

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und Handelskommissar Karel De Gucht kündigten an, europäische Unternehmen zu Beratungen über die Sicherheitsstandards in den Fabriken in Bangladesch einzuberufen. Ein Kommissionssprecher sagte am Donnerstag in Brüssel, die Angelegenheit sei „dringend“. Ein Datum stand demnach noch nicht fest.

Eingeladen werden sollen dem Sprecher zufolge europäische Firmen, die mit der Textilindustrie in Bangladesch und anderen - nicht genannten - Ländern zu tun haben. Dabei will die EU-Behörde nicht nur Sicherheitsstandards, sondern auch generell bessere Arbeitsbedingungen zum Thema machen. Ashton und De Gucht hatten am Dienstag bereits die Behörden in Bangladesch aufgerufen, Abhilfe zu schaffen, und dabei mit Handelssanktionen gedroht.

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