Themenüberblick

„Kursbewertungen liegen bei 1,8“

Wer beim Arbeitsmarktservice (AMS) nach drei Monaten keinen Job findet, kann einen Kurs besuchen - etwa um sein „Know-how upzudaten“, wie AMS-Sprecherin Beate Sprenger erklärt. Der Sinn der Kurse wird auch in der Öffentlichkeit immer wieder angezweifelt. Woher die Schulungen ihr schlechtes Image haben, kann sich Sprenger nicht erklären: „Der Großteil der Bewertungen fällt sehr positiv aus.“

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Es würden, so ein Erklärungsversuch der Pressesprecherin, nur negative Meldungen publik. So entstehe der Eindruck, dass die Schulungen nichts brächten. Das sollen Zahlen des AMS widerlegen: 230.000 Schulungsteilnehmer bewerteten im Jahr 2012 Nutzen und Umsetzung der Schulung im Durchschnitt mit 1,8 auf einer Notenskala von eins (Bestnote) bis sechs. Wer unzufrieden sei, solle das in einer Beschwerde mitteilen, so Sprenger.

Kritik: Kurse schönen Statistik

Eine, wenn nicht die größte Kritik an den AMS-Kursen ist, dass sie dazu missbraucht würden, die Arbeitslosenstatistik zu schönen. Denn wer einen Kurs besucht, ist offiziell nicht arbeitslos. Eine andere Frage, die oft im Kontext zu AMS-Fortbildungskursen gestellt wird, ist, wer welche Kurse für welche Kunden bestimmt. Die Vergabe der Schulungen hänge Sprenger zufolge unter anderem vom Berufsbereich, den Qualifikationen und der persönlichen Einstellung des Kunden ab. Den Kurs wählen laut AMS-Angaben die Kunden gemeinsam mit ihrem Betreuer aus.

„Analyse von Inseraten und Selbstmarketing“

Drei Kurstypen gebe es demnach: einmal die „klassischen Qualifizierungskurse“, die sich der Aus- und Weiterbildung widmen. Die Kompetenzen der Arbeitssuchenden sollen hier auf den neuesten Stand gebracht werden. Wer nicht nur arbeits-, sondern auch orientierungslos und auf der Suche nach einer Veränderung ist, wird in die Kurssparte „Berufsorientierung“ geschickt. Die unbeliebtesten Kurse sind „Jobcoachings“ des Typs „Wie bewerbe ich mich richtig?“ - im Fachjargon „Aktivierung“ genannt. Sprenger zählt dazu die Punkte „Analyse von Stelleninseraten“ und „Verbesserung des Selbstmarketings“.

Kein Zwang zum Kurs

Zu einem Kurs gezwungen werde niemand, sofern man aktive Jobsuche nachweisen kann, meint sie. Nach drei Monaten Arbeitslosigkeit kann man laut Angaben der Pressesprecherin eine Schulung beantragen. Offenbar hängt aber viel von individuellen Vereinbarungen ab: Markus (Name von der Redaktion geändert) hat vergangenen Herbst „schon im ersten Monat meiner Arbeitslosigkeit einen Computerkurs bewilligt bekommen, der 1.200 Euro gekostet hat. Das war super“, sagt der 35-Jährige im Gespräch mit ORF.at. Nach drei Monaten fand er - über eine Stellenanzeige in der Zeitung - einen Job und ist seitdem zufrieden. Ob der Kurs dabei hilfreich war, könne er nicht sagen. „Geschadet hat er jedenfalls nicht“, so Markus.

Kosten und Teilnehmer

Im Jahr 2012 gab das AMS 504 Mio. Euro für Schulungen aus - 2011 waren es sogar 514 Mio. Euro. 230.000 Arbeitssuchende nahmen 2012 an Fortbildungskursen teil, etwa 50.000 davon an zugekauften Schulungen, der Großteil saß in AMS-Kursen.

