Themenüberblick

„Sicher schlecht ausgedrückt“

Der zweite Verhandlungstag gegen den früheren ÖVP-Innenminister und Europaparlamentarier Ernst Strasser ist am Dienstag mit der Vorführung von Videos zu Ende gegangen, die Treffen mit vermeintlichen Lobbyisten dokumentieren. Mit der schriftlichen Übersetzung seiner in - etwas holprigem - Englisch geführten Diskurse war Strasser nicht zufrieden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Für Diskussionen sorgte etwa die Frage, ob Strassers Aussage „you have to influence“ sein direktes Gegenüber meinte, oder aber ob das „you“ allgemein für „man“ steht - also „du musst Einfluss nehmen“ oder „man muss Einfluss nehmen“. Der Verteidigung gefiel auch nicht, dass das Wort „Input“ mit „Einfluss“ auf die Gesetzgebung übersetzt wurde.

Mit der Aussage „when all the things are going up“ habe er, Strasser, lediglich gemeint, „wie sich die Dinge entwickeln“. Auf ein „Sprachproblem“ in Zusammenhang mit der Übersetzung angesprochen, gab Strasser zu: „Ja, das ist sicher schlecht ausgedrückt.“

Verzögerungen wegen technischer Panne

Die Vorführung der Videos, von Strassers Gesprächspartnern - Aufdeckerjournalisten in der Rolle vermeintlicher Lobbyisten - mit versteckter Kamera aufgenommen, konnten wegen technischer Probleme erst verspätet beginnen.

Der Angeklagte Ernst Strasser

ORF.at/Roland Winkler

Strasser beim Prozess in Wiener Straflandesgericht im Blitzlichtgewitter

In einem Video wurde ein erstes Treffen Strassers mit den vermeintlichen Lobbyisten samt Smalltalk in einem Restaurant in Brüssel dokumentiert. Und auch hier ließ sein Englisch Spielraum für Interpretation. Dabei sagte der frühere Minister etwa: „I give a example for drinkers.“ Dass er ein „Vorbild für Trinker“ abgebe, meinte Strasser aber offenbar nicht, sondern genau das Gegenteil: Im Unterschied zu den meisten im „drinking country“ Österreich konsumiere er keinen Alkohol.

„The people go around and drink beer“

Eineinhalb Stunden benötige er, um mit dem Flugzeug von Wien nach Brüssel zu gelangen, berichtete Strasser seinen Gesprächspartnern einleitend. „In the times of the vulcan ashes“ (gemeint: der Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull im März 2010, Anm.) sei das aber nicht möglich gewesen. Außerdem erzählte er von den milden Temperaturen in seiner Heimat Ende Oktober: „In Austria it was late summer with 20 degrees.“

Die Staatsanwaltschaft im Strasser-Prozess

ORF.at/Roland Winkler

Anklage zweifelt an Version „Falle“

Das Treffen fand am 11. November 2009 statt - dem offiziellen Faschingsbeginn, worauf Strasser die Engländer aufmerksam machen wollte. Um 11.11 Uhr beginne „the funny time of the year. Children make a mascerade“, so Strasser. Und weiter: „In Austria the people go around and drink beer and schnaps.“ Er habe als Student in einer Brauerei gearbeitet, wo ein Kollege am Arbeitsplatz 20 Bier getrunken und nichts gegessen habe. Dafür habe er nach Feierabend noch ein paar Bier mit nach Hause genommen.

Wo Strassers „political“ liegt

Als es in dem Restaurant ans Bestellen ging, bemerkte Strasser mit der Speisekarte in der Hand: „I have to be careful about my body.“ Den Einwurf eines Journalisten, er mache einen fitten Eindruck, begrüßte der 56-Jährige mit einem lachenden „Thank you“. Auch die schon bekannten, über die Onlinevideoplattform YouTube verbreiteten Sequenzen, in denen Strasser über seinen politischen Werdegang referierte, bekamen die Zuhörer noch einmal zu sehen.

Dass er in Brüssel sei, bezeichnete Strasser als „mistake“, der Chef seiner Partei habe ihn zum „frontrunner“ im EU-Wahlkampf bestimmt („This was not my wish“). Er werde nun die Zeit in Brüssel nutzen, um sich ein Netzwerk aufzubauen, das er danach für seine Firma nützen könne („Of course I am a lobbyist“). Zu seiner politischen Einstellung sagte Strasser: „My political is in the center of the political.“ Dass das so sei, führte er darauf zurück, dass er „son of a little farmer“ sei.

Kontakte zu Agenten und „lobbying competence“

In voller Länge wurde auch ein weiteres Treffen mit den Journalisten präsentiert, diesmal im angeblichen Hauptquartier in London. Dabei rühmte sich Strasser etwa seinen einstigen berufsbedingten Kontakte zu US-amerikanischen Geheimdiensten und erklärte in voller Breite, wie nationale Politik und EU-Politik funktionieren.

Außerdem erteilte er den vermeintlichen Lobbyisten auch noch den Ratschlag, nach Brüssel zu übersiedeln, um „lobbying competence“ aufzubauen. Und schließlich wurde der Ex-Minister neugierig, warum gerade er als Kontakt auserkoren wurde: „May I ask you how did you come to me?“ Beim nächsten Verhandlungstermin am Donnerstag sollen laut Plan weitere Aufzeichnungen der Treffen mit den vermeintlichen Lobbyisten im Gerichtssaal gezeigt werden.

Links: