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24.000 Helfer im Einsatz

Zwei Tage nach dem Meteoriteneinschlag in Russland haben Tausende Einsatzkräfte bei eisiger Kälte die Aufräumarbeiten in der betroffenen Region Tscheljabinsk am Ural-Gebirge fortgesetzt. An mehr als 1.700 der fast 5.000 beschädigten Gebäude des Gebiets seien Verglasungsarbeiten erledigt worden, teilte die regionale Zivilschutzbehörde am Sonntag mit.

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Demnach waren zur Beseitigung der Schäden nach dem Einschlag des Himmelskörpers vom Freitag weiter rund 24.000 Menschen im Einsatz - bei Temperaturen um die minus 20 Grad. Über der mehr als eine Million Einwohner zählenden Stadt Tscheljabinsk und der gleichnamigen Region war der Meteorit am Freitag mit einem grellen Blitz und einer Druckwelle explodiert. Laut Katastrophenschutzbehörde wurde keine erhöhte Radioaktivität festgestellt.

Schäden in Millionenhöhe

Laut dem Gouverneur des Gebiets Tscheljabinsk, Michail Jurewitsch, sei die Lage mittlerweile unter Kontrolle. Insgesamt seien nach der Katastrophe vom Freitag durch Schäden an den Gebäuden rund 100.000 Menschen betroffen. Der Gesamtschaden liege bei etwa einer Milliarde Rubel (rund 25 Mio. Euro).

Frau kehrt Glasscherben zusammen

APA/EPA/Sergei Ilnitsky

Auch an vielen öffentlichen Gebäuden, wie hier einer Sporthalle, gab es Schäden

„Allein die Renovierung der Eishalle wird wohl 200 Millionen Rubel kosten“, sagte der Politiker. Die Einsatzkräfte hatten alle Hände voll zu tun, um bei Temperaturen um die minus 20 Grad die fensterlosen Gebäude wieder winterfest zu machen. In Krankenhäusern etwa behalfen sich die Menschen mit Wärmefolien, um die Fenster provisorisch abzudichten.

Suche nach Meteoritenresten eingestellt

Nach Angaben der Gesundheitsbehörden suchten erneut rund 90 Menschen nach der Naturkatastrophe medizinische Hilfe. Angaben zu den Beschwerden machten die Mediziner zunächst nicht. Die Zahl der Verletzten wurde nun mit 1.240 angegeben, wie die Agentur Itar-Tass meldete. Demnach lagen in dem Gebiet noch 40 Menschen in Krankenhäusern.

Die Behörden stellten indes ihre Suche nach Überresten des Himmelskörpers am Sonntag ein. Die im zugefrorenen Tschebarkul-See nahe Tscheljabinsk eingesetzten Taucher seien abgezogen worden, sagte ein Sprecher des Katastrophenschutzministeriums in Moskau. Die Taucher hatten dort nach Teilen des am Freitag niedergegangenen rund zehn Tonnen schweren Meteoriten gesucht. Ein Loch im Eis von etwa acht Metern Durchmesser sei aber offenbar nicht auf den Meteoriten zurückzuführen, sagte der Sprecher.

Menschen stehen bei Loch in Eisdecke von See

APA/EPA/Russisches Innenministerium

Suche am Rand des acht Meter breiten Loches im Eis

30-mal schneller als eine Concorde

Bei seinem Eintritt in die Erdatmosphäre explodierte der Meteorit mit der Kraft von 20 Atombomben. Augenzeugen berichteten von Lichtblitzen und einem Feuerball, der sekundenlang am Himmel zu sehen war. Dann folgte eine Druckwelle, die Tausende Gebäude beschädigte. Damit war es der größte bekannte Meteoriteneinschlag seit 1908, als in Tunguska in Sibirien rund 80 Mio. Bäume von einem Einschlag umgeworfen wurden.

Vermutliches Fragment des Meteoriten

Reuters/Russisches Innenministerium

Bisher fanden die Wissenschaftler nur kleinste Stücke des Meteoriten

Der Meteorit war um 9.20 Uhr Ortszeit (4.20 Uhr MEZ) am Himmel erschienen. Im Internet verbreitete Aufnahmen von Amateurfilmern zeigten ein aus Nordosten eintretendes Objekt, das sich mit einem Schweif Richtung Südwesten über den wolkenlosen Himmel bewegte. Die NASA geht davon aus, dass der Meteorit mit rund 15 Metern in etwa so groß wie ein Bus war und rund 7.000 Tonnen wog. Er dürfte in einer Höhe von 20 Kilometern explodiert sein. Mit 65.000 Kilometern pro Stunde war er 30-mal so schnell wie eine Concorde. Der Auftreffwinkel sei mit weniger als 20 Grad recht flach gewesen.

Die amerikanischen Experten haben die Umlaufbahn des Himmelsbrockens berechnet und veröffentlicht. Demnach kreuzte er auch die Bahnen von Merkur und Venus und kam dem Mars sogar recht nahe. Erst mit der Erde kollidierte er dann. „Einige tausend Meteoriten treffen jeden Tag die Erde. Die große Mehrheit geht aber über Ozeanen und unbewohnten Gebieten nieder oder wird im Tageslicht gar nicht gesehen.“

„Relativ kleines Ereignis“

Der Impakt-Experte und Direktor des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien, Christian Köberl, bezeichnete den Einschlag als „relativ kleines Ereignis“. Der Zwischenfall zeige deutlich, „dass wir selbstverständlich im dauernden Kugelhagel der Meteoriten und Asteroiden im Sonnensystem stehen und dass die Erde keinen Schutzschild hat“, sagte Köberl - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Karte von Russland

APA/ORF.at

Die vom Meteoritenschauer besonders stark betroffene Region Tscheljabinsk

Kein Zusammenhang mit Asteroiden

Der Einschlag hat nach Angaben von Weltraumexperten nichts mit dem Asteroiden „2012 DA14“ zu tun, der am Freitagabend knapp an der Erde vorbeiraste. „Das ist etwas völlig anderes“, sagte ein Sprecher der europäischen Weltraumorganisation (ESA) auf Anfrage. NASA-Experte Dante Lauretta versicherte, der Asteroid bleibe in sicherer Entfernung.

Und trotzdem waren die 27.800 Kilometer Abstand am erdnächsten Punkt fast so etwas wie ein kosmischer Streifschuss. Die geostationären Satelliten, die zum Beispiel Telefongespräche oder Fernsehen übertragen, sind deutlich weiter weg. Der Mond ist sogar rund 15-mal so weit entfernt, wie „2012 DA14“ es am Freitagabend war.

Der Asteroid bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von 28.600 Kilometern pro Stunde fort. Hätte er - nach NASA-Angaben 45 Meter breit und 130.000 Tonnen schwer - tatsächlich die Erde getroffen, wären die Folgen verheerend gewesen. „Würde dieses Objekt beispielsweise aus Eisen bestehen und mit unserem Planeten zusammenstoßen, könnte es einen Krater verursachen, der mit dem 1,5 Kilometer großen Meteorkrater bei Flagstaff, Arizona, zu vergleichen wäre“, sagte der Verantwortliche für erdnahe Objekte bei der ESA, Detlef Koschny.

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