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Brutale Ausbeutung

Die belgische Herrschaft zählt zu den düstersten Kapiteln des Kolonialismus in Afrika. Die verfehlte belgische Kolonialpolitik war ein ausgesprochener Sonderfall. Die Bevölkerung wurde brutal ausgebeutet, jeder Widerstand gnadenlos gebrochen.

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König Leopold II. wurde 1885 mit Zustimmung der europäischen Großmächte Privateigentümer des rund 2,5 Millionen Quadratkilometer großen, rohstoffreichen Kongo-Beckens. Dieser „Privatbesitz“-Status jenseits des Völkerrechts war in der ganzen Kolonialgeschichte einzigartig: Anders als in den übrigen afrikanischen Kolonien, in denen jeweils ein europäischer Staat die Macht ausübte, lag die Herrschaft bei einer Privatgesellschaft im Eigentum des Monarchen.

Da mit dem Kongo zugleich auch alle seine Bewohner als rechtloser Privatbesitz angesehen wurden, kam es bei der wirtschaftlichen Ausbeutung zu brutalen Exzessen: Die Kongo-Gräuel sorgten 1908 international für Aufsehen und Empörung und zwangen Leopold zur Übergabe des Kongo als „normale“ Kolonie an den belgischen Staat.

Schlagartiger Rückzug

Zwar verbesserten sich die Verhältnisse ein wenig, aber nach wie vor wurden der Kongo und seine Bevölkerung von der autoritären Kolonialmacht Belgien ausgebeutet. Mit den weltweit in den Kolonien zunehmenden Unabhängigkeitsbestrebungen wuchs auch im Kongo der Druck nach staatlicher Selbstbestimmung. Nach ersten Unruhen in der Hauptstadt Leopoldville und unter dem Druck der Weltöffentlichkeit zog sich Belgien Anfang 1959 schlagartig aus dem Kongo zurück und hinterließ ein Chaos. Die verfehlte belgische Kolonialpolitik hinterließ das riesengroße Land ohne jegliche Vorbereitung auf die Unabhängigkeit.

Unrühmliche Rolle in Unabhängigkeitstagen

Am 30. Juni 1960 wurde die Demokratische Republik Kongo unabhängig. Noch heute wird gestritten, welch unrühmliche Rolle die Belgier während der gewalttätigen Geburtswehen der Republik spielten, als kurz nach der Unabhängigkeitserklärung die UNO einmarschieren musste, die junge Regierung gestürzt wurde, Europäer scharenweise flüchteten und Anfang 1961 schließlich der Führer der kongolesischen Unabhängigkeitsbewegung und erste Ministerpräsident des jungen Landes, Patrice E. Lumumba, ermordet wurde.

Die Sezession der Katanga-Kupferprovinz unter Moise Tschombe mit Hilfe belgischer Fallschirmjäger und weißer Söldner hatte die UNO auf den Plan gerufen, ihr Eingreifen scheiterte jedoch. Lumumba wurde gestürzt, auf der Flucht gefangen genommen und am 17. Jänner 1961 in Katanga ermordet. UNO-Generalsekretär Dag Hammarskjöld verunglückte während der Kongo-Krise bei einem Hubschrauberabsturz tödlich. Ein Mordkomplott unter belgischer Beteiligung wird vermutet.

Bürgerkrieg und politische Wirren

Die Unabhängigkeit machte den Leiden der Kongolesen allerdings kein Ende. Jahrzehntelang herrschte Diktator Joseph-Desire Mobutu, der das Land im Zuge einer „Afrikanisierung“ in Zaire umbenannte (von 1971 bis 1997). Der vormals marxistischen Rebellenchef Laurent-Desire Kabila übernahm nach dem Sturz Mobutus als Präsident der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) die Macht.

Es folgten seit den 1990er Jahren Bürgerkriege und Wirren. Wiederholt sollten UNO-Truppen die Gewalt eindämmen. 2001 wurde Kabila von einem Leibwächter erschossen. Sein Sohn Joseph folgte ihm als Präsident nach. Trotz Friedensabkommens und einer Rückkehr zur Demokratie 2006 ist Gewalt durch bewaffnete Gruppen jedoch nach wie vor an der Tagesordnung. Die verwirrenden Fronten laufen entlang nationaler, ethnischer und wirtschaftlicher Sonderinteressen.

Wurzeln im Völkermord in Ruanda

Seit rund 15 Jahren wird der Osten der Demokratischen Republik Kongo von immer neu aufflammenden Konflikten heimgesucht. Seit Monaten nimmt die Gewalt wieder verheerende Ausmaße an, über hunderttausend Menschen sind auf der Flucht. Die Hintergründe der heftigen Kämpfe zwischen Regierungstruppen und der Rebellengruppe M23 sind komplex: Der Konflikt von Tutsi und Hutu, der 1994 in Ruanda zum Völkermord an einer Million Tutsi führte, sowie der Kampf um die Kontrolle über Erze, Diamanten und Gold in den reichen Böden des Landes gelten als Hauptursachen.

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