Italiens populärster Opernkomponist
Die jüdischen Gefangenen aus „Nabucco“, der forsche Freier im „Rigoletto“, die tragische Kurtisane in der „Traviata“ - Giuseppe Verdi hat Ohrwürmer für sie alle. Er war der Schöpfer von zahlreichen der beliebtesten Opern der Musikgeschichte und von vielen ihrer einprägsamsten Melodien. Im Oktober steht der 200. Geburtstag des italienischen Komponisten auf dem Kalender.
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Wann Verdi geboren wurde, ist nicht sicher: Im Taufregister trug man am 11. Oktober ein, er sei am Vorabend geboren, Verdi selbst betrachtete allerdings nicht den 10., sondern den 9. Oktober als seinen Geburtstag. Verdi kam als Sohn eines Gastwirts und Kleinbauern in Roncole in der Provinz Parma, auf halbem Weg zwischen Mailand und Modena, zur Welt.
Mit sieben Jahren erhielt er seinen ersten Orgelunterricht. Dabei wurde die musikalische Begabung Verdis schnell erkannt und vom Mäzen Antonio Barezzi gefördert. Im nahe gelegenen Bussetto, wo der junge Verdi ab 1825 Kompositionsunterricht nahm, machte er rasch an der Orgel Karriere.
Durchbruch beim dritten Anlauf
1832 ging Verdi nach Mailand, wo ihm das Konservatorium, das später seinen Namen trug, aber die Aufnahme verweigerte. Enttäuscht nahm er zunächst Privatunterricht bei dem Mailänder Konzertmeister und Komponisten Vincenzo Lavigna und kehrte schließlich nach Bussetto zurück, um dort Organist und später Musikdirektor zu werden. 1836 heiratete Verdi die Tochter seines wohlhabenden Gönners, Margherita Barezzi.
Zwei Jahre darauf kehrte Verdi nach Mailand zurück, um als Opernkomponist zu reüssieren. Doch seine Karriere erlitt zunächst einen Knick: Zwar wurde „Oberto, conte di San Bonifacio“ an der Mailänder Scala im Jahr 1839 mit großem Erfolg aufgeführt, das zweite Werk 1840 („Un giorno di regno“) allerdings ausgepfiffen. Zur selben Zeit starben sowohl seine beiden Kinder kurz nach der Geburt als auch seine erste Ehefrau Margherita.
Aber mit „Nabucco“ meldete sich Verdi 1842 zurück, und eine Opernsensation war geboren: Das Werk machte Verdi mit einem Schlag auch international berühmt. Zugleich kam mit Giuseppina Strepponi, die bei der Uraufführung die Abigaille gab, eine neue Liebe, die 1859 Verdis zweite Ehefrau wurde.
Symbol des Risorgimento
Obwohl die Forschung bis heute nicht belegen kann, ob Verdi politisch tatsächlich interessiert war, wurde der Komponist durch seine hohe, bald auch internationale Bekanntheit als Symbolfigur der italienischen nationalen Einheit und des Risorgimento (Wiedererstehung) gefeiert.

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Verdis Arbeitsplatz in seinem Landgut Sant’Agata
In den Folgejahren produzierte Verdi viel: „I Lombardi alla prima Crociata“ (1843), „Ernani“ (1844), „Macbeth“ (1847), „Luisa Miller“ (1849), „La battaglia di Legnano“ (1849) und „Stiffelio“ (1850). Nach eigenen Worten arbeitete er wie ein Galeerensklave und investierte die Einkünfte in sein Landgut Sant’Agata nahe seiner Geburtsstadt, auf dem er sich bald zurückzuziehen hoffte.
Gefeierte „populäre Trilogie“
Stilistisch begann er allerdings, mit Konventionen zu brechen. Zwar blieb er den Grundgedanken des Belcanto stets verbunden, seine eigene musikalische Ästhetik und auch sein Interesse für Figuren am Rande der Gesellschaft setzte sich aber spätestens mit der „Trilogia populare“ durch: „Rigoletto“ (1851), „Il Trovatore“ (1853) und „La Traviata“ (1853) markierten einen Höhepunkt in Verdis Schaffen und gehören bis heute zu den beliebtesten Opern.
Dass urmenschliche, oft widersprüchliche Gefühle, ausweglose Situationen, schicksalhafte Verwicklungen und bittersüßer Humor nicht anhand von Protagonisten zumindest königlicher Abstammung, sondern an Hofnarren, Prostituierten und Aufständischen dargelegt werden, sorgte bei den Uraufführungen der Werke nicht selten für Unmut.
Romantischer Realist
Aber dem Charme und der Rührung von Arien wie „La donna e mobile“ und „Addio del passato“ konnte auch die feine italienische Gesellschaft nicht widerstehen. Realismus und Romantik verbanden sich zu einer Opernkonzeption, die heute noch gültige Maßstäbe setzte. Bei seinen literarischen Vorlagen war Verdi wählerisch und bevorzugte unter anderen Victor Hugo, Lord Byron, William Shakespeare und Friedrich Schiller.
Nach der Vereinigung Italiens wurde Verdi 1861 als Abgeordneter in das neue italienische Parlament in Turin gewählt, dem er bis 1865 angehörte. Ende der 50er und Anfang der 60er Jahren arbeitete er für die Pariser Oper, das Mariinski-Theater in St. Petersburg und die Weltausstellung in London, wo sein „Inno delle nazioni“ zur Uraufführung gelangte. Zu den in diesen Jahren komponierten Opern zählen „Simon Boccanegra“ (1857), „Aroldo“ (1857), „Un ballo in maschera“ (1859), „La forza del destino“ (1862) und „Don Carlos“ (1867).

AP/Antonio Calanni
Eine Verdi-Statue ziert heute das Altenheim für Musiker im Mailand
Einen rauschenden Erfolg brachte Verdi die Uraufführung von „Aida“ als Auftragswerk für die Kairoer Oper im Jahr 1871. Anlässlich des ersten Todestages seines Freundes, des Schriftstellers Alessandro Manzoni, komponierte er sein bekanntestes Werk jenseits der Opernbühne, die „Messa da Requiem“, das 1874 in der Mailänder Kirche San Marco zur Uraufführung kam.
Soziales Engagement und Landleben
Danach wollte sich Verdi eigentlich von der musikalischen Bühne zurückziehen. Er errichtete ein Altenheim für ehemalige Musiker in Mailand, wurde zum Senator des Königreichs Italien ernannt und widmete sich seinem Landgut - doch sein Verleger ließ ihm keine Ruhe und überredete ihn zu einer späten, aber fruchtbaren Zusammenarbeit mit dem Librettisten Arrigo Boito für die beiden letzten Opern „Otello“ (1887) und „Falstaff“ (1893).
Am 27. Jänner 1901 starb der Komponist im Alter von 87 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls. Ebenso wie seine Frau Giuseppina, die 1897 verschieden war, liegt Verdi in der Kapelle des von ihm gegründeten Altenheims Casa di Riposo in Mailand begraben.
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