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„Zwei Jahre hätten gereicht“

„Mir erscheint die Strafe zu hoch.“ So kommentierte Harald Schuster, der Anwalt von Alfons Mensdorff-Pouilly, am Dienstag die vierjährige unbedingte Freiheitsstrafe für den ehemaligen ÖVP-Innenminister und EU-Abgeordneten Ernst Strasser. Im Prozess gegen Mensdorff-Pouilly wegen Geldwäscherei wurden am Mittwoch die letzten Zeugen einvernommen, das Urteil dürfte am Donnerstag fallen.

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Strasser habe nach Auffliegen der Affäre „schon alle Ämter und seine Pensionsansprüche verloren, bemerkte Schuster. Auch die erlittene Schmach ist abschreckend genug, dass wirklich alle Politiker davon abgeschreckt sind.“ Aus der Sicht von Mensdorff-Pouillys Anwalt „hätten zwei Jahre gereicht“.

Für Experten Strasser-Urteil übertrieben

Für Nikolaus Rast, einen Wiener Strafverteidiger, wären drei Jahre teilbedingt die passende Strafe gewesen: „Das hätte eine ausreichende generalpräventive Außenwirkung gehabt.“ Immerhin habe Ernst Strasser kein Geld bekommen, gab Rast zu bedenken: „Es muss einen Unterschied machen, ob er einen 100er (gemeint: 100.000 Euro, die Strasser als jährliches Honorar gefordert haben soll, Anm.) nimmt und anbaut oder nicht.“

Ähnlich hatte der Wiener Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs am Montag in der ZIB2 argumentiert. Es nur an der Strafprävention festzumachen sei problematisch, sagte Fuchs. Es sei ja kein Geld geflossen, sondern es hätte erst fließen sollen. Zu denken gibt der Schuldspruch gegen Strasser womöglich auch den Anwälten zweier anderer ehemaliger Spitzenpolitiker, die wie Strasser dem zweiten Kabinett Wolfgang Schüssel (Februar 2003 bis Jänner 2007) angehört hatten und gegen die ebenfalls Ermittlungen der Justiz anhängig sind.

Anwalt: Grasser kann gut schlafen

Der Verteidiger von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Manfred Ainedter, bezeichnete das Strasser-Urteil am Dienstag gegenüber der APA als „eine sehr harte, exemplarische Strafe, die sich allerdings im Rahmen dessen abspielt, was möglich war“. Für überhöht hält Ainedter die vier Jahre nicht: „Das Gericht hat das hartnäckige Abstreiten jedweden Fehlverhaltens mit dieser drakonischen Strafe belohnt.“

Auf die Frage, ob Grasser nun auch mit einer härteren Gangart der Justiz rechnen müsse - Strasser-Richter Georg Olschak hatte das strenge Urteil ja unter Bezug auf aktive und ehemalige Politiker mit einer abschreckenden Wirkung auf mögliche Nachahmungstäter begründet -, erwiderte Ainedter: „Nein, sicher nicht. Man kann die Fälle nicht vergleichen. Es wird in der BUWOG-Geschichte keine Anklage geben.“ Angst vor dem Gefängnis habe Grasser jedenfalls keine. „Mein Mandant schläft genau so gut wie vorher“, versicherte Ainedter.

In der BUWOG-Affäre sind unterdessen lange erwartete Akten aus Liechtenstein in Wien eingetroffen und werden nun ausgewertet. Warten muss die Justiz aber noch auf Akten aus der Schweiz. Kurz vor dem Abschluss steht das Steuerverfahren gegen Grasser, dem Steuerhinterziehung im Ausmaß von 2,6 Millionen Euro vorgeworfen wird. In den nächsten Wochen soll der Abschlussbericht der Finanzprüfer vorliegen. Dann muss der zuständige Staatsanwalt entscheiden.

Auch Gorbach „zittert nicht“

Der Rechtsvertreter von Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach, Herbert Eichenseder, betonte auf APA-Anfrage ebenfalls, sein Mandant zittere nach der Strasser-Verurteilung nicht. Gegen Gorbach wird in der Telekom-Affäre unter anderem deshalb ermittelt, weil er nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt von der Telekom 264.000 Euro bekommen haben soll.

„Da ist noch lange nichts entschieden, das Ermittlungsverfahren läuft“, stellte Eichenseder dazu fest. Die Strafe im Strasser-Verfahren wollte er nicht kommentieren, hinsichtlich des Schuldspruchs wegen Bestechlichkeit bemerkte er allerdings: „Das hätte man auch anders sehen können.“

Ermittlungen gegen weitere Spitzenpolitiker

Abgeschlossen sind die Ermittlungen gegen Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) und den BZÖ-Abgeordneten Stefan Petzner. Es geht dabei um eine aus öffentlichen Geldern finanzierte Werbebroschüre des Landes Kärnten, die an die Wahlwerbung des BZÖ erinnert. In wenigen Wochen soll entschieden werden, ob Anklage erhoben oder das Verfahren eingestellt wird.

Ermittelt wird weiterhin gegen Ex-Gesundheitsministerin und Ehefrau von Mensdorff-Pouilly, Maria Rauch-Kallat (ÖVP), wegen der Anschaffung von Grippemasken. Im Visier der Staatsanwaltschaft steht außerdem Ex-Justizministerin Karin Gastinger, der illegale Parteienfinanzierung sowie Preisabsprachen im Rahmen ihrer Arbeit in einem Consulting-Unternehmen vorgeworfen werden. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

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