Kardinäle auf dem Weg nach Rom
Per Dekret (Motuproprio) hat Papst Benedikt XVI. am Montag, vier Tage vor dem Ende seines Pontifikates, die Regeln für die Papst-Wahl geändert. Gemäß den Regeln aus dem Jahr 1996 müsste das Konklave eigentlich zwischen dem 15. und 20. März beginnen. Nun kann es jedoch beginnen, sobald alle wahberechtigten Kardinäle in Rom eingetroffen sind.
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Zuletzt war mehrfach über ein früheres Konklave spekuliert worden, nachdem sich offenbar mehrere Kardinäle dafür ausgesprochen hatten. Die Vorverlegung auf die erste März-Hälfte soll dem Nachfolger Benedikts XVI. ermöglichen, sich besser auf die am 24. März beginnende Karwoche und das Osterfest am 31. März vorzubereiten. Wann das Konklave tatsächlich beginnen soll, wird voraussichtlich nach dem Ende von Benedikts Pontifikat am Donnerstag bekanntgegeben werden.
„Andere Interpretation“ von Regeln des Vorgängers
Benedikt XVI. hat seinen Rücktritt für Donnerstag angekündigt. Die Regeln, die Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. im Jahr 1996 in der apostolischen Verfassung „Universi dominici gregis“ festlegte, sehen vor, dass das Konklave zwischen 15 und 20 Tage nach Vakantwerden des Papst-Stuhls zu beginnen hat. Die Frist soll es den Kardinälen aus aller Welt ermöglichen, sich nach Rom zu begeben. Diesmal sind jedoch bereits zahlreiche Kardinäle im Vatikan versammelt, um Benedikt XVI. zu verabschieden.
Lombardi hatte zuletzt erklärt, die Regeln für die Zusammenkunft des Konklaves seien für den Fall konzipiert, dass ein Papst stirbt. Mit dem Rücktritt Benedikts XVI. stelle sich die Situation aber anders dar, und es sei möglich, die geltenden Regeln anders „zu interpretieren“. Entscheidend sei, dass alle Kardinäle versammelt seien, mit der Rücktrittsankündigung hätten sie dazu nun mehr Zeit.

ORF.at/Kaja Stepien
Am Montag empfing Benedikt XVI. außerdem drei für Ermittlungen in der „Vatileaks“-Affäre beauftragte Geistliche. Die emeritierten Kardinäle Julian Herranz, Jozef Tomko und Salvatore De Giorgi hatten am 17. Dezember dem Papst ihren zweiten Geheimbericht vorgelegt. Dieser, so die Ansicht italienischer Medien, soll wesentlich für den Rücktritt Benedikts XVI. ausschlaggebend gewesen sein. Auch aus kircheninternen Kreisen waren Gerüchte befeuert worden, wonach das Dossier äußerst belastendes Material gegen höchste Würdenträger enthalte.
Das im Report der drei Kardinalskommissare gezeichnete Bild vom Zustand der römischen Kurie sei so dramatisch gewesen, dass sich Benedikt XVI. daraufhin definitiv zum bereits angedachten Rücktritt entschlossen habe, berichteten italienische Medien. Der Vatikan verwehrte sich gegen die „Gerüchte“, verweigerte zugleich jedoch auch den eigenen Kardinälen nähere Angaben zu den Inhalten des Dossiers. Dabei soll es offenbar auch bleiben.
Treffen mit möglichem Nachfolger
Wie der vatikanische Pressesprecher Federico Lombardi nach dem Treffen Benedikts XVI. mit den drei emeritierten Kardinälen am Montag berichtete, sollen die Akten zu den Ermittlungen in der „Vatileaks“-Affäre seinem Nachfolger übergeben werden. Allein der Papst sei über die Inhalte des Dossiers informiert, so Lombardi. Das Mandat der Kardinalskommission sei damit beendet, erklärte der Vatikan-Pressesprecher. Der Papst danke den Kardinälen für ihre Ermittlungen.
Nach dem Treffen mit den Mitgliedern der Kardinalskommission empfing der Papst den kanadischen Kardinal Marc Ouellet, Präfekt der Bischofskongregation. Ouellet gilt als aussichtsreicher Kandidat auf Benedikts XVI. Nachfolge. Kardinal Christoph Schönborn, der bereits Dienstagabend in Rom eintrifft, wird am Donnerstag mit Benedikt XVI., der in seiner Zeit als Regensburger Professor Joseph Ratzinger Schönborns Lehrer war, zusammentreffen.
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