Sieg für Oppositionsparteien
Ein Jahr nach ihrer vernichtenden Niederlage bei der Parlamentswahl hat die rechtsgerichtete kroatische Opposition bei der Europawahl am Sonntag ein politisches Comeback geschafft. Doch das Interesse hielt sich in Grenzen: Nur 20,84 Prozent der 3,7 Millionen wahlberechtigten Kroaten gingen zu den Urnen.
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Das von der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) angeführte Rechtsbündnis wurde mit 32,86 Prozent der Stimmen knapp stärkste Kraft vor der regierenden Mitte-links-Koalition und wird sechs der zwölf kroatischen EU-Abgeordneten stellen.
Das Bündnis der regierenden „Kukuriku“-Koalition erreichte nur 32,07 Prozent der Stimmen und erhielt fünf Abgeordnete. Die Arbeiterpartei (Laburisti) erreichte ein Mandat mit 5,77 Prozent der Stimmen. Relativiert wird die Niederlage der Regierungskoalition aber durch die niedrige Wahlbeteiligung: Nur 20,84 Prozent gingen wählen. Fünf Prozent der Wahlzettel waren zudem ungültig.
„Ich will auch ein Gehalt von 8.000 Euro“
„Ich. Ich will auch ein Gehalt von 8.000 Euro“ schrieb etwa ein Wähler auf seinen Zettel, der sich mit 336 Kandidaten auf 28 Listen etwas unübersichtlich gestaltete. Auch im Ausland, wo die Diaspora in insgesamt 51 Ländern wählen ging, war die Wahlbeteiligung gering. Traditionell gewann hier die HDZ. Sie erhielt 61 Prozent der Stimmen, während nur 13 Prozent die Sozialdemokraten (SDP) von Ministerpräsident Zoran Milanovic wählten.
HDZ-Chef Tomislav Karamarko triumphierte am Sonntag: „Wir sind aus dem Abgrund, in den wir nach der Parlamentswahl gefallen sind, hervorgekommen. Ein Jahr lang arbeiteten wir an uns und heute haben wir gewonnen“, sagte Karamarko, der von einer „Katharsis“ seiner Partei nach zahlreichen Korruptionsfällen und Affären sprach. Im vergangenen November war der frühere HDZ-Chef und Ex-Premier Ivo Sanader wegen Korruption erstinstanzlich zu zehn Jahren Haft verurteilt worden.
Tomasic: Mit Fremdenfeindlichkeit zum Wahlsieg
Die eigentliche Wahlsiegerin ist aber die Chefin der weit rechts stehenden Partei des Rechts (HSP AS), Ruza Tomasic, die dem oppositionellen Bündnis zu den entscheidenen Stimmen verholfen hatte. Tomasic bedankte sich ironisch bei Premier Milanovic für ihren Sieg. „Das Volk hat dem Premier gezeigt, was es von ihm hält“, sagte sie. Milanovic hatte der Politikerin im Wahlkampf wiederholt Chauvinismus und Hassreden vorgeworfen. Sie war mit der fremdenfeindlichen Aussage: „Kroatien für Kroaten, alle anderen sind nur Gäste“ aufgefallen, die sie später relativiert hatte.
EU-Beobachterin als YouTube-Hit
„Leider haben sich die beiden größten Parteien nicht bemüht, relevante Kandidaten für das EU-Parlament zu rekrutieren“, kritisierte der politische Analytiker Davor Gjenero bereits im Vorfeld der Wahlen. Die Sozialdemokraten hätten ihre Spitzenpolitiker schon im Parlament oder auf Ministerposten, weswegen diese von vornherein als Kandidaten für das EU-Parlament nicht infrage kamen.
Und andere Kandidaten, wie die SDP-Abgeordnete Ingrid Anticevic Marinovic, mussten von der Wahlliste genommen werden. Marinovic, die derzeit als Beobachterin im EU-Parlament sitzt, fiel mit schwachen Englischkenntnissen auf, ihre Rede wurde mit dem Titel „Pipl mast trast as“ (People must trust us) zum Hit auf YouTube. Journalisten interviewten spätere Kandidaten sicherheits- und spaßeshalber auf Englisch.
Hunderttausende „Geisterwähler“ gestrichen
Die niedrigste Wahlbeteiligung aller EU-Staaten hatte übrigens bisher die Slowakei im Jahr 2004 mit knapp 17 Prozent. Dieser Negativrekord wäre wohl gefallen, wenn das kroatische Verwaltungsministerium vor der Wahl nicht 760.000 „Geisterwähler“ aus den Wählerlisten entfernt hätte. Bei den bisherigen Wahlen waren immer mehr Wähler registriert, als Kroatien überhaupt Einwohner hatte, registriert waren auch verstorbene Personen. Trotz der neuen Ordnung gibt es jedoch auch jetzt nach wie vor Ortschaften, in denen es mehr gemeldete Wähler gibt als Einwohner.
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