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Wie das Militär gehandhabt wird

Die Mehrheit der EU-Staaten hat ein Berufsheer, wie ein Vergleich zeigt. In Österreich wird am 20. Jänner eine Volksbefragung über die Zukunft des Bundesheeres - allgemeine Wehrpflicht ja oder nein - durchgeführt. Während die SPÖ für ein Berufsheer plädiert, will die ÖVP die allgemeine Wehrpflicht beibehalten. In den meisten EU-Ländern ist diese Frage allerdings bereits zu Gunsten des Berufsheeres entschieden worden.

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Bei Österreichs Nachbarn Deutschland ist die Wehrpflicht seit rund eineinhalb Jahren Geschichte. Deutschland war damit das letzte EU-Land, das sich für ein Berufsheer entschieden hat. Davor hatte sich Schweden von der Wehrpflicht verabschiedet, wie in den Jahren zuvor auch Polen, Litauen, Bulgarien, Italien, Spanien und Frankreich. 21 der 27 EU-Staaten setzen mittlerweile auf ein Berufsheer.

Auf die Wehrpflicht setzen innerhalb der EU neben Österreich (sechs Monate) weiters noch Estland (acht Monate), Finnland (sechs Monate), Griechenland (zwölf Monate) und Zypern mit 26 Monaten, was den Spannungen mit der Türkei geschuldet ist. In Dänemark dauert der obligatorische Dienst an der Waffe mindestens vier Monate, doch auch dort werden nicht alle jungen Männer einberufen - das Los entscheidet.

Zumeist auch NATO-Mitglieder

Berufsheer-Gegner führen in der Debatte über die Wehrpflicht in Österreich immer wieder ins Feld, dass die meisten Länder mit Berufsheer auch Mitglieder der NATO sind. Ergo würde die Einführung eines Berufsheeres in Österreich früher oder später auch zu einer Mitgliedschaft in dem militärischen Bündnis führen, so das bisherige Argument.

Tatsächlich hat die Mehrheit der EU-Länder nicht nur eine Berufsarmee, sondern ist auch NATO-Mitglied. Es gibt aber auch Ausnahmen, dazu gehören neben Österreich u. a. Schweden, Irland und Finnland. Finnland ist wie Österreich bündnisfrei und hält auch an der Wehrpflicht fest. Schweden hat den Wehrdienst vor kurzem abgeschafft und ist auch kein NATO-Mitglied, das Gleiche gilt für Irland.

Die Schweiz ist wie Österreich neutral, hält an der allgemeinen Wehrpflicht fest, ist aber kein EU-Mitglied. NATO-Zugehörigkeit und Wehrpflicht sind aber auch keine Gegensätze, so gehören etwa Griechenland, Dänemark und Estland sowie die Nicht-EU-Länder Türkei und Norwegen dem Militärbündnis an, haben gleichzeitig aber eine Armee mit allgemeiner Wehrpflicht.

Militärbudget in Österreich gering

Was Österreich von allen anderen eindeutig unterscheidet, ist die Höhe des Militärbudgets. Kaum ein anderes Land gibt so wenig für seine Landesverteidigung aus wie Österreich. Das Budget des Bundesheeres beträgt rund zwei Milliarden Euro mit sinkender Tendenz. Das sind 0,6 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung (BIP). Schweden wendet das Doppelte für Verteidigung auf, pro Soldat gibt das skandinavische Land sogar das Siebenfache aus, wie aus Zahlen der Europäischen Verteidigungsagentur hervorgeht. Nur Irland lässt sich seine Armee so wenig kosten wie Österreich. Die Schweiz hat eine fast reine Milizarmee mit über 100.000 Milizsoldaten und nur 2.000 Berufssoldaten.

Die Größe des Bundesheeres liegt dagegen im internationalen Schnitt. Mit 16.000 Berufssoldaten und bis zu 24.000 Grundwehrdienern verteilt übers Jahr ist Österreich mit ähnlich großen Ländern vergleichbar.

Schweden und Schweiz rüsten auf

Auch bei der Ausrüstung liegt das österreichische Bundesheer weit hinter Schweden und der Schweiz zurück. So verfügt Schweden, was angesichts der Rüstungsindustrie im Land nicht verwunderlich ist, über 100 Abfangjäger, während Österreich nur 15 Eurofighter hat. Die Schweiz hat aktuell 33 Kampfjets des von Boeing übernommenen US-Herstellers McDonnell Douglas vom Typ F/A-18 und hat zusätzlich 22 schwedische Gripen für 3,1 Milliarden Franken (2,6 Mrd. Euro) bestellt. Der Kauf war allerdings umstritten, die Auslieferung beginnt erst 2018.

Die Ausstattung hängt mit der budgetären Situation zusammen. Schweden plant bis 2021 Investitionen in Höhe von fünf Milliarden Euro, davon kann das österreichische Heer nicht einmal träumen. Die Schweiz hat wie auch Österreich die Ausgaben für das Militär zuletzt reduziert, allerdings von einem weit höheren Niveau aus. Aktuell liegt das Schweizer Militärbudget bei 4,4 Mrd. Franken (3,6 Mrd. Euro).

Ähnlichkeiten in der Struktur

Von der Struktur her ist die schwedische Armee mit dem Bundesheer dagegen gut vergleichbar. Das skandinavische Land will am Ende der Reform 16.000 Berufssoldaten haben, diese Zahl ist aber noch nicht ganz erreicht. Österreich hat derzeit 16.000 Berufssoldaten und 1.600 Zeitsoldaten. Nach dem Modell von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) soll es künftig nur mehr halb so viele Berufssoldaten (8.500) und 7.000 Zeitsoldaten geben. Die 22.000 bis 24.000 Grundwehrdiener, die jetzt pro Jahr eingezogen werden, würden künftig wegfallen.

Weiters hat Schweden 7.600 Milizsoldaten, die neben ihrem Zivilberuf Teilzeit für die Armee arbeiten. Die Zahl dieser Soldaten soll auf 12.000 erhöht werden. Österreich hat derzeit rund 26.000 Milizsoldaten. Darabos will eine neue Miliz mit 9.300 Soldaten, die jährlich 5.000 Euro Prämien bekommen, aufbauen. Die Zahl der Zivilbediensteten beträgt in Schweden 6.300 und soll auf 5.700 reduziert werden. In Österreich gibt es derzeit 8.600 Zivilbedienstete. Darabos will diese auf 6.500 reduzieren.

Schweiz vollkommen anders strukturiert

Was Schweden von Österreich unterscheidet, ist die sogenannte Heimwehr. Das sind Freiwillige, die vier bis acht Tage im Jahr einberufen werden. Diese Heimwehr besteht aus 22.000 Personen und ist eine Mischung aus Militär und Zivildienst. Sie wird nur im Inland eingesetzt etwa bei Katastrophen, aber auch beim Roten Kreuz.

Die Schweizer Armee ist völlig anders organisiert. Sie rekrutiert sich fast ausschließlich aus der Bevölkerung. Männliche Staatsbürger werden nach ihrer Grundausbildung bis zum 35. Lebensjahr immer wieder zum Heer einberufen und müssen auch regelmäßig Schießübungen machen. Die Eidgenossen haben nur rund 2.000 Berufssoldaten.

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