Ein Ranking wird umgekrempelt
Es ist keine kleine Revolution, die von den Organisatoren der US-Billboard-Charts ohne viel Aufhebens bekanntgegeben wurde. Es werden jetzt neben Verkaufszahlen und Radioauführungen auch YouTube-Klicks in die Erstellung der Single-Hitparade eingerechnet.
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In der aktuellen Woche hat sich das bereits stark ausgewirkt: Baauers „Harlem Shake“, ein YouTube-Hit mit 103 Millionen Klicks in nur einer Woche und zahlreichen Nachahmervideos hat es prompt auf Platz eins geschafft. Von diesem Topranking wäre der Song mit der herkömmlichen Zählung meilenweit entfernt gewesen.
Hinweis
Am Freitagabend spielt Baauer im Wiener Flex - Beginn 22.00 Uhr, Abenkasse 15 Euro.
Erstmals aufgetaucht war der Track Anfang 2012 auf Soundcloud. Das schottische Label LuckyMe nahm den New Yorker Produzenten Baauer erst mit seinem Nachfolgetrack „Dum Dum“ unter Vertrag. Wie FM4 berichtet, kursierte „Harlem Shake“ aber weiter und weiter durch das Internet, und Anfang dieses Jahres brachte der Videoblogger und Comedian Filthy Frank gemeinsam mit drei seiner Freunde in Ganzkörperanzügen den Track an die Spitze der YouTube-Rankings - mehr dazu in fm4.ORF.at.
Nicht nur Newcomer profitieren
Der neue Schritt wurde auf der Billboard-Website verkündet. „Der Gedanke, dass sich ein Lied verkaufen muss, um ein Hit zu sein, fühlt sich für mich etwas veraltet an“, wurde „Billboard“-Chefredakteur Bill Werde in der „New York Times“ zitiert. Es gebe heute schließlich viele verschiedene Wege, dass ein Song zum Hit werde. Vor allem wird die neue Zählweise auch unbekannteren Künstlern ermöglichen, von einem Tag auf den anderen ein Star zu werden - wenn sie virale YouTube-Hits landen können.
Aber nicht nur Newcomer profitieren von der Regelung, wie man am Beispiel Rihanna sehen kann. Ihr Song „Stay“ war auf Platz 57 der Charts gewesen. Dann zeigte sie ihn bei der Grammy-Gala - und er schnellte auf Platz drei. Ob und wie verhindert werden kann, dass Plattenfirmen eigenes Personal beschäftigen, das dann auf YouTube-Videos klickt, um so den Stellenwert eines Künstlers zu verbessern und damit die Plattenverkäufe anzukurbeln, wurde nicht bekannt.
Was ein Hit ist, ändert sich
„Die Definition dessen, was ein Hit ist, verändert sich zurzeit stark“, sagt Werde. „Als die Charts vor 70 Jahren eingeführt wurden, war ein Hit das, was sich verkaufte und im Radio gespielt wurde. Das spielt heute auch noch eine Rolle, aber man muss nur zu Cee Lo, Gotye, Psy und jetzt Baauer schauen, um zu wissen, dass ein Song auch nur durch YouTube ein Riesenhit sein kann.“
In diversen Onlineforen von Musikmedien ist man sich einig: Der Schritt war mehr als überfällig, eigentlich kommt er Jahre zu spät. So war PSYs „Gangnam Style“ niemals auf Platz eins der Billboard Charts, obwohl der Song mit Sicherheit der größte Hit des Jahres 2012 war und das Video mehr angeklickt wurde als jedes andere in der Geschichte von YouTube.
Nicht alle freuen sich
Aber es gibt nicht nur positive Reaktionen. „The Atlantic Wire“ berichtet in einem Artikel von zahlreichen Künstlern, die ganz und gar nicht über die neue Regelung erfreut sind - nämlich jene, die recht erfolgreich sind, aber keine Smash-Hits auf YouTube landen. YouTube bezahlt zwar für Videos, die viele Werbegelder lukrieren, einen gewissen Anteil. Bei Abermillionen von Klicks läppert sich das - aber nicht beim durchschnittlichen Musikvideo.
Die Dead Kennedys etwa haben sich bei einer Musikmesse in San Francisco beschwert, dass nun die „Opportunisten im Internet von den Künstlern profitieren“ - aber eben nicht umgekehrt. Auch die erfolgreiche Indie-Band Grizzly Bear meinte, dass YouTube-Klicks finanziell kaum ins Gewicht fallen, wenn man bei den Klickraten nicht in Baauer- und Psy-Regionen vordringt.
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