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Schreiend auf Putin zugestürmt

Vier halb nackte Demonstrantinnen haben am Montag den Rundgang der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf der Hannover Messe gestört. Die Aktion mehrerer barbusiger Frauen, die bei einem Messerundgang schreiend auf ihn zugestürmt waren, hätten ihm „gefallen“, so Putin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel.

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Daran sei „nichts Schreckliches“. Was die Frauen geschrien hätten, habe er aber nicht genau verstehen können. Putin bezeichnete die Demonstrantinnen als „ukrainische Mädchen“, ein Verweis auf die feministische Aktionsgruppe Femen, die in der Ukraine entstand. Eine von ihnen hatte sich den von den Frauen geschrienen Slogan „Fuck Dictator“ auch in großen schwarzen Buchstaben auf den nackten Oberkörper geschrieben.

Ein Sicherheitsmann fällt mit einer halbnackten Femen-Demonstrantin zu Boden

APA/EPA/Jochen Luebke

Die Bodyguards waren sofort zur Stelle

„Ohne eine solche Aktion würde man weniger über eine solche Messe sprechen als mit einer solchen Aktion“, sagte Putin. „Ich sehe darin nichts Schreckliches.“ Ein Sprecher des russischen Präsidialamtes hatte die Aktion zuvor hingegen als Rowdytum bezeichnet. Die Verantwortlichen müssten bestraft werden. Bereits am Sonntag hatte es in Hannover Proteste gegen das russische Vorgehen etwa gegen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) gegeben.

Von Leibwächtern gestoppt

Die Frauen waren von Leibwächtern nur wenige Meter vor Putin gestoppt worden. Merkel verwies zwar auf die Demonstrationsfreiheit, kritisierte aber die Protestform. „Ob man in Deutschland zu einer solchen Notmaßnahme greifen muss und nicht anderweitig auch seine Meinung sagen kann, da habe ich meine Zweifel“, sagte sie. „Es gibt auch hier rechtliche Bestimmungen. Das wird jetzt überprüft werden.“ Putin empfahl den protestierende Frauen, wer politische Diskussionen führen wolle, solle sich etwas anziehen. Putins Besuch war von anhaltender Kritik wegen der Menschenrechtslage in Russland begleitet.

Eine halbnackte Femen-Demonstrantin läuft auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu

APA/EPA/Jochen Luebke

Eine Demonstrantin kam nahe an Putin heran

Merkel macht sich für NGOs stark

Merkel mahnte erneut, den NGOs in Russland die Chance auf freie Entfaltung zu geben. „Es geht darum, so habe ich es für uns deutlich gemacht, dass die NGO gut und frei arbeiten können“, sagte sie bei der Pressekonferenz mit Putin am Montag. Organisationen wie deutsche Stiftungen und das Goethe-Institut müssten ungehindert arbeiten können.

Putin sicherte den deutschen Stiftungen in Russland das zu, verteidigte aber erneut, dass die russische Regierung Überblick über die finanziellen Unterstützung russischer NGOs aus dem Ausland haben wolle. Wie schon am Wochenende sagte Putin, dass in den ersten vier Monaten des Jahres mehrere Milliarden Euro aus dem Ausland an russische NGOs geflossen seien. Menschenrechtsorganisationen bezweifeln das.

Putin: Stellen niemanden unter Kontrolle

Putin betonte, dass es in der Frage des Umgangs mit der Zivilgesellschaft Unterschiede mit Merkel gebe. Beide hätten das Thema der NGOs bei dem Abendessen am Sonntag intensiv diskutiert. Zugleich wies er den Vorwurf zurück, er wollen die NGOs in Russland gängeln. „Wir stellen niemanden unter Kontrolle“, sagte er.

Merkel sagte dagegen mit Blick auf die Durchsuchung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in St. Petersburg: „Natürlich ist es ein Eingriff, wenn Festplatten kontrolliert werden. Ich habe (...) deutlich gemacht, dass eine lebendige Zivilgesellschaft entstehen kann, wenn die Einzelnen ohne Angst und Sorge arbeiten können, natürlich auf Grundlage der Gesetze.“ Die deutsche Kanzlerin war vor dem Putin-Besuch in Hannover parteiübergreifend aufgefordert worden, die Frage der Menschenrechte deutlich anzusprechen.

„Wichtiger strategischer Partner“

Zugleich betonten beide, dass sie die Beziehungen zwischen beiden Ländern vertiefen wollten. „Russland ist für Deutschland ein wichtiger strategischer Partner. Wir haben intensivste Kontakte, die wir fortsetzen wollen“, sagte die Kanzlerin. An der Messe nehmen 6.500 Aussteller aus 65 Ländern teil, die größte Teilnehmerzahl seit zehn Jahren. Das diesjährige Partnerland Russland ist mit 167 Ausstellern vertreten. Das sind so viele wie noch nie auf einer Messe außerhalb Russlands.

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