Abgabe auf alle Finanztransaktionen
Die Idee der Finanztransaktionssteuer geht auf den US-Ökonomen James Tobin zurück. Der Wirtschaftswissenschaftler brachte 1972 eine Abgabe auf alle grenzüberschreitenden Devisenspekulationen ins Spiel. Er schlug damals einen Steuersatz von einem Prozent vor.
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Vor allem Globalisierungskritiker fordern seit Jahren eine Spekulationssteuer - sie sprechen von 0,1 bis 0,25 Prozent. Die Idee dieser „Tobin-Tax“ war auch einer der zentralen Gedanken bei der Gründung des Netzwerks ATTAC. Im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise, die auf die Pleite der US-Großbank Lehman Brothers im September 2008 folgte, flammte die Debatte über eine Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Krise wieder auf.
Erster Kommissionsvorschlag 2011
Die EU-Kommission hatte bereits 2011 eine Finanztransaktionssteuer in Europa zwischen 0,01 und 0,1 Prozent vorgeschlagen. Sie versprach EU-weit Einnahmen von etwa 57 Milliarden Euro jährlich. Eine Einigung aller 27 Mitgliedsstaaten kam bisher jedoch nicht zustande, weil manche Länder Schäden für ihre Finanzplätze befürchten - so will etwa Großbritannien seinen Finanzplatz London schützen und verweist auf seine bestehende „Stempelsteuer“, eine Börsenumsatzsteuer für bestimmte Finanzprodukte.
Die Staatengruppe um Deutschland und Frankreich beschloss daher, im Rahmen der „verstärkten Zusammenarbeit“ voranzuschreiten. Dafür bekamen sie nun die Zustimmung: Die Finanzminister aller 27 EU-Mitgliedsstaaten erlaubten das Vorhaben mit qualifizierter Mehrheit. Neben Deutschland und Frankreich wollen sich auch die Euro-Staaten Belgien, Estland, Griechenland, Spanien, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und die Slowakei beteiligen. Weitere Staaten können sich dem Vorhaben aber noch anschließen.
Eindämmung des Hochfrequenzhandels
Nach Ansicht des WIFO-Kapitalmarktexperten Thomas Url ist die von elf EU-Staaten geplante Finanztransaktionssteuer vor allem eine Maßnahme, um die Steuerbasis auf Vermögenstransaktionen auszuweiten. „Ich würde davon ausgehen, dass man Spekulationen damit nicht bekämpfen kann, denn Spekulanten lassen sich durch einen Steuersatz von 0,01 Prozent nicht abschrecken“, sagte Url.
Was die Steuer allerdings bewirken könnte, wäre eine Eindämmung des über spezielle Software abgewickelten Hochfrequenzhandels („Sekundenhandel“), der künftig weniger profitabel würde. Dramatische Kursstürze bei einigen Aktien durch Amokläufe solcher automatischer Handelsprogramme wären dann nicht mehr möglich, sagte Url. Es gebe auch Bestrebungen der EU-Kommission, die Zeitintervalle beim Hochfrequenzhandel zu vergrößern, dadurch käme diese Art des Handels ohnehin völlig zum Erliegen, so Url.
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