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Gerard Depardieu zwischen den Fronten

Im Steuerstreit um den französischen Filmstar Gerard Depardieu will Belgien nicht der „Sündenbock“ sein. Der belgische Außenminister Didier Reynders macht die hohe Besteuerung von Reichen durch die sozialistische Regierung in Paris für die Auseinandersetzung verantwortlich. Belgien habe „keine Maßnahme ergriffen, um französische Staatsbürger anzulocken“.

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Vielmehr habe es „eine Entwicklung des französischen Steuersystems gegeben, die vielleicht Konsequenzen hat“, sagte Reynders Mitte Dezember in einem Radiointerview. Die sozialistische Regierung in Paris hatte eine Reichensteuer von 75 Prozent auf Einkommen ab einer Million Euro eingeführt. Die umstrittene, auf zwei Jahre begrenzte Maßnahme war eines der zentralen Wahlkampfversprechen des neuen Präsidenten Francois Hollande.

Der französische Schauspieler Gerard Depardieu steht mit Mopedhelm und Einkaufssackerln vor seinem Wohnsitz in Paris

Reuters/Benoit Tessier

Depardieu beim Verlassen seines Noch-Wohnsitzes in Paris Mitte Dezember

„Erbärmliche“ Steuerflucht

Zur Forderung aus Paris nach einer europäischen Steuerharmonisierung äußerte sich Reynders zwar grundsätzlich positiv, zugleich hob er aber hervor, dass nicht „ganz Europa das französische System anwenden“ werde. Vor allem gebe es „keine Mehrheit in Belgien für eine Steuer von 75 Prozent auf Einkommen“. Depardieu hatte kurz zuvor empört seinen Verzicht auf die französische Staatsbürgerschaft angekündigt.

Als Grund gab der 63-Jährige in einem offenen Brief an Premierminister Jean-Marc Ayrault an, dass dieser ihn „beleidigt“ habe. Der Regierungschef hatte die geplante Steuerflucht des Schauspielers (etwa „Die letzte Metro“, „Cyrano de Bergerac“, „Green Card - Scheinehe mit Hindernissen“ und mehrere Asterix-Filme) nach Belgien zuvor als „erbärmlich“ bezeichnet.

Filmstar, Unternehmer, Enfant terrible

Depardieu, der im Wahlkampf den später abgewählten konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy unterstützt hatte, ist neben der Schauspielerei seit Jahren erfolgreicher Unternehmer. Ihm gehören unter anderem Weingüter und drei Restaurants in Paris. Der Filmstar fiel in den vergangenen Jahren aber auch immer wieder durch cholerische Reaktionen und zuletzt durch eine Fahrt mit seinem Motorroller mit einem Alkoholgehalt von 1,8 Promille auf.

Laut französischem Recht können Bürger beantragen, ihre Staatsbürgerschaft abzugeben, sobald sie andernorts eine andere beantragt haben. Reynders zeigte sich schon vorab kooperativ. Zwar müsse dafür erst das Parlament tätig werden, das lasse sich jedoch „in relativ kurzer Zeit machen. Das ist eine Sache von einigen Monaten.“ In Belgien hatte der Schauspieler kürzlich ein Haus gekauft. Laut Schätzungen leben Tausende wohlhabende Franzosen in Belgien, weil sie dort weniger Steuern zahlen.

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