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Stilles Massenverkehrsmittel

Es gibt ein Massenverkehrsmittel, das nicht mehr wegzudenken ist. Jeden Tag befördert es Hunderte Millionen Menschen und ist sicherer als Flugzeug oder Bahn - und umweltschonender sowieso: Das Kulturphänomen Rolltreppe feierte im Jänner ihr 120. Jubiläum. Nahezu unbeachtet verrichtet sie im alltäglichen Verkehr in U-Bahn-Stationen, an Flughäfen und in Kaufhäusern ihren Dienst.

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Die Fahrtreppe, wie sie offiziell heißt, ist nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Als die erste Rolltreppe am 16. Jänner 1893 in New York losratterte, war es streng genommen gar keine Treppe. Die 13 Meter lange Bahn war eine glatte Fläche und glich eher einem Fahrsteg, wie heute auf Flughäfen zu finden, oder einem Fließband. Eisenbahnreisende an der New Yorker Cortland Station gelangten darauf in das nächste Stockwerk. Die Kritik damals lautete deshalb: Der Mensch würde zum Stückgut degradiert.

Erste Rolltreppe laut und gefährlich

Leise war das damalige „Rollband“ noch nicht. Eher laut, langsam und groß, aber hatte schon alles, was eine moderne Rolltreppe auch hat, inklusive der Treppensegmente und des sich mitbewegenden Handlaufs - auch wenn dessen Holzteile die Gefahr bargen, dass man sich die Finger klemmte.

Die meisten Teile sind heute aus Metall und Gummi, aber das Prinzip ist das Gleiche. Und war die erste Rolltreppe noch etwas Besonderes und die zweite gar eine Jahrmarktsattraktion - bald war sie etwas Selbstverständliches. Heute ist eine Rolltreppenfahrt so aufregend wie das Anknipsen des elektrischen Lichts.

Moskau hat die Längste

Rolltreppen kommen in unterschiedlichen Längen vor. In Hongkong gibt es eine, deren Segmente zusammen fast 800 Meter lang sind und die als Nahverkehrsmittel fungiert - morgens in die eine, abends in die andere Richtung. Die längste Rolltreppe der Welt befördert jeden Tag Tausende Moskauer über 126 Meter in die Tiefe an der Station „Siegesplatz“ zur Linie 3.

Die kürzeste hingegen ist in Kawasaki in Japan: gerade einmal fünf Stufen und 83 Zentimeter. Es gibt sogar Wendelrolltreppen. Und zwar ganz flotte. Normalerweise sind die Fahrtreppen zwei bis drei Kilometer in der Stunde schnell, doch in Paris schafft eine fast neun Kilometer. Eine Plauderei beim Treppengehen gibt es da kaum.

Sicherheitsmaßnahmen gegen Unfälle

Rolltreppen sind sicher, doch Unfälle kommen vor, sogar tödliche. Als im Juli 2011 eine Rolltreppe in Peking plötzlich die Richtung wechselte, stürzten mehrere Menschen ab, ein 13-Jähriger starb. 2005 wurde ein Mann von seinem Pullover erdrosselt, der sich in der Mechanik verfangen hatte. Nicht umsonst haben indische Rolltreppen spezielle Vorrichtungen, um die langen Saris der Frauen zu schützen.

Der schlimmste Rolltreppenunfall ereignete sich 1987, als in London ein Raucher trotz Rauchverbots ein Streichholz auf die Rolltreppe warf. Diese war noch aus Holz und getränkt von Schmierfett. Das Feuer breitete sich rasend schnell aus, und die Behörden befürchteten zunächst einen Anschlag. Doch es waren pure Dummheit und Ignoranz eines Einzelnen, die für 31 Menschen den Tod bedeutete.

„Wenn sie nicht funktioniert, ist sie eine Treppe“

Und dennoch sind Rolltreppen das stille, sichere Transportmittel. Das beste an ihnen: Auf einer Rolltreppe kann niemand - wie im kaputten Aufzug - feststecken oder im Brandfall gefangen sein. Denn wie sagte der amerikanische Komiker Mitch Hedberg: „Eine Rolltreppe kann eigentlich nie kaputtgehen. Wenn sie mal nicht funktioniert - dann ist sie eben eine Treppe.“