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Kleinere Banken machen Schalter auf

Die Lage in Zypern bleibt auch einen Tag nach der Verkündung eines Rettungspakets unübersichtlich. Laut noch nicht offiziell bestätigten Medienberichten werden am Dienstag alle kleineren Genossenschaftsbanken und die drittgrößte zypriotische Bank, die Hellenic Bank, öffnen, allerdings soll das Abhebungslimit von 100 Euro noch bleiben.

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Die beiden großen Institute, die Bank of Cyprus und die Laiki Bank, deren Systeme noch angepasst werden müssen, bleiben dagegen bis Donnerstag geschlossen, wie der zypriotische Rundfunk unter Berufung auf die Zentralbank Zyperns am Montagabend berichtete.

Eine Frau behebt Geld bei einem Bankomat einer Filiale der Bank of Cyprus mit heruntergelassenen Rollläden

AP/Thanassis Stavrakis

Die zypriotischen Banken sind seit zehn Tagen geschlossen

Wie es weiter hieß, sollen bis Dienstag in Kooperation mit der Europäischen Zentralbank (EZB) die Einschränkungen definiert werden, die für Kapitaltranfers der angeschlagenen Bank of Cyprus und der Laiki Bank gelten sollen. Die Laiki Bank soll in eine gute und eine Bad Bank geteilt werden.

Große Unsicherheit

Damit dürfte die Unsicherheit im Land noch verlängert werden. Völlig unklar ist nicht nur, wie am Dienstag ein Sturm auf die Banken verhindert werden soll, offen ist auch noch, auf wie viel Geld Kunden der beiden Großbanken wirklich verzichten müssen. Im Gespräch waren 30 Prozent, die Details sollen aber erst in den nächsten Wochen fixiert werden. Was das für die Einlagen in diesen Banken heißt, ist nicht bekannt.

Zyperns Präsident Nikos Anastasiades vertagte unterdessen seine für 18.00 Uhr angekündigte Rede an die Nation auf unbestimmte Zeit. In der Nacht auf Montag hatte sich Zypern mit den internationalen Geldgebern von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und EZB auf ein neues Rettungspaket geeinigt. Auf Bankguthaben von mehr als 100.000 Euro bei der marktführenden Bank of Cyprus sollte demnach eine Zwangsabgabe von 30 Prozent erhoben werden, wie ein Regierungssprecher am Montag in Nikosia mitteilte.

Konten werden eingefroren

Die Erhebung einer Zwangsabgabe wurde in der Nacht in Verhandlungen in Brüssel mit den internationalen Geldgebern vereinbart, um einen Staatsbankrott Zyperns abzuwenden. Die konkrete Ausgestaltung obliegt der zypriotischen Regierung. Die Abgabe werde „ungefähr 30“ Prozent betragen, sagte Regierungssprecher Christos Stylianides dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Die Guthaben über 100.000 Euro bei der Bank of Cyprus, bei der besonders viele ausländische Kunden - etwa aus Russland - Geld lagern, werden zunächst eingefroren. Sie sollen erst nach der Erhebung der Zwangsabgabe wieder freigegeben werden. Die Anleger sollen für den 30-prozentigen Abschlag auf ihre Einlagen allerdings mit einer Beteiligung an der Bank entschädigt werden, so der Vorsitzende des Finanzausschusses im zypriotischen Parlament, Nikolas Papadopoulos. Anleger der Laiki Bank müssen sich offenbar auf noch größere Verluste einstellen.

Fekter: Schmerzhafte Restruktuierung

Laut Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) wird es jetzt zügig gehen. Die Abwicklung der Laiki Bank, also die Schließung, „wird bereits heute gemacht, denn die hat keine Liquidität mehr“. Jedenfalls werde es einen „massiven Haircut der Beteiligten und Gläubiger“ geben, um auf die geforderte Eigenkapitalquote von neun Prozent bei der Bank of Cyprus kommen zu können. „Die Bank hat ja jetzt ein negatives Eigenkapital.“ Diese Restrukturierung der Banken „wird schmerzhaft sein“, so Fekter.

Zustimmung in einigen Ländern ausständig

So wie in Deutschland, wo der Bundestag dem in der Nacht beschlossenen Zypern-Hilfspaket im April noch zustimmen muss, müssen auch der Nationalrat in Wien und die Parlamente von vier weiteren Euro-Ländern der Hilfe zustimmen, bevor Geld aus dem europäischen Rettungsschirm ESM nach Zypern fließen kann. Die ESM-Abstimmung werde aber definitiv erst nach Ostern stattfinden, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums am Montag zur APA. Auch in den Niederlanden, Finnland, der Slowakei und Estland braucht es einen Ermächtigungsbeschluss der jeweiligen Parlamente für die ESM-Hilfen.

Medwedew schäumt

Der russische Ministerpräsident Dimitri Medwedew reagierte mit Empörung auf den Rettungsplan für Zypern, der mit großen Verlusten für ausländische Anleger auf der Mittelmeer-Insel verbunden ist. „Meiner Meinung nach geht der Diebstahl von dem, was bereits gestohlen wurde, weiter“, sagte Medwedew am Montag vor Regierungsvertretern in Moskau.

„Wir müssen herausfinden, was diese Geschichte auf die Dauer bringt“, so Medwedew weiter. Es müsse „untersucht“ werden, was die Beschlüsse für „Auswirkungen auf das internationale Finanzsystem“ hätten. In zypriotischen Banken lagern nach den jüngsten Berechnungen der Ratingagentur Moody’s russische Guthaben mit einem Nominalwert von rund 24 Milliarden Euro.

Putin: „Umstrukturierung“ prüfen

Russland will allerdings nun doch einen Beitrag zur Rettung Zyperns leisten. Präsident Wladimir Putin habe die Regierung angewiesen, die Bemühungen der Euro-Gruppe zu unterstützen, sagte Putins Sprecher Dimitri Peskow am Montag der Agentur Interfax zufolge. Eine mögliche „Umstrukturierung“ eines Kredits an Zypern solle geprüft werden.

Die Konditionen für den 2011 gewährten Kredit über 2,5 Milliarden Euro sollten gemeinsam „mit unseren Partnern“ auf den Prüfstand gestellt werden, so Peskow weiter. Zypern hofft auf eine Lockerung der Rückzahlungsmodalitäten für den Kredit.

Viele russische Anleger betroffen

Die Regierung unter dem konservativen Präsidenten Nikos Anastasiades hatte auch tagelang vergebens mit Russland über Kredite oder einen Einstieg in die Banken oder in den Energiesektor des Landes verhandelt.

Ein Großteil der betuchten Bankkunden sind Russen. Nach Vermutung des deutschen Bundesnachrichtendienstes ist Zypern ein Geldwäscheparadies, das mit hohen Zinsen und niedrigen Steuern Anleger lockt. Deshalb bestanden vor allem Deutschland und der IWF darauf, die Rettungskosten auch Bankkunden und nicht nur den Steuerzahlern in der Euro-Zone aufzubrummen. Die formelle Einigung soll erst Mitte April vorliegen.

Zyperns Kirche verlor rund 100 Mio. Euro

Die orthodoxe Kirche Zyperns dürfte nach Schätzungen ihres Patriarchen Chrysostomos II. 100 Millionen Euro durch die bevorstehende Zwangsabgabe auf Geldeinlagen in Zypern verlieren. „Die Kirche wird es aber überleben“, sagte der Patriarch am Montag in Nikosia. Die Kirche habe in schwierigen Zeiten „sogar die Abendmahlkelche verkauft“, um Krisen zu überwinden, hieß es. Er äußerte sich enttäuscht von der Haltung der EU. „Wir hatten an ein anderes Europa geglaubt“, meinte Chrysostomos. Die „großen Starken“ hätten sich aber durchgesetzt.

Harter Sparkurs verordnet

Zypern wird mit zehn Milliarden Euro Kredit aus dem Euro-Rettungsmechanismus ESM und vom IWF gestützt. Das erste Geld soll im Mai fließen. Als Gegenleistung dafür sind auch harte Einsparungen bei den öffentlichen Ausgaben fällig. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sprach von sehr schwierigen Gesprächen. Die Verhandlungen standen nach einem Ultimatum der EZB unter hohem Zeitdruck.

Die EZB hatte gedroht, den beiden insolventen Großbanken ab Dienstag, wenn die Banken nach mehr als einer Woche Schließung erstmals wieder öffnen sollen, die Notkredite zu entziehen. Damit hätte der Kollaps des gesamten Finanzsektors gedroht, der achtmal so groß ist wie die Wirtschaftsleistung des Landes und damit als überdimensioniert gilt. Er soll bis 2018 halbiert werden und so EU-Durchschnitt erreichen.

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