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„Unter euch ist der neue Papst“

Wenige Stunden vor dem Ende seiner Amtszeit hat sich Papst Benedikt XVI. am Donnerstag im Vatikan von den anwesenden Kardinälen verabschiedet. Er traf in der Sala Clementina des Apostolischen Palastes mit den Purpurträgern zusammen, die für die Vorbereitungen auf das im März anstehende Konklave bereits in Rom sind.

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Benedikt betrat unter dem Applaus der Kardinäle den Raum, der Dekan des Kardinalskollegiums, Angelo Sodano, bedankte sich in einer kurzen Ansprache beim Papst. Seinem Nachfolger versprach Benedikt Gehorsam: „Unter euch ist auch der kommende Papst, dem ich meine bedingungslose Hochachtung und meinen Gehorsam verspreche“, so das scheidende Kirchenoberhaupt.

Der deutsche Papst verabschiedete sich von jedem Kardinal mit einem Handschlag und einigen persönlichen Worten. „Eure Nähe und eurer Rat waren in meiner Amtszeit eine große Hilfe“, sagte er - Video dazu in iptv.ORF.at.

Noch kein Termin für vorgezogenes Konklave

Der 85-jährige Benedikt ist der erste Papst der Neuzeit, der von seinem Amt zurücktritt. Sein Pontifikat geht am Abend um 20.00 Uhr nach knapp acht Jahren zu Ende - ein spektakulärer Moment, der in die Kirchengeschichte eingehen wird. Dann beginnt die Zeit der Sedisvakanz („leerer Stuhl Petri“), bis ein neuer Papst gewählt wird. Einen Termin für das Konklave gibt es noch nicht - ursprünglich hätte es am 15. März stattfinden sollen, per Dekret machte der Papst jedoch das Vorziehen der Wahl möglich. Der neue Termin soll kurz nach dem Rücktritt bekanntgegeben werden.

Papst Benedikt XVI. und Kardinäle

APA/AP/Vatican TV

Abschied unter Applaus der Kardinäle

Abschied unter Glockenläuten

Gegen 17.00 Uhr wollte Benedikt mit dem Hubschrauber zur päpstlichen Residenz Castel Gandolfo fliegen, wo er in den nächsten beiden Monaten als „emeritierter Papst“ wohnen wird. Die Stadt Rom verabschiedet sich mit Glockenläuten von ihm. Nachdem Benedikt XVI. gegen 17.00 Uhr den Vatikan verlassen wird, werden in der ganzen Diözese Rom die Glocken zum Abschied läuten.

Danach werden sie auch in Castel Gandolfo bei seiner Ankunft läuten, berichtete der Bischof von Albano, Marcello Semeraro, zu der auch die Ortschaft Castel Gandolfo gehört. In Castel Gandolfo ist am frühen Abend Benedikts letzter öffentlicher Akt ein Gruß an die Gläubigen von der Loggia des gleichnamigen Palastes aus.

Ab 20.00 Uhr „Papa emerito“

Benedikts Pontifikat endet um 20.00 Uhr. In Österreich läuten zu diesem Zeitpunkt die Glocken der Pfarr- und Klosterkirchen den Beginn der Sedisvakanz ein. Auch die Pummerin im Stephansdom wird zum Klingen gebracht werden und zum stillem Gebet rufen, in vielen Kirchen finden Dankesfeiern statt - mehr dazu in religion.ORF.at.

Der Sekretär Georg Gänswein von Papst Benedikt XVI. weint

APA/EPA/Claudio Peri

Der Papst zeigte sich, wie auch sein Privatsekretär Georg Gänswein, bei seiner letzten Generalaudienz beeindruckt von der Stimmung auf dem Petersplatz

Um 20.00 Uhr stellt auch die Schweizer Garde ihren „öffentlichen Dienst“ für den Papst ein. Die vatikanische Gendarmerie übernimmt die Wache. „Die Sicherheit des Heiligen Vaters ist garantiert“, versichert Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. Etwa zwei Monate will Ratzinger in Castel Gandolfo bleiben, der Residenz der Päpste hoch über dem Albaner See. Dann kehrt er in ein umgebautes Kloster in den Vatikan zurück. Begleitet wird er von seinem Privatsekretär Georg Gänswein und vier Schwestern, die sich um den Haushalt kümmern.

Papst bestimmte Administrator für Edinburgh

Als eine der letzten Amtshandlungen vor seinem Rücktritt hat Papst Benedikt XVI. den Glasgower Erzbischof Philip Tartaglia vorübergehend zum Apostolischen Administrator der Erzdiözese St. Andrews und Edinburgh ernannt. Der Erzbischof übernimmt damit vorübergehend die Funktion von Kardinal Keith O’Brien, dessen Rücktrittsgesuch der Papst am 18. Februar angenommen hatte, wie Kathpress am Montag berichtete.

O’Brien war in den vergangenen Tagen in die Schlagzeilen gekommen, nachdem vier Männer - drei Priester sowie ein ehemaliger Priester - beim zuständigen Nuntius, Erzbischof Antonio Mennini, eine Beschwerde eingereicht hatten. Medien zufolge habe er sich ihnen gegenüber in den 1980er Jahren „unangemessen“ verhalten.

Grafik zum Konklave

ORF.at/Kaja Stepien

Letzter Tag als „Realityshow“

Der letzte Pontifikatstag von Benedikt werde zu einer Realityshow, schrieb die Mailänder Tageszeitung „Il Giornale“. Laufende TV-Kameras würden jeden Schritt des Papstes an seinem letzten Amtstag bis zu seinem Abflug mit dem Hubschrauber verfolgen. „Benedikts Abreise von Rom wird ein historisches Ereignis werden“, versicherte Bischof Edoardo Maria Vigano, Direktor des vatikanischen Fernsehzentrums CTV (Centro Televisivo Vaticano).

Von der Öffentlichkeit verabschiedete sich Benedikt bereits am Mittwoch mit einer emotionalen Ansprache und unter dem Jubel von fast 250.000 Menschen. In seinem Pontifikat habe es Zeiten mit hohem Wellengang und Gegenwind gegeben, sagte er in seiner Ansprache auf dem Petersplatz. „Es war für die Kirche eine Wegstrecke, bei der es Momente der Freude und des Lichtes gab, aber auch nicht einfache Momente.“

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