Der „Patron“ unter Druck
„Taugt er als Vorbild für die Gesellschaft?“ Das fragte der deutsche „Spiegel“ in einem großen Uli-Hoeneß-Porträt im Februar. In „Der Patron“ stand Hoeneß als moralischer Schattenkanzler da, als Merkel-Berater, der sich auch neben dem Spielfeld engagiert. Dieses Bild ist nun stark ramponiert, manche fragen sogar, ob Hoeneß noch Bayern-Präsident sein kann - just im Jahr, wo Bayern die größten Erfolge der Vereinsgeschichte einfahren könnte.
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„Die Kanzlerin möchte ihn treffen, Horst Seehofer ruft ihn vor schwierigen Entscheidungen an, Unternehmer wollen von ihm hören, wie man wirtschaftlich erfolgreich und dennoch menschlich bleiben kann, die großen Talkshows fragen jede Woche bei ihm an. Hoeneß, 61, erscheint gerade wie der mustergültige Deutsche, wie ein Vorbild für das ganze Land“, schrieb der „Spiegel“ im Februar.

Reuters/Wolfgang Rattay
Wird der Fall Hoeneß just vor dem Champions-League-Halbfinale gegen Barcelona zur Belastung für die Bayern?
Am Montag liest sich ein „Spiegel“-Porträt unter dem Titel „Der Steuermann“ so: „Spieler, Manager, Präsident, Wortführer: Uli Hoeneß ist seit mehr als 40 Jahren untrennbar mit dem FC Bayern München verknüpft. Er ist der FC Bayern, auch wenn er polarisiert wie kaum ein anderer. Und nun der Verdacht der Steuerhinterziehung - wie passt das zusammen?“
Geachtet durch wirtschaftliche Ethik
Hoeneß polarisierte, wurde aber vor allem durch seinen wirtschaftlichen Erfolg geschätzt. In der Sendung „Günther Jauch“ attackierte er im September 2012 noch Rot und Grün wegen ihrer Vorhaben einer höheren Reichenbesteuerung. Das würde die Reichen nur dazu bringen, ihre Steuern eben nicht mehr in Deutschland zu bezahlen. „Wir müssen die Reichen hier behalten, damit sie weiter gemolken werden können wie bisher“, sagte Hoeneß über Moderator Jauchs Kopf hinweg zu Hannelore Kraft (SPD).
Den wirtschaftlichen Erfolg des Clubs Bayern München rechtfertigte Hoeneß auch immer damit, dass der Verein kein Geld ins Ausland schaffe, sondern immer für Wertschöpfung in Deutschland sorge. Dass er nun auf einen Teil seines Vermögens keine Kapitalertragsteuer gezahlt haben soll, bringt nicht zuletzt Hoeneß’ Rolle in der deutschen Mediengesellschaft ins Wanken - es befeuert auch den deutschen Wahlkampf, gilt doch Hoeneß als deutlicher Sympathisant der Unionsparteien CSU und CDU.
„Focus“: Selbstanzeige im Jänner
Hoeneß soll sich bereit im Jänner beim Finanzamt selbst angezeigt haben. Das berichtete das Nachrichtenmagazin „Focus“. „Focus“-Mitherausgeber Helmut Markworth, jahrelang Chefredakteur des Magazins, ist Mitglied des Bayern-Präsidiums und bei jedem Bayern-Heimspiel an der Seite des Bayern-Präsidenten zu sehen.
Über die Höhe der hinterzogenen Steuern und der von Hoeneß bereits an das Finanzamt geleisteten Zahlung zum Ausgleich des Steuerschadens gibt es unterschiedliche Informationen. Die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“, Montag-Ausgabe) berichtete unter Berufung auf politische Kreise, der 61-Jährige habe inzwischen drei Millionen Euro an Steuern und Zinsen nachgezahlt. Er habe kein Schwarzgeld in die Schweiz geschafft. Das Steuervergehen soll darin bestehen, dass Hoeneß auf ein Millionenvermögen keine Kapitalertragsteuer gezahlt habe.
Spekulation über Höhe der hinterlegten Steuer
Die „Bild“-Zeitung berichtete hingegen am Montag, Hoeneß habe sogar zehn Millionen Euro als mögliche Nachzahlung hinterlegt. Beide Zeitungen schrieben, dass der Ursprung des Vermögens durch den inzwischen verstorbenen, ehemaligen adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus gelegt worden sei.
Dieser soll Hoeneß laut „SZ“ im Jahr 2000 ein Darlehen über zehn bis 15 Millionen Euro gegeben haben. Mit dem Geld soll Hoeneß dann den Berichten zufolge an der Börse zu spekulieren begonnen haben. Am Ende soll dabei ein Vermögen von etwa 20 Millionen Euro auf dem Konto gewesen sein, berichteten die Zeitungen. Auf den Gewinn habe Hoeneß keine Steuern gezahlt.
Keine weiteren Infos von der Staatsanwaltschaft
Die Staatsanwaltschaft will in dem Fall vorerst keine weiteren Informationen veröffentlichen. Weitere Auskünfte zum Inhalt und zum Gang des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung gegen den Präsidenten des FC Bayern München würden vorerst nicht erteilt, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft München II, Ken Heidenreich, am Montag auf Anfrage.
Hoeneß: „Exzesse in der Berichterstattung“
Hoeneß droht mittlerweile Medien mit juristischen Schritten. „Gegen die Exzesse in einigen Berichterstattungen werde ich mich anwaltschaftlich zur Wehr setzen“, sagte Hoeneß im „Münchner Merkur“ (Montag-Ausgabe). „Für die wird das richtig teuer.“ Er wies zudem darauf hin, dass er vorerst nichts zum schwebenden Verfahren sagen könne. „Ich werde einige Wochen ins Land ziehen lassen, ehe ich mich äußere.“ Fachleute gehen davon aus, dass die Angelegenheit erst nach Monaten geklärt werden kann. Bis dahin wird der Fall unweigerlich auch den deutschen Fußballrekordmeister begleiten.
Der FC Bayern München machte vor dem Champions-League-Duell mit dem FC Barcelona unterdessen deutlich, dass Fragen zur Steueraffäre von Hoeneß nicht erwünscht seien. „Ich möchte Sie im Vorfeld darüber informieren, dass wir dazu keinerlei Stellung abgeben werden“, sagte Pressesprecher Markus Hörwick in München.
In der Causa meldete sich aber auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) bereits zu Wort und mahnte mehr Sachlichkeit bei der Berichterstattung im Fall Hoeneß an. Es sei unangemessen, dass der FC-Bayern-Präsident mit Schadenersatzklagen gegen kritische Medien drohe, so DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken in Berlin. Andererseits müssten sich Journalisten vor Vorverurteilungen hüten.
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