Zeugenbefragung mit Hindernissen
Im Geldwäscheprozess gegen Alfons Mensdorff-Pouilly sind am Mittwoch die letzten Zeugen befragt worden. Nachdem von Richter Stefan Apostol zunächst per Amtsarzt einige Hindernisse aus dem Weg geräumt werden mussten, folgten im Anschluss inhaltlich äußerst unterschiedliche Aussagen über Mensdorff-Pouillys umfangreiche Geschäftstätigkeiten.
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Am Beginn des Prozesstages am Mittwoch zeichnete sich zunächst ein Zeugenschwund ab, mehrere Zeugen wollten wegen plötzlicher Erkrankungen nicht erscheinen, das wurde vom Gericht jedoch nicht akzeptiert. Richter Stefan Apostol verzichtete lediglich auf die Einvernahme von Mensdorff-Pouillys Steuerberater, der sich wegen eines verschluckten Hendlknochens in spitalsärztlicher Behandlung befand.
Ein Geschäftspartner von Mensdorff-Pouilly, der bei sich selbst eine Lebensmittelvergiftung diagnostiziert hatte, wurde von der Polizei vorgeführt, die langjährige Sekretärin des Angeklagten, die sich zunächst ebenfalls krank gemeldet hatte, erschien nach amtsärztlicher Untersuchung ebenfalls doch noch vor Gericht. Lediglich gegen einen ferngebliebenen Zeugen aus der Schweiz hatte der Richter keine Handhabe.
Schmiergeldzahlungen bei Ungarn-Projekt?
Inhaltlich waren die Aussagen der heute geladenen Zeugen sehr unterschiedlich. Ein ehemaliger Mitarbeiter Mensdorff-Pouillys, der als Erstes ausgesagt hatte, war für den Angeklagten eher unangenehm. Christian P. hatte bei seiner Einvernahme im Ermittlungsverfahren zu Protokoll gegeben, bei einem medizinischen Projekt in Ungarn, das allerdings nicht Gegenstand der Anklage ist, sei ganz offen über Schmiergelder gesprochen worden und darüber, wie diese verdeckt durchgeführt werden könnten.
Und hier sei Mensdorff-Pouilly, gegen den die Unschuldsvermutung gilt, „die richtige Adresse“ gewesen. Im Zusammenhang mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems habe er Derartiges aber nicht wahrgenommen, wie P. vor Gericht weiter ausführte.
Ex-Mitarbeiter als Bittsteller abgekanzelt
Mensdorff-Pouilly wies die Anschuldigungen zurück. Es sei zwar richtig, dass in diesen Ländern Schmiergeldzahlungen immer wieder verlangt worden seien. Nach 2000 seien den Politikern allerdings Erfolge wichtiger gewesen als Geld. Er habe immer gesagt, „das brauchen wir nicht, das schaffen wir auch ohne, und wir haben es geschafft“. Die Aussagen des Zeugen führte Mensdorff-Pouilly darauf zurück, dass sich P. vom Arbeitsverhältnis mit ihm mehr Geld erwartet hätte. „Es war ihm zu wenig, vielleicht hat er sich persönlich überschätzt.“
Mensdorff-Pouilly schilderte seinen ehemaligen Mitarbeiter gleichzeitig als Bittsteller, der sich zunächst bei seiner Frau, der damaligen ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat, vorgestellt habe, dort aber nicht genommen worden sei. Dass P. Jahre später gegen ihn aussage, sei „menschlich verständlich, aber fachlich falsch“.
„Weil der Chef es gesagt hat“
Eine ehemalige Sekretärin, die 25 Jahre lang bei Mensdorff-Pouilly gearbeitet hatte und wegen einer angeblichen Erkrankung zunächst nicht aussagen wollte, gab unterdessen an, nicht nur die Korrespondenz erledigt, sondern formal auch als Geschäftsführerin einer von Mensdorff-Pouillys Firmen fungiert zu haben. Sie habe das gemacht, „weil der Chef es gesagt hat“, wie sie dem Gericht erklärte.
Auf die Frage, ob sie die teilweise in Englisch abgefassten Verträge, die sie als Geschäftsführerin unterschreiben musste, verstanden hätte, meinte die 56-Jährige: „Ich hoffe.“ Englisch habe sie aber nicht gesprochen, musste sie einräumen. Auch Bilanzen habe sie unterfertigt: „Wenn sie Fachkräfte geprüft haben, habe ich es schon unterschrieben.“
Mensdorff-Pouilly ersuchte nach diesem Zeugenauftritt ums Wort. Er entschuldigte sich für den Auftritt seiner früheren Mitarbeiterin: „Sie ist am Tag, als ich ins Gefängnis gekommen bin, zusammengebrochen und seitdem bei uns nicht mehr wirklich aktiv gewesen.“ Sie habe sich von ihrem Nervenzusammenbruch nicht erholt: „Es tut mir leid zu sehen, wie dieser Mensch in sich zusammengebrochen ist.“
Containerdorf im Irak
Zwei Zeugen bekräftigten dann die Version von Mensdorff-Pouilly, wonach die umstrittenen Millionen, die dieser verteilt haben soll, als „Investitionen“ in Projekte geflossen seien. So sagte der Geschäftspartner Andreas S. aus, dass der verstorbene Mentor Mensdorff-Pouillys, Timothy Landon, mehrere Millionen in ein Businesscenter-Projekt in Dubai investiert habe. Die Zahlungen seien bar über Mensdorff-Pouilly in dessen Büro erfolgt, er habe sich jedes Mal eine Quittung erstellen lassen, so S. Ein „verhältnismäßig kleiner Teil“ sei überwiesen worden. Das Projekt sei später verkauft worden.
