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Druck ließ Fenster bersten

Beim Einschlag eines Meteoriten im russischen Ural im Gebiet Tscheljabinsk wurden offenbar viel mehr Menschen verletzt als zuerst angenommen. Bis zu 1.000 Menschen seien zu Schaden gekommen, darunter über 100 Kinder, hieß es am Freitag vonseiten der Behörden. Insgesamt seien in zumindest sechs Städten in der Region rund 1.500 Kilometer östlich Moskaus Schäden an Gebäuden festgestellt worden.

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Die Behörden sprachen abweichend von einem Meteoritenabsturz oder Meteoritenschauer. Der Einschlag war demnach um 7.30 Moskauer Zeit (4.30 Uhr MEZ). Nach Experteneinschätzung raste der Meteorit mit extrem hoher Geschwindigkeit Richtung Erde. Nach Eintritt in die Atmosphäre dürfte er mit einer gewaltigen Druckwelle explodiert sein.

Verletztenzahl laufend nach oben korrigiert

Erst war man von einigen wenigen Verletzen ausgegangen: Das Katastrophenschutzministerium hatte erklärt, dass Gesteinsfragmente lediglich in kaum bewohnten Gegenden in der Region von Tscheljabinsk eingeschlagen seien. Offenbar waren aber auch zahlreiche Häuser betroffen - Dächer und Scheiben wurden zertrümmert. Nachrichtenagenturen zitierten mehrere Zeugen, die von heftigen Explosionen, Lichtblitzen und Rauchwolken in der Region berichteten.

Viele dachten demnach, ein Flugzeug sei am Himmel explodiert. In der Bevölkerung sei Panik ausgebrochen. Die meisten Verletzten würden wegen Schnitten und Prellungen behandelt, berichtete die Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf die Polizei. Der Meteorit selbst sei in den See Tschebarkul rund 80 Kilometer westlich der Stadt Tscheljabinsk gefallen, teilte die Gebietsverwaltung mit.

Karte von Russland

APA/ORF.at

Die vom Meteoritenschauer besonders stark betroffene Region Tscheljabinsk

Putin sichert rasche Hilfe zu

Der russische Präsident Wladimir Putin ordnete nach dem Meteoriteneinschlag rasche Hilfe für die Verletzten in der Region Tscheljabinsk an. Besonders wegen der Eiseskälte müssten die beschädigten Gebäude umgehend wieder winterfest gemacht werden. Das sagte Putin am Freitag bei einem Treffen mit Katastrophenschutzminister Wladimir Putschkow, das im Staatsfernsehen gezeigt wurde. Der genaue Schaden an Industrieanlagen, Schulen und Kindergärten sowie anderen Gebäuden müsse erst ermittelt werden.

Außerdem solle geklärt werden, was in der Region genau passiert ist, meinte Putin. Astronomisch sei der Vorfall für Experten von Interesse wegen eines möglichen Frühwarnsystems und für den rechtzeitigen Schutz der Bürger. Zur Überwachung der Lage in der Region stellte das Katastrophenschutzamt 20.000 Einsatzkräfte sowie Flugzeuge und Hubschrauber zur Verfügung. Atomanlagen der Gegend seien nicht betroffen, teilte der Staatskonzern Rosatom laut Agenturberichten mit.

Auch Schule getroffen

Auf zahlreichen Amateurvideos im Internet waren grelle Lichtblitze am Himmel zu sehen, wie etwa in diesem YouTube-Video. Teile des Meteoriten seien auch in eine Schule von Tscheljabinsk eingeschlagen. Auch dort seien Menschen durch zerborstenes Glas verletzt worden. Ernste Folgen gab es demnach aber nicht. Behörden ordneten jedoch die Schließung aller Schulen in der Region an, weil in zahlreichen Gebäuden die Fensterscheiben zerbrochen waren und die Temperaturen in Zentralrussland bei minus 18 Grad liegen.

Zerstörte Fenster in einer Schule

Reuters/Spetszakaz

Nachdem eine Schule von einem Meteoriten getroffen wurde, wurden alle Schulen in der Region geschlossen

Kein Zusammenhang mit Asteroid

Der Einschlag hat nach Angaben deutscher Weltraumexperten nichts mit dem Asteroiden zu tun, der am Freitagabend knapp an der Erde vorbeirasen wird. „Das ist etwas völlig anderes“, sagte ein Sprecher der Europäischen Weltraumagentur (ESA) Freitagfrüh auf Anfrage. „Flugbahn und Ort des Aufschlages sprechen dagegen.“ Vorher erkennen ließen sich abstürzende Meteoriten von geringer Größe laut ESA-Ingenieur Rainer Kresken nur schwer. „So ein Objekt, wie da in Russland runtergekommen ist - das maximal vielleicht einen Meter groß war, würde ich schätzen, oder zwei -, ist mit den heutigen Mitteln der Technik vorher praktisch nicht zu entdecken“, so Kresken gegenüber dem Fernsehsender n-tv.

Der Impakt-Experte und Direktor des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien, Christian Köberl, bezeichnete den Einschlag als „relativ kleines Ereignis“. Der Zwischenfall zeige deutlich, „dass wir selbstverständlich im dauernden Kugelhagel der Meteorite und Asteroiden im Sonnensystem stehen und dass die Erde keinen Schutzschild hat“, sagte Köberl - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

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