Weniger als zwei Gramm pro Tag
Bluthochdruck (Hypertonie) gehört weltweit zu den heimtückischsten chronischen Leiden. Die Patienten wissen meist über Jahre nicht, dass sie überhaupt Patienten sind: Es verursacht keine Beschwerden im Alltag oder Schmerzen, doch die Gefahr für Herzinfarkte oder Schlaganfälle steigt um ein Vielfaches. Besonders alarmierend ist, dass bereits immer mehr Kinder unter Bluthochdruck leiden.
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Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat deshalb in ihrer am Donnerstag veröffentlichten aktuellen Richtlinie zur Einnahme von Natrium erstmals auch für Kinder Empfehlungen abgegeben. „Bluthochdruck ist weltweit der häufigste Grund für Todesfälle oder Behinderungen“, warnte WHO-Direktor für Ernährung, Francesco Branca. Mit einer Einschränkung des Salzkonsums erhoffe man sich die steigende Zahl an chronischen Erkrankungen einzudämmen.
Studien an Kindern selten
Die meisten Studien zu Bluthochdruck werden mit Erwachsenen gemacht. Die Ergebnisse sind dabei eindeutig: Wird die Salzzufuhr reduziert, sinkt auch der Blutdruck. Als zulässige Obergrenze wurde von der WHO bisher eine Menge von zwei Gramm Natrium und pro Tag festgelegt. Das entspricht einer Menge von fünf Gramm Speisesalz. In der aktuellen Richtlinie wurde nun ein „weniger als“ vor die Mengenangaben gestellt. Damit stellen die fünf Gramm Salz die absolute Obergrenze dar.
Auch bei Kindern wird erhöhter Salzkonsum mit Bluthochdruck, Osteoporose, Asthma, Magenkrebs und Übergewicht in Zusammenhang gebracht, wissenschaftliche Belege dafür gibt es jedoch nur wenige. Die WHO bezieht sich auf neun Studien, die die Wirksamkeit einer salzarmen Diät bei Kindern und Jugendlichen zwischen fünf und 15 Jahren untersuchten. Die Studien wurden in Australien, Europa und den USA durchgeführt. Eine Metaanalyse zeigt, dass eine Reduktion von Salz den systolischen wie auch diastolischen Blutdruck deutlich senkt. Die WHO hält es zudem für zulässig, Ergebnisse von Untersuchungen an Erwachsene auf Kinder umzulegen, sobald deren Nierenfunktion voll ausgebildet ist.
Suppenwürfel als „Salzbomben“
Die Empfehlungen sind abhängig von Alter, Gewicht und Größe des Kindes und seinem Energiebedarf. Aber allem die Berechnung des Energiebedarfs ist mitunter schwierig, da Neunjährige bereits bis zu 2.000 kcal pro Tag brauchen, was dem Wert einer erwachsenen Frau entspricht. Als Referenzwert empfiehlt die WHO, auf nationale Energietabellen zurückzugreifen, jedoch die empfohlenen zwei Gramm Natrium nicht zu übersteigen. Bisher lagen nur Angaben vom britischen Scientific Advisory Commitee on Nutrition (SACN) vor, das für Kinder im Schnitt eine Natriumaufnahme von 1,4 g empfiehlt, das entspricht 3,5 g Salz.
Aber sobald Kinder normal mit der Familie mitessen, übersteigt ihre Salzaufnahme rasch die empfohlenen Grenzwerte, warnen die Wissenschaftler. Natrium kommt zwar auch in geringen Mengen in Milchprodukten oder Eiern vor, deutlich höher ist jedoch der Gehalt in Fertigprodukten. Spitzenreiter sind laut WHO-Liste Suppenwürfel, Sojasauce, Speck und Knabberzeug wie Brezeln, Chips oder Popcorn. 100 Gramm Speck oder Brezeln enthalten meist fast so viel Salz wie die empfohlene Tagesdosis eines Erwachsenen, warnt die WHO.
Jeder Dritte leidet unter Bluthochdruck
„Die erfolgreiche Umsetzung der Empfehlungen hätte einen großen Einfluss auf die öffentlichen Gesundheitssysteme durch die Reduktion von tödlichen Krankheiten, die Verbesserung der Lebensqualität von Millionen Menschen und deutliche Verringerung der Gesundheitskosten“, erklärte die WHO. Ihre Empfehlungen würden bis 2017 evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden.
Weltweit leiden mehr als eine Milliarde Menschen unter Hypertonie. Laut WHO sind bei jedem dritten Erwachsenen die Werte zu hoch. Bluthochdruck ist jedes Jahr für 7,6 Millionen vorzeitige Todesfälle verantwortlich, in Europa liegt der Anteil der an Bluthochdruck Verstorbenen an der Gesamtzahl an Sterbefällen bei 35 Prozent.
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