Faymann lässt prüfen
Österreich gilt innerhalb der EU als eines der Schlusslichter bei der Transparenz der öffentlichen Verwaltung. Experten und Politiker sehen dringenden Reformbedarf. Doch wie genau ein Transparenzgesetz aussehen soll und was es beinhalten darf, ist wieder einmal ein Zankapfel innerhalb der Koalition. Vor allem ein Vorschlag von Staatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) sorgt in der SPÖ für Ärger.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Kurz ließ der Regierung über die Tageszeitung „Kurier“ seine Idee für mehr Transparenz ausrichten. „Alles, was aus Steuergeld finanziert wird, muss offengelegt werden, bis auf den letzten Cent“, forderte Kurz und appellierte für einen „gläsernen Staat statt gläserner Bürger“. Herzstück ist für ihn eine Zweckwidmung für Steuern. Er könne sich darüber auch eine Volksabstimmung vorstellen, sagte Kurz dem „Kurier“ in einem weiteren Interview am Dienstag.
Steuern mit einem Mausklick widmen
Mehr Transparenz ist seit einem Jahr ein zentrales Thema im Demokratiepapier der Jungen ÖVP. Derzeit läuft im Finanzministerium ein Pilotprojekt über Finanz Online, bei dem alle, die dieser Tage ihre Arbeitnehmerveranlagung online machen, entscheiden sollen, wo ihr Steuergeld künftig hinfließen soll, wie der „Kurier“ am Sonntag berichtete. Über Details hält sich Finanzministern Maria Fekter (ÖVP) noch bedeckt.
Österreich Schlusslicht
Das im Vorjahr veröffentlichte „Right to Information“-Raking listet Österreich unter 93 Ländern auf dem letzten Platz. Verglichen wurden die Rechtslagen der einzelnen Länder. Spitzenreiter waren Serbien, Indien und Slowenien.
Bei der SPÖ löste diese Idee wenig Freude aus. Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) hält die Forderung nach einer Volksabstimmung überhaupt für „blanken Populismus“. Das Steuersystem sei hochkomplex und daher nicht gut für eine Volksabstimmung geeignet. Pilotprojekte wie jenes des Finanzministeriums für eine Steuerzweckwidmung hält er nicht für sinnvoll: „Ich glaube, das war ein kleines Valentinstagsgeschenk an die Junge Volkspartei, aber nicht finanzpolitisch ernst zu nehmen.“
„Vorschlag unausgegoren“
Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hält mehr Transparenz für „sicher nicht schlecht“. „Der Staatssekretär hat einen ersten Vorschlag vorgelegt, der ist aber noch sehr unausgegoren“, so Heinisch-Hosek. Grundsätzlich ist aber auch die SPÖ an dem Thema interessiert. „Eine Bewegung wird’s hier sicher geben, und zwar zu Recht“, sagte Kanzler Werner Faymann (SPÖ) am Dienstag nach dem Ministerrat. Derzeit prüfe der Verfassungsdienst, ein erstes Ergebnis werde in zwei Wochen vorliegen, so Faymann.
Eine wesentliche Frage ist dabei auch das Amtsgeheimnis, wobei hier auch innerhalb der SPÖ Stimmen für eine Abschaffung laut werden. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim begrüßte den Vorstoß von Kurz und drängt auf ein „Informationsfreiheitsgesetz“, mit dem das Amtsgeheimnis deutlich zurückgedrängt würde. Ein „Umdrehen des Amtsgeheimnisses“ sei „längst überfällig“, so Jarolim.

APA/Herbert Neubauer
Kurz will Ideen der Jungen ÖVP in der Regierung durchsetzen
Kurz zeigte sich hingegen erfreut, dass es beim Thema Transparenz Bewegung gibt. Auch er wolle gerade bei diesem Thema keinen „Husch-Pfusch“, versicherte Kurz. Die Erfahrungen in anderen Ländern würden zeigen, dass es hierfür einen ordentlichen Vorbereitungsprozess benötige. Nachdem es das größte Misstrauen gegen die Politik auf Bundesebene gibt, solle man hier für Transparenz sorgen. In den Kommunen wüssten die Steuerzahler eher, was mit ihrem Geld passiert.
BZÖ, Grüne gesprächsbereit, FPÖ kritisch
In der Opposition wird das Thema kontrovers diskutiert. Das BZÖ begrüßte Kurz’ Initiative. Österreich sei das letzte Land der alten EU-15, in dem das Amtsgeheimnis Verfassungsrang habe und ein Informationsfreiheitsgesetz fehle, kritisierte BZÖ-Chef Josef Bucher am Montag in einer Aussendung und kündigt einen entsprechenden Antrag im Nationalrat an. Auch die Grünen zeigten sich mit allen Parteien gesprächsbereit. „Jetzt gilt es Nägel mit Köpfen zu machen“, sagte Justizsprecher Albert Steinhauser am Dienstag in einer Aussendung
Als „weitgehend unausgegoren, nicht durchgedacht und überdies weitgehend unglaubwürdig“ sieht FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl dagegen die Unterstützung für ein Informationsfreiheitsgesetz. Kickl spricht von „Effekthascherei“. Er befürchtet, dass mit einem „unausgegorenen Transparenzansatz“ die Privatsphäre und das Eigentum „massiv gefährdet“ werden könnten.
Links: