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Warnung vor Folgen für „beinahe jeden“

Die Hoffnung auf eine Einigung im US-Budgetstreit schwindet, und die Börsen reagieren mit Angst. Die wichtigen US-Börsenwerte schlossen am wegen Weihnachten verkürzten Handelstag allesamt im Minus. Auch in Europa gingen die wenigen geöffneten Aktienmärkte in einem dünnen Handel mit einem leichten Minus in die Weihnachtsferien.

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Die Investoren würden die Möglichkeit eines Scheiterns der Verhandlungen inzwischen als realistisch einschätzen, sagte der Analyst Andre Bakhos von Lek Securities gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters in New York. Ohne eine Einigung drohen im Jänner Steuererhöhungen für praktisch alle US-Amerikaner und automatische Sparmaßnahmen. Experten befürchten, dass die Wirtschaft dann in eine Rezession fallen könnte.

Politik „so unverantwortlich wie nie zuvor“

Der unabhängige Senator Joe Lieberman hatte tags zuvor am Sonntag gegenüber dem Nachrichtensender CNN gesagt, eine Einigung vor dem Jahresende sei kaum mehr möglich. Zum ersten Mal sei der Sturz von der „Fiskalklippe“ wahrscheinlicher als eine Beilegung des Streits. Sollte das passieren, würde der Kongress vielleicht so unverantwortlich wie nie zuvor gehandelt haben, kritisierte der Politiker. Die Untätigkeit werde Folgen für „beinahe jeden Amerikaner“ haben.

Präsident Barack Obama und der republikanische Verhandlungsführer John Boehner sind auf Urlaub und verhandeln nicht mehr miteinander. Auch der Kongress hat wegen der Weihnachtsfeiertage eine Pause eingelegt und nur noch wenig Zeit, um vor dem Jahreswechsel aktiv zu werden. Am Wochenende hatten sich keine Kompromisse abgezeichnet, die eine Übergangslösung ermöglichen könnten. Für diesen Weg hatte sich Obama am Freitag ausgesprochen.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Demokraten und Republikaner gaben sich am Wochenende erneut gegenseitig die Schuld dafür, dass noch keine Lösung gefunden wurde. So werfen Konservative Obama vor, die Fiskalklippe bewusst in Kauf zu nehmen, um dem Gegner die Schuld zuweisen zu können. Demokraten äußern dagegen die Vermutung, Boehner wolle vor dem 3. Jänner keine Lösung, wenn das Repräsentantenhaus seine Vorsitzführer neu bestimmt. Boehner wird vorgeworfen, bewusst den „starken Mann“ zu markieren, um seine Wiederwahl zu sichern.

Hintergrund der Auseinandersetzung sind Steuererleichterungen aus der Regierungszeit von Präsident George W. Bush, die am 1. Jänner auslaufen. Während viele Republikaner Steuererhöhungen strikt ablehnen, will Obama Reiche stärker belasten. Um weitere Auswirkungen auf die Börse zu vermeiden, bliebe nur noch ein Tag: Am Dienstag sind die US-Börsen feiertagsbedingt geschlossen. Am Mittwoch wird an der Wall Street wieder normal gehandelt. Wegen der Feiertage wird allerdings mit geringen Umsätzen gerechnet.

Riskantes Spiel

Es mehren sich die Anzeichen, dass auf beiden Seiten eine gehörige Portion politisches Kalkül im Spiel ist und der Kongress es bewusst auf das Auslaufen der Steuererleichterungen anlegt: Denn während jetzt ziemlich sicher eine Erhöhung zu den niedrigen Steuern der Bush-Ära beschlossen werden müsste, kann nach dem 1. Jänner mit seinen automatisch hinaufgeschnalzten Steuern eine „Steuersenkung“ beschlossen werden - und die Abgeordenten gut aussehen lassen, selbst wenn die Steuerquote über dem jetzigen Niveau liegen sollte.

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