Nur „1.000 Leiharbeiter“ gestellt
Nach tagelangem Schweigen meldet sich die involvierte österreichische Leiharbeitsfirma Trenkwalder zur Causa Amazon erstmals zu Wort und weist die Vorwürfe zurück. Der Internetversandhändler geriet nach einer ARD-Dokumentation über katastrophale Arbeitsbedingungen von Amazon-Leiharbeitern ins Kreuzfeuer der Kritik.
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Trenkwalder habe mit 1.000 Leiharbeitern nur „einen kleineren Teil“ der zusätzlichen Arbeitskräfte für das Amazon-Weihnachtsgeschäft gestellt, beteuerte das Unternehmen am Dienstagnachmittag in einer Stellungnahme. Amazon hatte im November von 10.000 zusätzlichen Aushilfskräften gesprochen.
„Mindestens gültiger Tariflohn“
Von den rund 1.000 Trenkwalder-Leiharbeitern seien von der deutschen Bundesagentur für Arbeit (BA) rund 60 Personen aus Spanien und Schweden in ihren jeweiligen Heimatländern angeworben worden und dann von Trenkwalder als Leihkräfte an Amazon vermittelt worden. „Daraus ergab sich für diese Mitarbeiter kein Nettolohn-Nachteil. Alle durch Trenkwalder an die Firma Amazon überlassenen Mitarbeiter erhielten mindestens den gültigen Tariflohn“, argumentiert der Konzern.
Dienstag kündigte Amazon die Zusammenarbeit mit einer weiteren Firma, die unter anderem für die Unterbringung der in der Weihnachtszeit eingesetzten Zeitarbeiter verantwortlich war. „Die Leistungen für Unterkunft, Verpflegung, Transport und Sicherheit wurden von der Firma Amazon direkt an andere Dienstleister vergeben. Diese Dienstleister haben keine geschäftlichen Verbindungen zu Trenkwalder“, so das Unternehmen mit Sitz in Niederösterreich.
Arbeitsministerium: Prüfung noch nicht ausgewertet
Das deutsche Arbeitsministerium hatte am vergangenen Donnerstag eine Sonderprüfung der Deutschland-Tochter von Trenkwalder eingeleitet. Die Sonderprüfung habe dann am 18. Februar stattgefunden, bestätigte die Leiharbeitsfirma. „Die Prüfung der Bundesagentur für Arbeit hat die öffentlich vorgebrachten Anschuldigungen nicht bestätigt“, so Trenkwalder in seinem Statement. Dem widerspricht das deutsche Arbeitsministerium: Der Bericht liege noch gar nicht vor - die Auswertung der Prüfung werde erst im Laufe der Woche vorliegen, sagte eine Sprecherin des Ministeriums für Arbeit auf Anfrage zur APA.
Von der Leyen droht mit Lizenzentzug
Die deutsche Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte in der „Welt am Sonntag“ Aufklärung über die Arbeitsbedingungen bei Amazon gefordert. „Der Verdacht wiegt schwer, deswegen müssen jetzt so schnell wie möglich alle Fakten auf den Tisch“, hatte sie in der Zeitung gemeint und der betroffenen Leiharbeitsfirma sogar mit Lizenzentzug gedroht. Am Montag bestätigte das deutsche Arbeitsministerium, dass Von der Leyen damit Trenkwalder gemeint hatte. Was es genau bedeuten würde, wenn Trenkwalder in Deutschland die „Lizenz“ verlieren würde, sagte die Sprecherin nicht. Es gelte, was die Ministerin gesagt habe.
Amazon beendet Zusammenarbeit mit H.E.S.S.
Der Internethändler Amazon trennte sich am Montag von der umstrittenen Sicherheitsfirma H.E.S.S., die unter anderem Wohnanlagen für Saisonkräfte in den deutschen Logistikzentren des Konzerns überwachte. Die ARD hatte berichtet, ausländische Mitarbeiter von Amazon seien von dem Sicherheitsdienst H.E.S.S. auf Schritt und Tritt kontrolliert worden.
Die Firma soll demnach Kontakte in die Neonazi-Szene haben. Mitarbeiter hätten Neonazi-typische Kleidungsmarken getragen, und der Geschäftsführer der Firma zeige sich auf Fotos im Internet mit verurteilten Rechtsextremen, berichteten die ARD-Journalisten. H.E.S.S. erklärte in einer Stellungnahme, es sei ein politisch und weltanschaulich neutrales Unternehmen und weise Verbindungen zum Rechtsextremismus zurück.
„Als verantwortungsvoller Arbeitgeber von rund 8.000 fest angestellten Logistikmitarbeitern hat Amazon eine Null-Toleranz-Grenze für Diskriminierung und Einschüchterung - und wir erwarten das Gleiche von allen Unternehmen, mit denen wir arbeiten“, hieß es am Montag vonseiten des Unternehmens. Weitere Fragen zu den Arbeitsbedingungen beantwortete Amazon zunächst nicht.
Wallraff: „Wie Leibeigene“
Der deutsche Enthüllungsjournalist Günter Wallraff warf Amazon am Montag „grausamste Arbeitsbedingungen“ vor. Das betreffe vor allem Saison- und Leiharbeiter. „Über die Arbeiter wird verfügt wie über Leibeigene“, sagte Wallraff der Nachrichtenagentur dpa in Köln. Aus Zuschriften von Betroffenen gehe hervor, dass diese von Kameras überwacht, schon bei kleinen Verschnaufpausen zum Vorgesetzten zitiert würden und mit Repressalien rechnen müssten. In Einzelfällen durften Wallraff zufolge Medikamente, die etwa Diabetiker brauchten, nicht ins Lager mitgenommen werden.
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