US-Firmenboss provozierte Minister
Es war eine Posse der besonderen Art: Die Aussagen des Chefs des US-Reifenherstellers Titan haben Frankreich Ende Februar tagelang in Rage versetzt. Dieser hatte den Verzicht auf die Übernahme eines von der Schließung bedrohten Reifenwerks damit begründet, dass die Arbeiter nur drei Stunden täglich arbeiten würden und sich mit markigen Aussagen über die Arbeitsmoral der Franzosen lustig gemacht.
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So hatte Maurice Taylor den Verzicht auf die von der französischen Regierung forcierte Übernahme des Goodyear-Reifenwerkes im nordfranzösischen Amiens mit mangelnder Arbeitsmoral begründet. Taylor richtete per Brief aus, dass die „sogenannten Arbeiter“ in dem Reifenwerk höchstens „drei Stunden“ am Tag arbeiten würden.
Diese Worte trafen die Franzosen scheinbar mitten ins Herz, ohnehin gebeutelt vom 15-Jahres-Hoch bei den Arbeitslosenzahlen und dem neuerlich drohenden Verlust von Posten, der mit der Schließung des betroffenen Werks verbunden wäre.
Reaktion von höchster Stelle
Entsprechend fühlte sich mit Industrieminister Arnaud Montebourg gar die höchste Politetage zur einer Reaktion herausgefordert: Die Äußerungen seien „ebenso extremistisch wie beleidigend“ und zeugten „von einer völligen Ignoranz unseres Landes“. Er drohte zudem, die französischen Behörden würden mit „doppeltem Eifer“ die Reifenimporte von Titan nach Frankreich kontrollieren. Doch es dauerte nicht lange, bis Taylor wiederum nachlegte und in einem zweiten Brief erneut scharfe Kritik an der französischen Regierung und den Gewerkschaften des Landes übte.
„Sie behaupten, ich sei ein Extremist“, schreibt Taylor im zweiten Brief. „Der Extremist, Herr Minister, ist Ihre Regierung und das mangelnde Wissen, wie man ein Unternehmen aufbaut.“ Er selbst müsse „verrückt“ gewesen sein, daran gedacht zu haben, „Millionen Dollar für den Kauf einer Reifenfabrik in Frankreich auszugeben und mit die höchsten Löhne in der Welt zu zahlen“. Die französische Regierung lasse es zu, dass „die Spinner der kommunistischen Gewerkschaft“ die bestbezahlten Jobs zerstörten.
„Sollten lieber Boxershorts tragen“
Tags zuvor hatte Taylor über den US-Sender ABC noch ausgerichtet, dass „diese Leute in der französischen Regierung sehr empfindlich“ seien. Er riet den Politikern, die Dinge doch nicht ganz so eng, sondern etwas lockerer zu sehen: „Sie sollten vielleicht keine kurzen Unterhosen tragen, sondern lieber Boxershorts“, empfahl der Firmenchef.
Der Vertreter der Gewerkschaft CGT im betroffenen Goodyear-Werk in Amiens, Mickael Wamen, wies die Äußerungen als eine „totale Beleidigung“ zurück. CGT-Generalsekretär Bernard Thibault bezeichnete den Brief „als Beleidigung, nicht nur für die Arbeiter“, sondern auch für die „Demokratie“. Montebourg reagierte betont zurückhaltend auf das erneute Schreiben und kündigte eine „schriftliche“ Antwort an.
Unterdessen sprach Frankreichs Coca-Cola-Chef, Tristan Farabet, den Gegnern des Titan-Chefs seine Unterstützung aus. In einem in der Zeitung „Le Monde“ veröffentlichten Brief an Montebourg versicherte er: „Wir sind glücklich, in Frankreich zu investieren - und das seit 90 Jahren.“
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