Tausende auf dem Petersplatz
Der erste Wahlgang für einen neuen Papst ist erfolglos geblieben. Aus dem Rauchfang der Sixtinischen Kapelle stieg am Dienstagabend schwarzer Rauch auf. Das ist das Zeichen, dass sich die 115 versammelten Kardinäle noch nicht auf einen Nachfolger des zurückgetretenen Papstes Benedikt XVI. einigen konnten.
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Bereits am Mittwoch geht das von der Öffentlichkeit abgeschottete Konklave weiter. Je zwei Wahlgänge sind am Vormittag und am Nachmittag vorgesehen. Wie lange das Konklave dauern wird, ist ungewiss. Allgemein wird aber damit gerechnet, dass noch in dieser Woche, möglicherweise sogar schon am Mittwoch, das neue Oberhaupt der katholischen Kirche und somit der 266. Papst feststeht.
„Extra omnes“
Die 115 wahlberechtigten Kardinäle sind am Dienstag kurz nach 16.30 Uhr in die Sixtinische Kapelle eingezogen. Dort sprachen sie zunächst eine Eidesformel und schworen ewige Geheimhaltung über die Abstimmungen. Danach hieß es „extra omnes“ (alle hinaus). Alle nicht zum Konklave Gehörenden mussten die Sixtinische Kapelle verlassen, deren Tore seitdem verschlossen sind.

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Die Tür zur Sixtinischen Kapelle wird verschlossen
Offen war zunächst, ob bereits am Abend mit der Papst-Wahl begonnen wird. Erst als kurz vor 20.00 Uhr schwarzer Rauch aus dem Rauchfang der Sixtinischen Kapelle stieg, stand fest, dass ein erster Wahlgang stattgefunden hat. Die erste Abstimmung galt aus Sicht von Beobachtern aber ohnehin als Testwahl.

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Die Kardinäle beim Einzug in die Sixtinische Kapelle
Auch wenn eine erfolgreiche Papst-Wahl gleich zu Beginn als äußerst unwahrscheinlich galt, versammelten sich am Dienstagabend Tausende Gläubige, Schaulustige und Touristen auf dem Petersplatz - mehr dazu in religion.ORF.at.

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Jeder wahlberechtigte Kardinal musste einen Eid ablegen
Protest mit rosa Rauch
Zeitgleich mit dem Beginn des Konklaves haben Frauen für mehr Rechte in der römisch-katholischen Kirche demonstriert. Zum Zeichen ihres Protestes gegen das Männermonopol in Papst- und Priesteramt ließen sie am Dienstag auf dem Janiculum-Hügel oberhalb des Vatikans rosa Rauch aufsteigen. Bei einem Oben-ohne-Protest skandierten zudem zwei Frauen nahe der Absperrung vor der Sixtinischen Kapelle Parolen wie „Kein Papst mehr“.
Auftakt am Vormittag
Der offizielle Auftakt zur Papst-Wahl fand bereits am Dienstagvormittag im Rahmen einer prunkvollen Messe statt. Kardinaldekan Angelo Sodano forderte die Gläubigen dabei auf, dafür zu beten, „dass der Herr uns einen Papst geben wird, der diese edle Mission mit einem großzügigen Herzen annimmt“. Zudem rief er zur Einheit der Kirche auf, die in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Skandale erschüttert wurde.

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Die Einheit der Kirche ist gefragt - mahnende Worte bei der letzten Messe vor der Papst-Wahl
Letzte Wahlmesse hielt der spätere Papst
Die letzte Messe vor der Wahlversammlung des künftigen Papstes hielt am 18. April 2005 der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger, er ging aus dem Konklave als neuer Papst hervor. Ratzingers Predigt wirkte wie ein Vorgriff auf die theologische Ausrichtung seines Pontifikats.
„Jeden Tag entstehen neue Sekten, und dabei tritt ein, was der heilige Paulus über den Betrug unter den Menschen und über die irreführende Verschlagenheit gesagt hat“, so Ratzinger damals: „Einen klaren Glauben nach dem Credo der Kirche zu haben wird oft als Fundamentalismus abgestempelt, wohingegen der Relativismus, das ‚Sich-vom-Windstoß-irgendeiner-Lehrmeinung-hin-und-her-treiben-Lassen‘, als die heutzutage einzige zeitgemäße Haltung erscheint.“

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Die Wahlurnen im Konklave
Sodano würdigte zudem die Amtszeit des zurückgetretenen Papstes Benedikt XVI. als „leuchtendes Pontifikat“ und dankte ihm unter dem langen Applaus der Anwesenden. Ein Papst müsse sein Leben für die Gläubigen hingeben, wie ein guter Hirte das für seine Schafe tue, sagte Sodano weiter.

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Nicht nur Papst-Wähler bei der Messe
An der Messe nahmen neben den 115 Papst-Wählern auch die über 80-jährigen Kardinäle teil. Sie hatten in den vergangenen neun Tagen an den Generalkongregationen zur Vorbereitung des Konklaves mitgewirkt, dürfen jetzt jedoch nicht an der Wahl teilnehmen. Am Dienstagvormittag bezogen die 115 die ihnen zugelosten Zimmer im vatikanischen Gästehaus Santa Marta.
Für die Wahl des 266. Papstes ist eine Zweidrittelmehrheit der 115 Wahlmänner nötig. Sie liegt bei 77 Stimmen. Papst Benedikt wurde 2005 in knapp 24 Stunden gewählt. Diesmal wird mit deutlich mehr Wahlgängen gerechnet.
Die Lobbys im Konklave
Die 115 wahlberechtigten Kardinäle kommen aus 45 Ländern. Vatikan-Experten teilen sie jedoch nicht nur nach „regionalen Gruppen“ ein, sondern auch in verschiedene Lobbys - darunter spirituelle Bewegungen und die Laienorganisation Opus Dei. Um Sodano gruppieren sich jene Kardinäle, die noch unter Papst Johannes Paul ernannt wurden. Im Vatikan firmieren sie unter den Diplomaten.
Daneben gibt es jene Kardinäle, die unter Benedikt XVI. ernannt wurden und die Tarcisio Bertone, dem derzeitigen Kardinalstaatssekretär und Camerlengo, nahestehen. Sie rivalisieren mit der alten Garde um Sodano. Zu ihnen zählen die Italiener Antonio Maria Veglio, Giuseppe Versaldi und Giuseppe Bertello. Bertone selbst zählt nicht zu den Favoriten, hat aber großen Einfluss.
Der emeritierte Papst nimmt zwar nicht am Konklave teil, spielt aber eine große Rolle. Er hat mehr als die Hälfte der stimmberechtigten Kardinäle ernannt und einige von ihnen auch öffentlich gelobt. Es heißt, sein Favorit sei Angelo Scola, den er zum Erzbischof von Mailand, der wichtigsten Erzdiözese des Landes, ernannt hatte.
Italiens Bischöfe gespalten
Die italienischen Bischöfe sind laut italienischen Medienberichten gespalten in Nord und Süd. Die aus dem Norden sympathisieren demnach mit Scola und dem Erzbischof von Genua, Angelo Bagnasco, der zugleich Vorsitzender der italienischen Bischofskonferenz ist. Die aus dem Süden sollen an Einfluss verloren haben, seit Crescenzio Sepe nicht mehr Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker ist. Benedikt XVI. hatte Sepe zum Erzbischof von Neapel ernannt.
Die Laienorganisation Opus Dei ist im Konklave durch den Erzbischof von Perus Hauptstadt Lima, Juan Luis Cipriani, vertreten, der für einige als „papabile“ (papsttauglich) gilt. Dem Opus Dei gehört auch der emeritierte Kurienkardinal Julian Herranz an, den Benedikt XVI. mit der Untersuchung der „Vatileaks“-Affäre betraute.
Kardinäle mit Ordenshintergrund
Unter den Papst-Wählern sind etwa auch vier Salesianer (Angelo Amato, Bertone, Raffaele Farina und Oscar Andres Rodriguez Maradiaga), drei Franziskaner (Carlos Amigo Vallejo, Claudio Hummes und Wilfried Fox Napier), zwei Dominikaner (Dominik Duba und Christoph Schönborn) und ein Jesuit (Jorge Mario Bergoglio).
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