IT-Größen mit exotischen Wurzeln
Sie entwickeln die Technologien von morgen und geben vor, welche technischen Errungenschaften in unsere Haushalte einziehen. In ihren Anfängen waren die heutigen IT-Weltkonzerne aber oftmals überraschend „untechnisch“ zu Gange. So ist die Marke Nokia etwa untrennbar mit Mobiltelefonen verbunden, die Wurzeln liegen allerdings wo anders.
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Lange Zeit galt Nokia als das Synonym für moderne Handys. In den letzten Jahren musste der finnische Konzern jedoch herbe Marktanteilsverluste hinnehmen. Mit einem Smartphone-Bündnis mit Microsoft will der ehemalige Handyplatzhirsch nun wieder zurück an die Spitze. Das ist nicht das erste Mal, dass sich Nokia neu erfinden muss.
Klopapier und Gummistiefel von Nokia
Die Ursprünge des Handykonzerns liegen in einer ganz anderen Branche: der Papierindustrie. 1865 im gleichnamigen finnischen Örtchen gegründet, erzeugte Nokia unter anderem Toilettenpapier. Ab 1900 folgte mit Gummistiefeln und Autoreifen der Einstieg ins Gummigeschäft. Auch Elektrokabel, Fernseher und Videorekorder hatte der finnische Konzern im Programm, bevor die Spezialisierung auf den Mobilfunk erfolgte. Das erste Mobilfunktelefon wurde schließlich 1987 hergestellt. Aktuell bietet Nokia neben Mobiltelefonen und Set-Top-Boxen (STB) auch Dienstleistungen und Netzinfrastruktur für Mobilfunkanbieter an.

Nokia
Werbeplakate für Nokia-Gummierzeugnisse
„Drei Sterne“-Greißler Samsung
Auch die Wurzeln des größten südkoreanischen Mischkonzerns Samsung liegen ganz woanders als vermutet. Tatsächlich wurde das Unternehmen 1938 als Lebensmittelgeschäft gestartet und exportierte getrockneten Fisch, Gemüse und Obst nach China. Der Name Samsung bedeutet dabei „Drei Sterne“ und steht für die drei Söhne des Firmengründers. Ein knappes Jahrzehnt später betrieb Samsung erste Getreidemühlen und Zuckerraffinerien zur Weiterverarbeitung der Nahrungsmittel.
Nach Ausflügen in Baubranche und chemische Industrie erfolgte 1969 schließlich die Gründung von Samsung Electronics mit dem Schwerpunkt Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte. Ein Schwerpunkt, dem Samsung bis heute treu geblieben ist. Die Elektroniksparte ist aktuell der größte TV- und Handyhersteller der Welt. Daneben ist der asiatische Mischkonzern weiterhin auch in anderen Sparten wie Maschinenbau und Schwerindustrie, Chemie, Versicherungen, Großhandel und Bauwesen aktiv.

Public Domain
1938: Gründung von Samsung als kleines Lebensmittelgeschäft in Südkorea
Gesichtscreme und Zahnbürsten von LG
Den Wandel vom Schönheitskonzern zum heute weltweiten Elektronikkonzern hat die ebenfalls in Südkorea beheimatete LG Group geschafft. 1947 als Kosmetikfirma Lak-Hui Chemical Industrial Corp gegründet, konzentrierte man sich vorerst auf die Herstellung einer Gesichtscreme namens Lucky Cream.
In Ermangelung einer günstigen Verpackung für seine Creme, beschloss Firmengründer Koo In Hwoi kurzerhand den Einstieg in die Kunststoffproduktion und stellte die Döschen von da an selbst her. Es folgten weitere Produkte für die Körperpflege wie Kämme, Zahnbürsten und Seifendosen.
Marke GoldStar
1958 erfolgte mit der Gründung der GoldStar Inc. (kurz für Lucky GoldStar) die Spezialisierung auf das Elektronikgeschäft. Kurz darauf wurden die ersten Rundfunkempfänger, Fernsehgeräte, Kühlschränke, Videorekorder und Klimaanlagen hergestellt und international verkauft. Die Marke GoldStar wurde 1995 zwar durch die Marke LG Electronics ersetzt, ist aber bis heute auch hierzulande sehr bekannt.
Heute ist LG ein vielfältig aufgestellter Mischkonzern mit 44 Tochterunternehmen in den Sparten Elektronik, Chemie und Telekommunikation. Das Namenskürzel LG steht mittlerweile für den Werbeslogan Life’s Good.

Sony
Reiskocher von Sony
Reiskocherreinfall bei Sony
Mit einem Flop beginnt die Unternehmensgeschichte des Weltkonzerns Sony. 1946 mit dem Namen Tokyo Tsushin Kogyo Kabushiki Kaisha (Totsuko) gegründet, entpuppte sich das erste Produkt als Ladenhüter. Die Eigenentwicklung eines automatischen Reiskochers, der sich von selbst wieder ausschalten sollte, funktionierte nie richtig und wurde wieder eingestellt. Der Schwerpunkt verlagerte sich danach auf Unterhaltungselektronik.
Mit der Entwicklung neuer Produkte musste auch ein neuer, weltweit leicht auszusprechender Markenname her. Dieser entstand aus der Kombination des lateinischen Worts sonus für Klang und dem damaligen englischen Modewort Sonnyboy, das in Japan für clevere junge Menschen gebraucht wurde.
PlayStation eigentlich Laufwerk für Super Nintendo
Der Durchbruch gelang Sony 1955 mit dem Bau des ersten Transistorradios. Es folgten Jahrzehnte der Innovationsfreude, in denen der japanische Konzern mit Entwicklungen wie dem Trinitron-Farbfernseher, dem Walkman, der Compact Disc (CD) - in Kooperation mit Philips - und der Floppy Disc (Diskette) Geschichte schrieb. Ein Produkt von Sony, die PlayStation, war eigentlich nur als CD-Laufwerk für Nintendos Super-Nintendo-Konsole konzipiert. Nach einem Zerwürfnis mit Nintendo brachte Sony kurzerhand eine eigene Spielkonsole auf den Markt.
Heute produziert der japanische Weltkonzern eine Fülle an Unterhaltungselektronik sowie Computer, Mobiltelefone (in Kooperation mit Ericsson), Roboter und optische Speichermedien. Sony ist zudem im internationalen Film- und Musikgeschäft und verkauft in Japan auch Lebensversicherungen.
Gürtelschnalle und Druckbleistift von Sharp
Über Umwege kam auch der japanische Sharp-Konzern zu seiner Elektronikausrichtung. 1912 in Tokio als Metallverarbeitungsfirma gegründet, sorgte die Erfindung einer Steckschnalle für Gürtel - eine Gürtelschnalle aus Metall, die ohne Löcher im Leder fixierbar ist - für eine rasche Unternehmensexpansion. Der umtriebige Gründer erfand noch eine spezielle Regenschirmklemme und ein Ablaufventil, bis ihm 1915 der internationale Durchbruch mit dem Ever Sharp Pencil, dem ersten mechanischen Druckbleistift, gelang. Das Erfolgsprodukt lieferte gleich auch den Namen für das Unternehmen: Sharp.
1925 stieg Sharp schließlich in die Elektronikbranche ein und erzeugte Kristallradios, danach Röhrenradios. Heute umfasst die Produktpalette des japanischen Konzerns unter anderem Hi-Fi-Komponenten, Haushaltsgeräte, Taschenrechner, Notebooks und Kopiergeräte.

Sharp
1915: der Ever Sharp Pencil von Sharp
Ein Klassiker - der TI-30
Bei dem US-Unternehmen Texas Instruments (TI) denkt man sofort an Taschenrechner. Dass der Taschenrechnerproduzent auch Luft-Boden-Raketen entwickelt hat, ist hingegen kaum bekannt.
1941 gegründet, entwickelte TI das erste Transistorradio und später den ersten integrierten Schaltkreis. 1972 wurde der Taschenrechner TI-2500 Datamath mit integrierter Schaltung auf den Markt gebracht. Das erfolgreichste TI-Taschenrechnermodell ist bis heute der TI-30, der 1976 erstmals zu kaufen war. Anfang der 80er Jahre versuchte sich TI mit dem TI-99/4A auch auf dem Heimcomputermarkt, musste sich aber kurz darauf der starken Konkurrenz des Commodore C64 geschlagen geben.
Luft-Boden-Rakete von Texas Instruments
Parallel dazu war TI auch in der Rüstungsindustrie tätig und entwickelte unter anderem die Luft-Boden-Rakete AGM-88 HARM zur Bekämpfung von bodengestützten Radaranlagen. 1986 wurden die Raketen während der Luftangriffe auf Tripolis (Libyen) eingesetzt, danach im Zweiten Golfkrieg und 1999 im Kosovo-Krieg. Wahrscheinlich, aber offiziell nicht bestätigt, ist auch der Einsatz im Irak-Krieg. Auch an der verbreiteten Panzerabwehrrakete FGM-148 Javelin hat TI mitgewirkt. 1997 trennte sich TI von seiner Rüstungssparte. Heute ist TI im Bereich der Halbleiter, Computerbauteile, Taschenrechner und DLP-Chips (Digital Light Processing) aktiv.
Epson: Von Uhren bis zum Drucker
Der japanische Hersteller Epson kam ebenfalls über Umwege zu seinem Druckergeschäft. 1881 eigentlich als Reparatur- und Verkaufsgeschäft für gebrauchte Uhren gegründet, folgte 1892 die Spezialisierung auf die Miniaturisierung von Uhren unter dem Namen Seikosha (später Seiko, japanisch für Präzision).

Epson
Portable Quarzuhr von Epson Seiko
Olympische Spiele brachten Neuausrichtung
1964 wurde Seiko zum offiziellen Zeitnehmer der Olympischen Spiele in Tokio nominiert. Für die übersichtliche Darstellung der Ergebnisse direkt an den Wettkampfstätten entwickelte Seiko gleich auch selbst den passenden Mininadeldrucker, den Electronic Printer (EP). Das bedeutete den Einstieg ins Druckergeschäft. 1975 wurde schließlich die Marke Epson eingeführt. Der erste Minidrucker stand dabei für den neuen Markenamen Epson = Son of Electronic Printer Pate.
Heute zählt die Seiko Epson Corporation zu den größten Herstellern von Druckern, Scannern, Digitalkameras, Projektoren, Registrierkassen, Industrierobotern und LCD-Komponenten. Die Tochterfirma Seiko Watch Corporation setzt die Uhrentradition mit den Marken Seiko, Pulsar und Lorus fort.
Beate Macura, ORF.at
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