Staatspleite droht
Das Rettungspaket für Zypern samt der umstrittenen Zwangsabgabe auf Bankguthaben ist im Parlament des kleinen Inselstaates auf ganzer Linie durchgefallen. 36 von 56 Abgeordneten stimmten am Dienstagabend nach einer hitzigen Debatte dagegen. 19 enthielten sich der Stimme, eine Abgeordnete war nicht anwesend. Das teilte der Parlamentspräsident, Giannakis Omirou, mit.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die Ablehnung hatte sich bereits nach dem Beschluss des Rettungspaketes am Wochenende in Brüssel abgezeichnet. Die Konservativen forderten während der Sitzung eine Verschiebung der Abstimmung auf Mittwoch, konnten sich damit aber nicht durchsetzen. Mehrere Abgeordnete sagten, es sei „eine Frage der Ehre, Nein zu sagen“. Draußen vor dem Parlament skandierten Demonstranten: „Wir werden nicht die Sklaven des 21. Jahrhunderts werden.“ Sie jubelten, nachdem sie erfuhren, wie die Abstimmung ausging, hieß es in der ZIB.

Reuters/Yorgos Karahalis
Hunderte Demonstranten versammelten sich auch am Dienstag vor dem Parlament
Parlamentspräsident Omirou sagte, einige versuchten, die EU von einer Solidargemeinschaft in einen Raum der Armut zu verwandeln, zu einem „Europa der kolossalen Unterschiede zwischen Nord und Süd“. Der Chef der Zentrumspartei (DIKO), Marios Karogian, warf den EU-Partnern vor, sie bestraften die Zyprer statt anzuerkennen, „dass wir so viel verloren haben wegen des Schuldenschnitts (in Griechenland)“. Er fügte hinzu: „Wir sagen Nein. Und wir sagen Nein für unsere Kinder und Enkel. Vor uns steht nun ein Leidensweg, aber wir werden es schaffen.“
„Wir warten auf einen Gegenvorschlag“
Die Euro-Gruppe sieht nun die Regierung des Landes am Zug. „Wir warten auf einen Gegenvorschlag mit gleicher Wirkung“, sagte ein Euro-Gruppe-Vertreter am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP in Brüssel. Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, nannte die Entscheidung im niederländischen Fernsehen „enttäuschend“, die Euro-Gruppe halte jedoch an ihrem Angebot und den Bedingungen fest, sagte er.
Das bekräftigte auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Grund zur Sorge bestehe durch das Parlamentsvotum nicht. „Wir haben ausreichend Vorsorge getroffen, dass die heutige Entscheidung in Zypern keine negativen Auswirkungen auf den Rest der Euro-Zone haben wird“, hieß es in Schäubles Erklärung.
Die Europäische Zentralbank (EZB) stellte Zypern nach der Abstimmung eine weitere Versorgung des Landes mit Finanzmitteln in Aussicht. Die EZB bekräftige ihre Entschlossenheit, Zypern „innerhalb der bestehenden Regeln nach Bedarf Liquidität zur Verfügung zu stellen“, heißt es in einer am Dienstagabend verbreiteten Erklärung der Zentralbank. Sollte die EZB der Mittelmeerinsel die Liquidität entziehen, könnte das zu einem Kollaps des dortigen Finanzsystems mit Auswirkungen weit über Zypern hinaus führen.
Milliardenhilfe mit Bedingungen
Die Euro-Zone hatte Zypern am Wochenende bis zu zehn Milliarden Euro zugesagt. Bedingung dafür ist, dass das Land über eine Zwangsabgabe für Bankkunden 5,8 Milliarden Euro einnimmt. Anders als zunächst vorgesehen will die Regierung Kleinsparer von dieser Zwangsabgabe ausnehmen. Das könnte aber bedeuten, dass das Land aus der Abgabe nicht die geforderte Summe erlöst.
Zypern droht ohne frisches Geld Anfang Juni die Pleite. Auf die vorgesehene Zwangsabgabe reagierten viele Bürger des Landes aber empört, auch international gab es Kritik. Auch am Dienstag demonstrierten vor dem Parlament in Nikosia Tausende Menschen. Die Euro-Gruppe forderte Zypern angesichts der Kritik am Montagabend auf, Kleinanleger von der Abgabe auszunehmen.
Guthaben bis 20.000 Euro sollen verschont bleiben
Die zypriotische Regierung beschloss daraufhin am Dienstag, Einlagen von bis zu 20.000 Euro zu schonen. Auf Guthaben von 20.000 bis 100.000 Euro soll aber weiter eine einmalige Abgabe von 6,75 Prozent erhoben werden, wie aus einem neuen Gesetzentwurf hervorging. Bei Guthaben von über 100.000 Euro sollen es 9,9 Prozent sein.
Anastasiades ließ ankündigen, wegen der geplanten Änderung noch am Dienstag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und anderen Beteiligten sprechen zu wollen. In einem Telefonat am Montag hatte Merkel nach deutschen Angaben darauf verwiesen, dass Zypern mit der Troika aus Europäischer Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) verhandeln müsse.
EU beharrt auf Beitrag von 5,8 Mrd. aus Zypern
Die Europäische Kommission bekräftigte, dass Zypern die 5,8 Milliarden Euro eintreiben müsse. Nach Angaben des Sprechers von Währungskommissar Olli Rehn kann das Land die Bedingungen für die Abgabe aber ändern, wenn das „dieselben finanziellen Auswirkungen“ habe. IWF-Chefin Christine Lagarde forderte Zypern zur Vertragstreue auf. „Es ist Zeit zu liefern“, sagte sie in Frankfurt am Main.
Wegen der Hängepartie setzte am Dienstag die zypriotische Börse bis einschließlich Mittwoch den Handel aus. Die Banken sind bereits seit Wochenbeginn geschlossen, sie sollen frühestens am Donnerstag wieder öffnen. Die großen europäischen Börsen schlossen am Dienstag im Minus. Auch der Euro verlor an Wert.
Links: