Themenüberblick
Erste Änderungen bereits 1963
Die Wehrpflicht wurde damals mit neun Monaten festgelegt. Die Planung für die Heeresorganisation war in der Folge aber weder vom finanziellen noch vom personellen Stand her umsetzbar. Als Schwachstelle zeigte sich mit der Ungarn-Krise 1956 zudem der Grenzschutz. Unter Verteidigungsminister Karl Schleinzer (ÖVP) kam es daher mit 1. Jänner 1963 zur ersten großen Reform.
Die bestehenden neun Brigaden wurden in sieben Einsatz- und zwei Ausbildungsbrigaden umgewandelt. Die territoriale Organisation versuchte man mit der Schaffung der Militärkommanden in jedem Bundesland zu stärken. Fünf Jahre später kam es unter Ressortchef Georg Prader (ÖVP) zu einer „Rationalisierung“ als Antwort auf die gesunkene Einsatzbereitschaft vieler Verbände. Einheiten wurden reduziert und zusammengelegt.
Wehrdienst wurde 1970 verkürzt
Dem Wechsel an der Regierungsspitze zu den Sozialdemokraten und Bruno Kreisky 1970 folgten die nächsten Reformen. Verteidigungsminister Johann Freihsler (SPÖ) setzte die im Wahlkampf versprochene Verkürzung des Wehrdienstes auf insgesamt acht Monate um. Diese Reform brachte auch die Umstellung auf das Milizsystem: Zwei der acht Monate waren als Waffenübung abzuleisten.
Ein Umbau der Organisation folgte unter Karl Lütgendorf (SPÖ) in den Jahren 1972 bis 1974. Neu waren letztlich das Armeekommando und zwei Korpskommanden in Graz und Salzburg. Die Ausbildungsregimenter wurden den Militärkommanden unterstellt, in den Bundesländern startete die Aufstellung von Landwehrabteilungen. Der Mobilmachungsrahmen wurde mit 150.000 Mann fixiert.
Armeekommando in Ministerium eingegliedert
Otto Rösch (SPÖ) gliederte 1978 das Armeekommando als Sektion III in das Ministerium ein. Das Landwehrkonzept wurde in der Heeresgliederung endgültig umgesetzt. Vereinbart wurde zudem, den Einsatzrahmen des Heeres in einer ersten Stufe auf 186.000 und später auf 300.000 Mann auszubauen. Diese zweite Stufe wurde aber nie umgesetzt.
Robert Lichal (ÖVP) legte 1987 den Rahmen neu auf 200.000 Mann fest. Das Heer sollte sich künftig auf die Verteidigung eines möglichst großen Basisraumes und das Führen eines Abwehrkampfes in Schlüsselzonen konzentrieren. Die folgenden Jahre brachten das Ende des Warschauer Paktes und damit des Kalten Krieges. Gleichzeitig zerfiel Jugoslawien, im Zuge der Slowenien-Krise 1991 musste das Bundesheer zur militärischen Sicherung der Grenzen ausrücken.
Fasslabend schaffte Armeekomando wieder ab
Im selben Jahr gab es unter Werner Fasslabend (ÖVP) wieder eine neue Struktur. Das Armeekommando wurde abgeschafft, der Generaltruppeninspektor dafür aufgewertet. In Baden wurde zusätzlich zu Salzburg und Graz ein drittes Korpskommando eingerichtet. Unter Fasslabend kam es als Folge der neuen Bedrohungslage aber auch zum Abschied vom Konzept der Raumverteidigung. Der Mobilmachungsrahmen wurde nunmehr inklusive Personalreserve mit 144.000 Mann festgelegt.
Auf diese „Heeresgliederung neu“ der Jahre 1992 bis 1994 folgte wenige Jahre später eine neuerliche Reform unter demselben Minister. 1998 wurde das Korps III mit Sitz in Baden wieder aufgelöst, der neue Mobilmachungsrahmen betrug nunmehr 110.000 Mann. Neu war auch die Bildung des Kommandos für internationale Einsätze, das aus dem Stab der früheren Panzergrenadierbrigade 9 und dem „Kommando Auslandseinsätze“ hervorging.
Reformen unter Scheibner
Auch unter Schwarz-Blau führte der Verteidigungsminister - Herbert Scheibner (FPÖ/BZÖ) - Reformen durch. Er setzte im Ministerium und bei den obersten Kommanden an, wirksam wurde die erste Reform im Dezember 2002. Aus dem Generaltruppeninspektor wurde ein Generalstabschef mit tatsächlicher Einbindung in die militärische Hierarchie. Die beiden Korpskommanden wurden durch ein „Kommando Landstreitkräfte“ ersetzt.
Das Kabinett Schüssel II setzte eine Reformkommission ein. Das 2005 unter Verteidigungsminister Günther Platter (ÖVP) eingeleitete Konzept „Bundesheer 2010“ enthielt u. a. eine Verkürzung der Wehrpflicht auf sechs Monate, eine Halbierung des Streitkräfteumfangs auf 55.000 Personen, eine Reduktion der Kasernen und eine Kürzung der Kommanden von sechs auf zwei. Das neue Streitkräftekommando ist für alle Einsätze im In- und Ausland zuständig und umfasst sowohl die Land- als auch die Luftstreitkräfte sowie die Spezialeinsatzkräfte. Dem Einsatzunterstützungskommando sind unter anderem militärmedizinische Einrichtungen, das Logistikregiment, das Heeressportzentrum und logistische Einrichtungen wie die Heeresmunitions- und Heeresbekleidungsanstalten unterstellt.
Bundesheer öffnete sich für Frauen
Eine Folge des Zerfalls des Ostblocks war der Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Ostgrenze, der am 4. September 1990 beschlossen wurde und zunächst zehn Wochen dauern sollte, am Ende aber 21 Jahre lang bestand. 1998 erfolgte ein weiteres wichtiges Ereignis: Das Heer wurde für Frauen geöffnet. 2002 bewältigte das Bundesheer beim Hochwasser in Niederösterreich mit über 10.000 Soldaten seinen größten Katastropheneinsatz.
2004 beendete die Bundesheer-Reformkommission unter der Leitung von Helmut Zilk ihre Arbeit und legte ein umfassendes Reformkonzept unter dem Titel „ÖBH 2010“ vor. Daraus resultierten mehrere Strukturänderungen, so übernahm 2006 das neue Streitkräfteführungskommando mit Sitz in Graz und Salzburg die operative Führung des Bundesheeres.
Volksbefragung mit eindeutigem Ergebnis
Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Bundesheers war der Kauf der Eurofighter 2002 - die größte und wohl auch umstrittenste Beschaffung. 2006 wurde die Wehrpflicht tatsächlich auf sechs Monate verkürzt und der Zivildienst von zwölf auf neun Monate reduziert. 2010 initiierte der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) kurz vor der Wien-Wahl eine Debatte über die Abschaffung der Wehrpflicht. Die SPÖ änderte daraufhin ihre Position und trat fortan für die Einführung eines Berufsheeres ein.
Nach fast zwei Jahren fruchtloser Diskussion einigte sich die rot-schwarze Regierung im Herbst 2012 darauf, am 20. Jänner 2013 die Bevölkerung über Beibehaltung oder Abschaffung der Wehrpflicht und damit über die Zukunft der Armee zu befragen. Das Ergebnis war eindeutig. Die Wehrpflicht bleibt.