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Skurril und vollends unbescheiden

An Schaffenskraft mangelt es Nakamatsu Yoshiro gemeinhin nicht, auch wenn das japanische Patentamt dem durchaus umtriebigen Erfinder widerspricht und statt der 3.300 gerade einmal 360 Einträge zählt, die auf seinen Namen registriert sind. Doch fernab des guten Geschmacks rangieren die meisten seiner Projekte jedenfalls zwischen kaum brauchbar und völlig absurd - doch es gibt Ausnahmen.

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Zu allgemeiner Bekanntheit verhalf ihm die Erfindung der „Floppy Disk“, einer Vorform der Diskette. Bereits 1952 ließ er diese Erfindung patentieren, der Technologieriese IBM war unabhängig davon mit seinen Ingenieuren erst 1969 in der Lage, ein solches System anzufertigen. Um Konflikte zu vermeiden, schloss der Konzern Lizenzverträge mit Dr. NakaMats (unter diesem Namen vermarktet er sich, Anm.) ab. In Sachen „Floppy Disk“ widersprach IBM aber stets, diese seien unabhängig von seinen Projekten von IBM selbst erfunden worden.

Mehr oder wenige bekannte Erfindungen

Nach eigenen Angaben erfand der Japaner auch alle folgenden Medien wie die CD und die DVD. Doch auch die Erfindung von Fax, Taxameter und Digitaluhr heftet sich Doktor NakaMats auf seine Fahnen. Doch auch auf die Erschaffung weniger breitenwirksamer Erfindungen ist der Doktor stolz - ganz seinem übermäßig ausgeprägten Narzissmus und dem Naturell der völligen Selbstüberschätzung getreu. Ob der Doktortitel allerdings tatsächlich von einer Universität verliehen wurde, oder nur ein Teil des Künstlernamens ist, wird weder bestätigt noch dementiert.

Ungeachtet dessen ist die Frage, wie er Erfinder wurde, für ihn damit nicht besonders schwer zu beantworten: „In meiner Familie läuft eine starke Linie an Genie-DNS. Meine Mutter war ein Genie, meine Großeltern waren es auch. Um ein guter Erfinder zu sein, muss man eine Genie-DNS haben“, wird er in der „Berliner Zeitung“ zitiert.

Ein mit Batterie betriebener Schuh auf Rädern

Reuters/Toshiyuki Aizawa

Der batteriebetriebene Schuh

Die batteriebetriebenen Schuhe, eine Miniklimaanlage und die Perücke, die sich im Bedarfsfall zu einer Waffe umfunktionieren lässt, sowie ein Polster, der einen Autolenker vor dem Sekundenschlaf bewahrt, wurden nicht gerade zu Verkaufsschlagern. Auch dem Perpetuum mobile, betrieben mit Hitze und kosmischer Energie, blieb breite Bekanntheit und Anerkennung verwehrt. Lediglich die Springschuhe, mit einer federnden Spange an der Sohle versehen, schafften es in die Verkaufsregale einiger Ramschgeschäfte.

Lebensgarantie bis 2072

Einige seiner Erfindungen sind - ganz seinem Eigenbild entsprechend - nicht ganz uneigennützig. Geht es nach Doktor NakaMats, hat der mittlerweile 84-Jährige noch ein langes Leben vor sich. So sollen ihn seine Erfindungen noch bis 2072 am Leben erhalten. Dabei geht es um das grundlegende Postulat des japanischen Erfinders, wonach die Lebensdauer mit bewusster Ernährung und abgestimmten Schlafverhalten verlängerbar wäre. Doch es wäre nicht Doktor NakaMats, wenn sich um diese Erkenntnis nicht die Erfindung von völlig skurrilen und wunderlichen Dingen ranken würde.

„Cerebrex“-Sessel

Reuters/Toshiyuki Aizawa

Der energiegebende Sessel

Von „Cerebrex“ bis „Gehirntee“

„Schlaf sollte nicht länger als sechs Stunden dauern“, gibt NakaMats an - selbstverständlich gestützt von einer seiner Erfindungen: einem Sessel, „Cerebrex“ genannt, der äußerlich wie ein Couchsessel mit Nacken- und Kopfstütze aussieht. Der gesamte obere Bereich ist von einer Haube umhüllt, mittels derer äußere Reize abgeschirmt werden sollen. Das Gerät verspricht gesteigerte Leistungsfähigkeit und reduziert den notwendigen Schlaf zusätzlich.

Der Doktor nutzt den Sessel mehrmals täglich, eine Stunde sitzen kommt acht Stunden Schlaf gleich. Zudem kann er nach eigenen Angaben sein Sehvermögen auf 120 Prozent heben, mathematische Fähigkeiten steigen gar auf 129 Prozent.

Die avisierten 144 Lebensjahre steuert er aber auch mit Hilfe eines selbst kreierten „Gehirntees“ an, auch auf die richtige Ernährung achtet er. Geht es nach Doktor NakaMats, sollte auf Alkohol, gewöhnlichen Tee, Milch und sogar Leitungswasser verzichtet werden. Diese Flüssigkeiten würden sich nachteilig auf das Gehirn auswirken. Auch Kaffee sei sehr gefährlich, so der japanische Erfinder.

Nobelpreis für Sinnfreies

Immerhin seit über 40 Jahren dokumentiert NakaMats bildlich und textlich seine tägliche Mahlzeit. Diese Arbeit bescherte ihm 2005 den ig-Nobelpreis (engl. Wortspiel: „ignoble“ steht für unwürdig, schmachvoll, schändlich, Anm.), eine Art Anti-Nobel-Preis für sinnfreie oder über die Maßen unnötige Forschungen. Vergeben wird der Preis seit 1991 von der elitären Harvard-Universität.

Doch Dinge wie die besagten Federschuhe und ein architektonisch nach speziellen Bedürfnissen angefertigtes Stiegenhaus haben für NakaMats durchaus praktischen Nutzen. Dahinter steht das Schonen von Gelenken - und dahinter verbirgt sich wiederum die eigens auferlegte Altersvorgabe des Doktors, die weitere 60 Lebensjahre vorsieht. Aber auch um die Zukunft seiner Landsleute sorgt sich NakaMats. So hat er unlängst ein Lust- und Potenzmittel erfunden, das die dreifache Wirkung von Viagra verspricht.

Sondervorsitzender der „Glücksrealisierungspartei“

Auch auf das politische Parkett begab er sich schon, so kandidierte er für den Posten des Gouverneurs von Tokio. Die meisten persönlichen Stimmen erhielt er 1995, als ihm im Wahlkreis Tokio 101.547 Wähler ihre Stimmen gaben. 2009 gründete er die „Glücksrealisierungspartei“ mit, als deren Sondervorsitzender er fungiert. Doch ganz der Eigenvorgabe entsprechend, im wahrsten Sinne des Wortes alles Mögliche zu machen, gibt es auch eine Dokumentation über ihn. „The Invention of Dr. NakaMats“ („Die Erfindung des Doktor NakaMats“, Anm.) stellt seine Herangehensweise an seine Arbeiten dar. Und der Titel ist Programm, schließlich geht es um seine wohl größte Erfindung: ihn selbst.

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