Nur die Börse ist skeptisch
Das grüne Licht der EU-Finanzminister für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in elf Ländern ist in Österreich auf überwiegend positive Resonanz gestoßen. Die Wiener Börse warnte allerdings vor möglichen Einschränkungen für die Unternehmensfinanzierung und sprach sich für die Belastung auch außerbörslicher Transaktionen aus.
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Für Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) ist der Beschluss „ein großer Durchbruch“. Nun werde auch der Banken- und Finanzsektor zur Kasse gebeten, um die Folgekosten der Wirtschafts- und Finanzkrise zu bewältigen. „Das ist gerecht und fair“, so Schieder. Weitergearbeitet werden müsse auch in den Bereichen Bankenunion und Finanzmarktregulierung.
Die SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner betonte, dass die Kommission rasch einen neuen Vorschlag präsentieren müsse. Dabei solle darauf geachtet werden, dass die Vorlage aus dem Jahr 2011 für eine EU-weite Finanztransaktionssteuer „nicht verwässert wird“. Regner sprach sich gegen Ausnahmen für Derivate, Devisenhandel und Pensionsfonds aus.
BZÖ: Geld zur Senkung der EU-Nettobeiträge
Für das BZÖ muss schleunigst an die Umsetzung gegangen werden. BZÖ-Chef Klubobmann Josef Bucher forderte aber, dass die Einnahmen nicht in „Pleitestaaten“ und maroden Banken verschwinden, sondern dafür genutzt werden, die Beiträge der Nettozahler ins EU-Budget zu verringern. „Österreichs Zahlungen an die EU müssen in dem Ausmaß anteilsmäßig sinken, in dem die EU Zusatzeinnahmen durch die Finanztransaktionssteuer lukriert.“
Grüne gegen Ausnahmen
Die Europasprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek, sagte, die EU-Kommission müsse zügig einen detaillierten Vorschlag für die Finanztransaktionssteuer vorlegen, der eine breite Bemessungsgrundlage und eine allgemeine Antimissbrauchsklausel enthalte. Wichtig sei, „dass dabei keine Ausnahmen für Pensionsfonds, Investmentfonds (UCITS) oder bestimmte Marktakteure eingeräumt werden“. Zudem gelte es den Druck auf die restlichen EU-Länder aufrechtzuerhalten, dem Projekt beizutreten. Schließlich gehe es darum, die Idee von James Tobin zu bewahren: Mindestens ein Teil der Ressourcen müsse in globale Gerechtigkeit fließen.
Leitl: Etappensieg
Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl begrüßte den Beschluss „als einen weiteren wichtigen Etappensieg im Hinblick auf die Bekämpfung schädlicher Spekulation“. Eine Finanztransaktionssteuer habe viele positive Effekte bei nur marginalen negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen, so Leitl.
„Die Transaktionssteuer ist ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der öffentlichen Haushalte und trägt außerdem dazu bei, die schädliche, kurzfristige Spekulation zu bremsen.“ Die Finanztransaktionssteuer sei wichtig und richtig, aber jeglicher weiterer Belastung durch neue oder höhere Steuern werde die Wirtschaft wie bisher „eine klare und unmissverständliche Absage“ erteilen.
Börse für Besteuerung außerbörslicher Transaktionen
Wiener Börse und Aktienforum wiesen darauf hin, dass die Finanztransaktionssteuer so konstruiert werden müsse, dass die Realwirtschaft möglichst wenig belastet werde. Unerwünschte Finanzmarkteffekte wie der zunehmende außerbörsliche Handel müssten verhindert werden, so die Wiener Börse. Beides könnte erreicht werden, indem der außerbörsliche Handel ausschließlich oder stärker besteuert werde.
Eine Finanztransaktionssteuer werde die Eigenkapitalaufbringung für Unternehmen erschweren, was die Investitionstätigkeit der Unternehmen und in weiterer Folge auch das Wirtschaftswachstum drosseln könne. Außerbörsliche Handelsplattformen erfüllten keine volkswirtschaftliche Aufgabe, da Börsengänge und Kapitalerhöhungen nur an geregelten Börsen möglich seien, so die beiden Vorstände der Wiener Börse, Birgit Kuras und Michael Buhl.
Aktienforum: „Schwerwiegende Folgen“
Der Präsident des Aktienforums, Robert Ottel, sagte: „In der vorliegenden Konzeption kann ich nur auf die schwerwiegenden Folgen für den österreichischen Kapitalmarkt und die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen hinweisen.“ Eine derartige Beschränkung des Kapitalverkehrs verteuere die Unternehmensfinanzierung, beeinträchtige die Investitionsdynamik und das Innovationstempo und schade dadurch der Wettbewerbsfähigkeit. Der Lenkungseffekt hin zu regulierten Märkten und weg von Spekulation werde zudem durch eine Finanztransaktionssteuer in der derzeitigen Konzeption nicht erreicht.
ATTAC für EU-weite Einführung
ATTAC Österreich kündigte an, man werde die Umsetzung kritisch beobachten. Die elf Mitgliedsstaaten müssten nun den Druck gegen den massiven Widerstand der Finanzindustrie für eine EU-weite Einführung erhöhen, sagte David Walch von ATTAC Österreich. Gefordert wird bei der Umsetzung unter anderem die flächendeckende Anwendung eines einheitlichen Steuersatzes etwa von 0,1 Prozent ohne Ausnahmen bei der Steuerbasis. Erfasst werden müssten auch außerbörsliche Transaktionen. Die Einnahmen sollten in erster Linie für internationale Armutsbekämpfung und Umweltschutz verwendet werden.
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