Kursmanipulation beschäftigt Gericht
Die Telekom-Austria-Kursaffäre wird seit Montagfrüh am Wiener Straflandesgericht verhandelt. Fünf Angeklagte stehen vor Gericht: der damalige Vorstand der Telekom Austria (TA), Heinz Sundt, Ex-Festnetzvorstand Rudolf Fischer und Ex-Finanzvorstand Stefano Colombo, der frühere TA-Manager Josef Trimmel und der Euro-Invest-Bankier Johann Wanovits.
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Die Anklage wirft ihnen Untreue vor, es drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis. Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. Wanovits soll mittels Geldern der TA bestochen worden sein, um den Kurs der TA-Aktie im Februar 2004 hochzutreiben, damit ein Mitarbeiteraktienoptionsprogramm ausgelöst wurde, so der Vorwurf.

APA/Barbara Gindl
Rudolf Fischer und Heinz Sundt im Jahr 2000
Drei Teilgeständnisse
Laut Staatsanwalt Hannes Wandl gab es zu Beginn des Prozesses drei Teilgeständnisse. Sie sollen von Fischer, Trimmel und Wanovits stammen. Gleich zu Beginn der Verhandlung wies Richter Michael Tolstiuk die Angeklagten darauf hin, dass ein Geständnis „ein wesentlicher Milderungsgrund“ sei. Der Sitzungssaal 203 im Wiener Landesgericht war zu Beginn des Untreueverfahrens bis auf den letzten Platz gefüllt. Als erster kam der damalige TA-Finanzvorstand Colombo. Er blieb vor Journalisten ebenso schweigsam wie seine Mitangeklagten. Lediglich Sundt, sagte, er habe keinen Kurs manipuliert.

APA/Telekom Austria Group
Gernot Schieszler, hier auf einem Bild von 2011, arbeitet mit der Justiz zusammen
Schadenersatzforderungen an Schieszler
Staatsanwalt Wandl warf den Angeklagten vor, durch die Ausschüttung einer Prämie an Wanovits aus dem Geldbestand der TA erst die Kursmanipulation ermöglicht zu haben. Dass überhaupt Anklage erhoben werden konnte, sei durch die Aussagen des Ex-TA-Mangers Gernot Schieszler möglich geworden, der von Beginn an eine Kronzeugenregelung anstrebte. Schieszler ist aber noch nicht aus dem Schneider, auf ihn könnten noch Schadenersatzansprüche der TA zukommen. Der teilstaatliche Konzern hat sich dem Verfahren als Privatbeteiligter angeschlossen. Laut Wandl betrug der Schaden für die TA 10,63 Mio. Euro.
Die Affäre um den Kurssprung der TA-Aktie hat viele Facetten. So wirft sie etwa auf die Finanzmarktaufsicht (FMA) ein schlechtes Licht. Schon kurz nach dem Kurssprung in letzter Minute hatte die FMA die Vorgänge untersucht. Obwohl in den Medien die ominöse Kursentwicklung umfangreich thematisiert wurde, konnte die FMA keine Auffälligkeiten entdecken. Die Verbindung zur TA wurde nicht aufgedeckt.
Mehr als eine Geldstrafe für die ausgeforschte Euro Invest, die den Kurs am 26. Februar 2004 kurz vor Börsenschluss nach oben getrieben hatte, kam jedoch nicht heraus. Der von der FMA im August 2004 ausgestellte Strafbescheid über 12.000 Euro wegen Schädigung des Ansehens der Wiener Börse wurde letztlich vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben.
Bei Immofinanz-Ermittlungen entdeckt
Aufgeflogen ist die Kursaffäre erst in indirekter Folge der Immofinanz-Ermittlungen: Damals wurden bei Hausdurchsuchungen im Bereich der Immofinanz/Constantia Privatbank Zahlungen an den Lobbyisten Peter Hochegger entdeckt. Diese Belege brachten die BUWOG-Affäre um Korruptionsverdacht bei der Privatisierung von Bundeswohnungen ins Rollen. Hausdurchsuchungen bei Hochegger wiederum deckten die TA-Kursaffäre - und zahlreiche weitere mutmaßliche Korruptionsaffären - auf.
Hochegger ist nicht Mitangeklagter, sondern Zeuge. Gegen den umtriebigen Lobbyisten ist in Zusammenhang mit diesen Transaktionen ein Strafverfahren anhängig, wobei ihm noch weitere Malversationen zur Last gelegt werden, weshalb er diesbezüglich zur besseren Darstellbarkeit abgesondert verfolgt wird, hieß es vonseiten der Staatsanwaltschaft.
„Risikoprämie“ auf abenteuerlichen Pfaden
Die Vorgänge stellen sich laut dem jüngsten Stand der Eingeständnisse und Medienberichte nun wie folgt dar: Als den TA-Vorständen klar wurde, dass der Aktienkurs womöglich nicht die für ein Mitarbeiteroptionenprogramm notwendige Höhe erreichen würde, suchten sie Investoren. Wanovits war für eine finanzielle Gegenleistung bereit, in letzter Minute den Kurs hinaufzutreiben. Diese „Risikoprämie“ wurde offenbar auf teils abenteuerlichem Weg ausbezahlt.
Rund eine halbe Million Euro sollen Schieszler und Trimmel in bar an Wanovits überreicht haben. Das Geld wurde von Hochegger geholt und dann an Wanovits übergeben. Die Geldübergabe fand demnach in einer ruhigen Seitengasse am Wiener Naschmarkt statt. Schieszler und Trimmel sollen sich noch selber Geldscheine genommen haben - die Höhe sei nicht mehr feststellbar, so die Anklage.
Neben Bargeldübergaben flossen an den Broker auch Gelder über den Umweg Hochegger. Für diverse „Studien“ gingen fast 400.000 Euro von Hocheggers Valora an Wanovits. Eine der „Studien“, über „Investitionsmöglichkeiten in erneuerbare Energien und alternative Investments“ war ursprünglich von einem TA-Mitarbeiter verfasst worden. Auch dieses Geld zahlte ursprünglich die TA an Hochegger, der es verbuchte, versteuerte und sich eine Prämie abzog. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
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