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115 Kardinäle wählen Benedikt-Nachfolger

Die Wahl des neuen Papstes beginnt am nächsten Dienstag. Das haben die in Rom versammelten Kardinäle entschieden, wie der Vatikan am Freitagabend mitteilte. In dem Konklave bestimmen 115 Papst-Wähler einen Nachfolger für den zurückgetretenen Benedikt XVI.

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Wie lange es ab Dienstag dann dauern wird, bis die wahlberechtigten Teilnehmer des Konklaves sich auf einen neuen Papst geeinigt haben, ist offen. Eine zeitliche Begrenzung der Wahlversammlung gibt es nicht. Allgemein wird mit einem neuen Papst bis Ostern gerechnet. Jeden Tag finden mehrere Wahlgänge statt, bis eine Zweidrittelmehrheit für einen Kandidaten zustande kommt. Wer neuer Papst werden könnte, ist ebenfalls offen. Den Kardinälen ist es streng verboten, darüber öffentlich zu spekulieren.

Das längste Konklave der Kirchengeschichte währte nach dem Tod von Clemens IV. im Jahr 1268 zwei Jahre, neun Monate und zwei Tage (1.005 Tage). Benedikt XVI. wurde am 19. April 2005 nur einen Tag nach dem Beginn des Konklaves gewählt.

Im Petersdom sei am Dienstagvormittag eine besondere Messe für eine gute Papst-Wahl („Pro Eligendo Romano Pontifice“) geplant, hieß es in einer Presseaussendung. Diese Messe finde vor dem Einzug der Kardinäle ins Konklave statt, der am Nachmittag geplant sei, sagte der vatikanische Pressesprecher, Pater Federico Lombardi.

Gespräche hinter verschlossenen Türen

Im Vatikan laufen die Vorbereitungen auf das Konklave weiter auf Volltouren. Von den 155 Kardinälen sind 115 unter 80 Jahre alt und damit wahlberechtigt. Das Klima bei den Generalkongregationen sei sehr brüderlich gewesen, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. Die Gespräche der Kardinäle fanden hinter verschlossenen Türen in der Synodenaula statt und wurden vom Dekan des Kardinalkollegiums, Angelo Sodano, geleitet.

Bei den Generalkongregationen wurden anfallende Amtsgeschäfte der Kirche behandelt. Besprochen wurden unter anderem Themen wie die Notwendigkeit einer neuen Evangelisierung, die Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und den Episkopaten der einzelnen Länder und das Profil des neuen Papstes, berichtete Lombardi.

Eid auf Evangelium

Alle Kardinäle, die an der Generalkongregation teilnehmen, müssen mit einem Eid auf das Evangelium schwören, die geltenden Vorschriften zu achten und Geheimhaltung zu üben. Am Mittwochnachmittag zelebrierten die Kardinäle gemeinsam in der Peterskirche eine Messe unter der Leitung Sodanos, bei der sie in Hinblick auf das Konklave um Unterstützung des Heiligen Geistes bitten werden.

Zimmer in der Casa Santa Marta im Vatikan

APA/EPA/ANSA/Vatican Pool

Zimmer im Gästehaus Santa Marta

Während ihres Rom-Aufenthaltes wohnen die Kardinäle im vatikanischen Gästehaus Santa Marta, das 1996 fertiggestellt wurde. Es verfügt über 166 Suiten, 22 Einzelzimmer und ein Appartement. Jedes der Zimmer ist mit einem Bett, Kommoden und Kleiderkasten in dunklem Holz sowie Minibar und Bad ausgestattet.

Sixitinische Kapelle gesperrt

Die Sixtinische Kapelle war am Dienstag wegen der Vorbereitungen zum Konklave für die Öffentlichkeit gesperrt worden. Unter den Fresken Michelangelos wählen die Kardinäle im Konklave den neuen Papst. Wann die Sixtinische Kapelle wieder geöffnet wird, hängt von der Dauer der Wahl ab. Vor Beginn des Konklaves muss die Sixtinische Kapelle isoliert werden, damit sich niemand mit den insgesamt 115 Kardinälen in Verbindung setzen kann, die am Konklave teilnehmen.

Neuer Papst noch vor Ostern?

Benedikt XVI. hatte am 11. Februar überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Das Pontifikat des 85-jährigen Deutschen endete am vergangenen Donnerstag um 20.00 Uhr. Mit Beginn der Sedisvakanz geht die Leitung der katholischen Kirche und des Vatikanstaats vorübergehend an das Kardinalskollegium über, also letztlich an alle 209 derzeit lebenden Kardinäle. Nach dem Willen des Vatikans soll es bis Ostern einen neuen Papst geben.

Keine klaren Favoriten

Bisher gibt es laut Einschätzung italienischer Medien keinen klaren Favoriten für die Papst-Wahl, und die Kardinäle hüten sich auch davor, sich als solche zu positionieren. Denn laut einer alten Regel heißt es: „Wer als Favorit ins Konklave geht, kommt als Kardinal wieder heraus.“ Als starke Kandidatur gilt jene des Mailänder Erzbischofs Angelo Scola. Seine Kandidatur werde nicht nur von einem Großteil der italienischen Purpurträger, sondern auch von mehreren ausländischen Kardinälen unterstützt. Gute Chancen werden auch dem kanadischen Kardinal Marc Oullet zugebilligt.

Weltkarte, in der die Herkunft der 115 Kardinäle gezeigt wird

APA/ORF.at

Auch unter den Lateinamerikanern kursieren Namen wie der Brasilianer deutscher Abstammung Odilo Pedro Scherer und sein Landsmann Joao Braz de Aviz. Als Alternative gilt der ungarische Primas Peter Erdö, Chef der europäischen Bischöfe. Generell rechnen Beobachter erneut mit der Ernennung eines europäischen Papstes, da auch das Konklave von europäischen Kardinälen dominiert wird (60 der 115 teilnehmenden Kardinäle sind Europäer, davon 28 Italiener).

Bei seinem letzten Treffen mit den Kardinälen verabschiedete sich Joseph Ratzinger besonders herzlich vom Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn, der ihm ein Buch übergab. Das wurde von italienischen Medien als Signal der besonderen Zuneigung Benedikts für seinen Ex-Schüler bewertet, der als starker europäischer Kandidat für seine Nachfolge gilt.

Briefmarken und Münzen für Sammler

Die Gläubigen können sich die Wartezeit auf den nächsten Papst mit dem Kauf von zeitlich limitierten Devotionalien verkürzen. Traditionell bringt die Post des Vatikans etwa neue Briefmarken für die Zeit ohne Papst heraus. Der Vatikan gibt zudem auch einige Münzen in der Zeit der Sedisvakanz heraus.

Bis zur Ernennung des neuen Papstes herrscht auch auf dem Twitter-Account des Papstes der „leere Stuhl“. Auf „@Pontifex“ wurden das Profilbild des 85-jährigen Deutschen durch das Symbol des Heiligen Stuhles ersetzt und der Name in „Sede vacante“ geändert. Alle Tweets von Benedikt wurden archiviert. Der Account soll zunächst ruhen, bis der neue Papst entschieden hat, ob er auf dem gleichen Kanal weitertwittern möchte.

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