„Musste Praktikum aufgeben“

In den ersten Monaten der Arbeitslosigkeit stehe die Jobvermittlung im Vordergrund, erklärt Sprenger. Doch auch hier gibt es offenbar Ausnahmen: „Leider habe ich genau das Gegenteil erlebt“, sagt Ronja (Name geändert) gegenüber ORF.at. Zwei Wochen nach ihrer Meldung beim AMS hatte sie bereits ein Praktikum in einer Agentur ergattert.

„Das AMS hat da anscheinend strikte Vorgaben. Ich musste nämlich einen dreimonatigen Kurs machen, der mir - ich zitiere meine Betreuerin - helfen soll, ein Praktikum zu finden“, gibt die derzeitige Masterstudentin die groteske Situation wieder. Da ihr ansonsten der Verlust der AMS-Unterstützung drohte, war sie gezwungen, das Praktikum für den Kurs an den Nagel zu hängen.

Frustriert über Kursvorgaben

Welche Kriterien Kurse erfüllen müssen und welche finanzielle Förderung es vom AMS maximal gibt, ist nicht gerade transparent. Zumindest bleibt die ORF.at-Anfrage unbeantwortet. Während Markus’ Betreuerin anscheinend ohne Probleme die PC-Fortbildung genehmigte, hatte die zweifache Akademikerin Maja (Name geändert) weniger „Glück“, wie sie im Gespräch mit ORF.at sagt. Von August 2011 bis Februar 2012 war sie arbeitslos und schlug einen Sprachkurs vor, der abgelehnt wurde.

„Mir wurden einige Kriterien genannt, und ich sollte selbst einen Kurs suchen. Allerdings gab es in ganz Wien keinen einzigen, der die Kriterien erfüllt hätte (Wochenstundenanzahl, Gesamtlänge, keine Einheiten am Wochenende)“, erzählt die 33-Jährige. Auch das Angebot, den Kurs mitzufinanzieren, wurde abgelehnt. Stattdessen landete Maja in einem Aktivierungskurs. Ihr Fazit: „Ich kam mir verarscht vor. Arbeitssuche ist schon an sich kein Spaß, aber wenn man dann auch noch so gefrotzelt wird und im Kurs geistig völlig unterfordert wird, ist das psychisch wirklich sehr schwierig.“

Einteilung der Teilnehmer verbesserungswürdig

Verbesserungswürdig scheint unter anderem die Einteilung der Personen in Schulungen, um ein für sie geeignetes Kursprogramm anzubieten. „Die Coaches waren bemüht, scheiterten aber an der Aufgabe, für uns alle - darunter zwei Akademikerinnen, ein Ex-Häftling, eine Frau ohne Deutschkenntnisse sowie zwei Burschen mit abgebrochenen Lehren - ein passendes Programm zu gestalten“, so Maja. Stattdessen wurde die Social-Media-Managerin von ihrem Trainer ausgefragt, ob Facebook sinnvoll wäre.

Eine AMS-Mitarbeiterin, die anonym bleiben will, sagt gegenüber ORF.at: „Es gibt Kurse, die werden vom AMS fix eingekauft.“ Das A und O sei: „Der Kunde muss aktiv werden.“ Das große Manko bei der Beratung sei, dass für ausführliche Gespräche keine Zeit bleibe. Der Name ist also nicht Programm. Wer schon einmal Kunde der AMS-Leistungen war, kenne den Betrieb im Fünfminutenakkord.

Kostenvoranschlag einzuholen lohnt

Ideal für Arbeitssuchende sei es, die Kurslisten - etwa bei Anbietern wie WIFI und BFI - durchzustöbern und gleich einen Kostenvoranschlag für den Wunschkurs zum Betreuungstermin mitzubringen. „Geld“, sagt die AMS-Mitarbeiterin, „ist nämlich genug da. So ist’s nicht.“ Wie viel ein Fortbildungskurs maximal kosten darf, sagt das AMS nicht. Aber grundsätzlich verfolge man einen Sparkurs, so AMS-Sprecherin Sprenger.

Eva Zelechowski, ORF.at

Links: