Themenüberblick

„Sie werden hängen“

Die Gründung einer "nationalen Bewegung“, ausgerufen von den Organisationen Allpolnische Jugend (MW) und National-radikales Lager (ONR), hat in Polen Befürchtungen vor einer neuen rechtsextremen Partei ausgelöst. Der wachsende Zustrom zu den Rechtsextremen ist spätestens seit dem polnischen Nationalfeiertag am 11. November nicht mehr zu leugnen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

MW und ONR hatten am Feiertag zu einem „Unabhängigkeitsmarsch“ in Warschau aufgerufen, an dem rund 20.000 Menschen teilnahmen. Am Abend erklärte der MW-Vorsitzende Robert Winnicki vor einigen tausend Anhängern die Gründung der „nationalen Bewegung“. "Wir müssen diese Republik abschaffen“, rief er, davor fürchteten sich die "Linken“, die das Land auch nach der demokratischen Wende 1989 regierten. "Sie werden hängen“, skandierten die Versammelten.

„Offene Werbung für Faschismus“

Wie viel Macht die Ultrarechten in Polen bereits haben, zeigt auch die Teilnahme von Abgeordneten der rechtskonservativen Parteien Recht und Gerechtigkeit (PiS) und Solidarisches Polen (SP) an der Kundgebung. Sie sehen ihre Klientel zusehends zu den Rechtsextremen abwandern und wollen das vermeiden, indem sie mit ihnen immer noch weiter nach rechts rücken. 176 Festnahmen waren nach Ausschreitungen bei dem Marsch mit 20.000 Teilnehmern zu verzeichnen.

"Die Ereignisse von Sonntag zwingen uns zum Handeln“, hieß es nach dem „Marsch“ seitens der linksliberalen Oppositionspartei Bewegung Palikots (RP). Nach Ansicht der RP und des oppositionellen Bündnisses der demokratischen Linken (SLD) sollte die Politik nun ein Verbotsverfahren der Veranstalter des "Unabhängigkeitsmarsches“ einleiten. Denn diese hätten "offen für den Faschismus“ geworben, sagte der SLD-Generalsekretär Krzysztof Gawkowski.

Polizisten während einer Demonstration  im Einsatz

dapd/AP/Czarek Sokolowski

Polizeieinheiten im Kampf gegen Rechtsextreme beim „Unabhängigkeitsmarsch“

Justizminister schließt Verbot aus

Aus den anderen Parteien gab es dazu bisher keine eindeutige Stellungnahme. "Ich schließe nicht aus, dass es eine Grundlage für ein Verbot gibt“, sagte Ex-Justizminister Krzysztof Kwiatkowski von der rechtsliberalen Regierungspartei Bürgerplattform (PO) gegenüber Radio TOK FM. Der amtierende Justizminister Jaroslaw Gowin (PO) schloss ein Verbotsverfahren dagegen kategorisch aus. Die bei dem Marsch gefallenen Aussagen seien durch die Meinungsfreiheit gedeckt, so Gowin.

Im Übrigen gebe es im linken Parteienspektrum ähnlich radikale Positionen, so die Verherrlichung von Lenin, die "für meine Generation noch abstoßender klingen als die Ideen eines radikalen Nationalismus“ so Gowin. In der liberalen Zeitung "Gazeta Wyborcza“ hieß es, das nationalistische Lager müsse nun stärker geheimdienstlich überwacht werden. Nach den Äußerungen bei dem Marsch könne der Staat die Rechten zumindest "nicht mit politischen, sondern mit polizeilichen Mitteln“ bekämpfen.

PiS sieht sich als einzige „reale rechte Kraft“

Politisch könnte eine "nationale Bewegung“ am ehesten der PiS schaden. "Die PiS ist die einzige reale politische Kraft der Rechten“, sagte dazu der PiS-Abgeordnete Joachim Brudzinski, er sehe keine Chance für eine konkurrierende Gruppierung. Nach Ansicht des PiS-Vizevorsitzenden Adam Lipinski scheine die Unterstützung für die MW und ONR nur deshalb so groß, weil sie den Unabhängigkeitstag für ihre Erklärung nutzten.

Links: