„Da war mir klar, das sind Gauner“
Der ehemalige ÖVP-Innenminister und EU-Abgeordnete Ernst Strasser hat am Montag im Wiener Straflandesgericht erstmals Gelegenheit gehabt, sich gegen die Korruptionsvorwürfe zu wehren. Er blieb bei der Darstellung, er sei nur zum Schein auf ein Angebot vermeintlicher Lobbyisten eingegangen und habe diesen „eine ganze Reihe von Fallen gestellt, wo ich draufkommen wollte, wo die herkommen“.
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Die „Sunday Times“-Journalistin Claire Newell war in der Rolle einer Lobbyistin am 30. Juni 2010 an Strasser herangetreten. Deren Firma habe ihm nichts gesagt, „aber es war ein Misstrauen, was die wollen. Geheimdienste, Nachrichtendienste versuchen, einen Fehler auszunützen und die Leute zu erpressen“, gab der Angeklagte zu Protokoll. Ohnehin habe er sich deshalb gleich zu Anfang abgesichert, ob es rechtlich zulässig sei, sich auf Newell einzulassen.
„Bin sogar als Minister ausgelacht worden“
Recherchen eines Freundes in London hätten dann jedoch ergeben, „dass man das Unternehmen nicht kennt. Da war mir klar, das sind Gauner, die sind nicht das, was sie vorgeben.“ Schließlich habe er auch noch erfahren, dass es die Firmennummer der „Lobbyisten“ gar nicht gebe. Dass er trotzdem weiter Kontakt zu ihnen hielt und auch die Behörden nicht informierte, rechtfertigte Strasser damit, dass er „Zeit gewinnen“ habe wollen.

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Ernst Strasser vor Gericht
An das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) sei der Ex-Innenminister nicht herangetreten, „weil ich überhaupt nicht damit gerechnet habe, dass ich in solche Schwierigkeiten komme“. Er hätte dem Verfassungsschutz „nicht nachweisen können, dass irgendetwas nicht stimmt“. Wäre er in dieser Situation zum BVT gegangen, wäre er „von denen ausgelacht“ worden, gab Strasser zu bedenken: „Ich bin sogar als Minister ausgelacht worden.“
Von US-Geheimdiensten verfolgt?
Beim BVT brauche man „irgendein pfannenfertiges Ding, wo die Herren vom BVT agieren“, demonstrierte Strasser gehöriges Misstrauen in seine vormalig eigenen Behörden. Er sei schon 2002 mit einer Verdachtsmeldung beim BVT abgeblitzt, und damals sei er immerhin der zuständige Innenminister gewesen, so Strasser. Deshalb habe er auch bei einem persönlichen Treffen mit BVT-Chef Peter Gridling im November 2010 kein Wort über die Causa verloren.

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Richter Georg Olschak
„Was hätte es gebracht? Er hätte mich genauso ausgelacht, wie er mich am 14. April ausgelacht hat“, sagte Strasser, als er Gridling von seinem Verdacht informiert habe. Allerdings: Im April 2011 war die Lobbyistenaffäre bereits aufgeflogen und Strasser bereits zurückgetreten. Bis dahin sei für ihn jedoch klar gewesen: Vermutlich steckten die US-Geheimdienste hinter der Sache, und zwar wegen seines Verhaltens beim SWIFT-Bankenabkommen und beim Flugpassagierabkommen mit den USA.
„Seltsames Verhalten“ bemerkt
In den Causen SWIFT und Flugpassagierabkommen vertrat Strasser teils prononciert europäische Positionen. In der Folge habe er bemerkt: „Das Verhalten der Amerikaner war seltsam." Er habe zunehmendes Interesse an seiner Person registriert und daher auch sein Büro gewarnt. Seine Mitarbeiter gaben dazu aber laut Richter Georg Olschak widersprüchliche Aussagen zu Protokoll und sollen im Lauf des Verfahrens noch befragt werden.
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