Ein weiterer Zeuge sagte aus, dass Investitionen in Höhe von vier Millionen Euro für ein bisher von Mensdorff-Pouilly im Prozess gar nicht erwähntes Containerdorf im Irak geplant gewesen seien. Kontaktperson sei der mittlerweile ebenfalls verstorbene Geschäftsmann Wolfgang H. gewesen. Martin S. legte ein entsprechendes Mail aus dem Jahr 2003 vor, in dem Wolfgang H. bestätigt, dass das Grundstück und die Finanzierung des Projekts gesichert seien. Ob dieses Geld tatsächlich geflossen sei, wusste er aber nicht.
„Klar, dass es eine Fälschung ist“
Das Gericht hinterfragte allerdings die Echtheit dieses Mails. Beweismittelfälschung ist nämlich Teil der Anklage im Zusammenhang mit dem angeblichen Projekt in Dubai und Wolfgang H., der die Millionen erhalten haben soll. Dessen Geschäftspartner und die Mutter von H. schlossen im Zeugenstand dezidiert aus, dass H. von Mensdorff-Pouilly Millionen bekommen haben könnte.
Für H.’s langjährigen Partner in Dubai, einen 44 Jahre alten Kaufmann, war das Fax, mit dem Wolfgang H. den Gelderhalt bestätigt haben soll und das Mensdorff-Pouillys Verteidiger Harald Schuster im Ermittlungsverfahren vorgelegt hat, getürkt: „Für mich steht klar fest, dass das eine Fälschung ist.“ Dass H. beruflichen Kontakt zu Mensdorff-Pouilly gehabt haben könnte, wies die Mutter des Verstorbenen „aufs Schärfste“ zurück. „Davon hätte er mir erzählt.“
Ruttenstorfer-Lob für Beraterdienste
Der heutige Verhandlungstag endete mit der Befragung des früheren OMV-Generaldirektors Wolfgang Ruttenstorfer. Mensdorff-Pouilly war vom heimischen Mineralölkonzern als Berater herangezogen worden, als Rumänien 2004 die staatliche Petrom privatisierte. Dass der OMV die Übernahme des Erdöl- und Erdgaskonzerns glückte - sie hält 51 Prozent der Anteile -, war laut Ruttenstorfer auch auf Mensdorff-Pouillys Geschick zurückzuführen.
Da ihm bekannt war, dass der Ehemann der ÖVP-Politikerin Maria Rauch-Kallat „gute Verbindungen in ganz Zentraleuropa, insbesondere in Osteuropa“ hatte, engagierte der damalige OMV-Chef diesen als Berater. Mensdorff-Pouillys Aufgabe sei demnach „eine Art Marktforschung mit Auslotung der politischen Verhältnisse“ gewesen, um die Einbindung der Petrom reibungslos bewerkstelligen zu können.
„Sehr spezifische, mündliche Fragen“
Mensdorff-Pouilly habe ein Erfolgshonorar „von weniger als einem Promille“ der Transaktionssumme bekommen. Dass die Zahlung über zwei Konten gelaufen ist, sei „prinzipiell“ in Ordnung gewesen, auch wenn ihn keine Erklärung für diese Vorgangsweise angeboten worden sei, so Ruttenstorfer.
Als sich die OMV 2005 für den ungarischen MOL-Konzern interessierte, kam neuerlich Mensdorff-Pouilly als Berater infrage, indem er laut Ruttenstorfer Informationen über die politische Situation in Ungarn einholen und eruieren sollte, „wie man dort ein Näherrücken der OMV sieht“.
Auf Frage von Verteidiger Harald Schuster erklärte Ruttenstorfer, Mensdorff-Pouilly habe seine Beratungstätigkeit in dem Sinn abgewickelt, als er auf „sehr spezifische, mündliche Fragen“ seine Ergebnisse nach entsprechenden Recherchen üblicherweise bei persönlichen Besprechungen oder telefonisch und nicht in Schriftform präsentierte.
Schlussplädoyers und Urteilsverkündung
Mit der Befragung von Ruttenstofer wurde der Verhandlungstag beendet. Am Donnerstag steht neben der Aktenverlesungen und Schlussplädoyers Urteile auch die mit Spannung Urteilsverkündung auf dem Programm.
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