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Roth kann Grüne weiter „nerven“

Die Vorsitzende der deutschen Grünen, Claudia Roth, ist mit einem starken Ergebnis im Amt bestätigt worden. Beim Bundesparteitag am Samstag im deutschen Hannover erhielt Roth 88,49 Prozent der Stimmen. Nach ihrer Schlappe bei dem von ihr mitinitiierten Mitgliederentscheid über das Spitzenduo für die Bundestagswahl 2013 war das ein deutlicher Vertrauensbeweis.

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Roth war bei der Urwahl mit nur 26,2 Prozent weit hinter dem Gewinnerduo - dem ehemaligen deutschen Umweltminister und jetzigen Fraktionsführer Jürgen Trittin und der Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt - auf dem vierten Platz gelandet und hatte sich laut eigener Aussage erst nach viel Zuspruch aus der Partei zur erneuten Kandidatur durchgerungen. Das Ergebnis der Urwahl, nach der sie ihre Partei nicht als Spitzenkandidatin in die Bundestagswahl führen wird, wurde vor einer Woche bekanntgegeben.

Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Roth

dapd/Johannes Simon

Roth ist für ihre oft emotionale Diskussionskultur bekannt

Überzeugungsarbeit auf exaltierte Art

Zu ihrer Kandidatur als Parteivorsitzende sei sie aber ermutigt worden, sagte Roth in ihrer Bewerbungsrede. „Ihr müsst beantworten, ob ich die Richtige bin.“ Sie werde sich nicht verbiegen, sagte sie mit Blick auf ihre als exaltiert geltende Art. „Und das Nerven, das gewöhne ich mir auch nicht mehr ab.“

Bei ihrer letzten Wahl hatte Roth 2010 beim Parteitag in Freiburg nur 79,3 Prozent erhalten. Das Ergebnis von Hannover ist ihr bisher zweitbestes bei Wahlen zum Parteivorsitz. Unter großem Jubel der Delegierten hatte sie vor ihrer Wiederwahl um das Vertrauen der 800 Delegierten geworben. „Die Trauerzeit ist vorbei. Jetzt, liebe Freundinnen und Freunde, begrüße ich Euch zum letzten Jahr von Schwarz-Gelb“, beschwor sie das Ende der Koalition aus CDU/CSU und FDP nach der nächsten Wahl. Die Parteilinke Roth führt die Grünen mit einer zweijährigen Unterbrechung seit 2001.

Polarisierung als Markenzeichen

Roth gilt als eine sehr emotionale, aber auch kühl kalkulierende Politikerin. Sie ist eine der prominentesten deutschen Grünen, und auch in Österreich kennt man ihr Gesicht. Wie kaum eine andere Politikerin polarisiert die langjährige Grünen-Chefin aber auch. Mit Hingabe tritt die 57-Jährige für ihre Themen ein, gegen den politischen Gegner wettert sie im Angriffsstil.

Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Roth in Dirndl mit einem Bier in der Hand

APA/dpa/Tobias Hase

Roth bei der Eröffnung des diesjährigen Oktoberfestes

Öffentlich zeigt sie Umarmungen und manchmal auch Tränen. Mit ihrer Mischung aus kämpferischen Schlagworten und oft farbenfrohem Outfit zog sie immer wieder Spott auf sich. Demokratie, Menschenrechte, Flüchtlinge zählen zu ihren Hauptthemen. „Privat bin ich furchtbar verletzlich“, sagte Claudia Roth der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Sie gab Einblicke in die Kehrseiten als Spitzenpolitikerin. „Einsamkeit ist in dem Job schon ein Thema. Man ist eine vollkommen öffentliche Person, geht abends ins Hotelzimmer, und dann wird es plötzlich leer.“

„Linksradikale“ Eltern im tiefschwarzen Bayern

Die Politik hat Roth aber ebenso viele Freundschaften eingebracht, auch international. Die Verhältnisse und Ansprechpartner etwa in der Türkei, im Irak und Tunesien kennt Roth gut. Ihre Eltern galten - als linksliberale FDP-Anhänger - im tiefschwarzen Bayern als „linksradikal“, erinnert sich Roth. „Vor allem um ’68 herum gab es bei uns immer viele Diskussionen.“ Auch sie selbst stand zeitweise der FDP-Jugendorganisation nahe.

Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Roth und Co-Vorsitzender Cem Oezdemir

dapd/Oliver Lang

Roth (hier neben Cem Özdemir) ist stolz auf ihren oft schrillen Kleidungsstil

Managerin von „Ton, Steine, Scherben“

Roth wurde zuerst Theaterdramaturgin, dann Managerin der linken Rockband „Ton, Steine, Scherben“. 1985 kam sie als Pressesprecherin zur Grünen-Bundestagsfraktion. Vier Jahre später wurde sie ins Europa-Parlament gewählt und blieb zwei Legislaturperioden. 1998 wechselte sie in den Bundestag. Schon 2001 wurde Roth an die Parteispitze gewählt. Wegen der damals geltenden Unvereinbarkeit von Amt und Mandat verlor sie das Amt Ende 2002. Zwei Jahre später rückte sie wieder an die Spitze.

Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Roth und Co-Vorsitzender Cem Oezdemir mit einem Wahlplakat

dapd/Swen Pfoertner

Roth und Özdemir beim Parteitag

Auch Özdemir wiedergewählt

Cem Özdemir bleibt neben Claudia Roth Vorsitzender der deutschen Grünen. Auf dem Parteitag wurde der Vorsitzende am Samstag mit 83,3 Prozent erneut an die Spitze der Partei gewählt. Er erzielte damit ein etwas schlechteres Ergebnis als Roth. Özdemir rief seine Partei ebenso wie die deutschen Sozialdemokraten dazu auf, sich stärker als bisher für einen Sieg von Rot-Grün im kommenden Jahr zu engagieren. Beide Parteien müssten „noch eine Schippe zulegen“, sagte Özdemir vor den Delegierten. „Ich freue mich auf diesen Wahlkampf.“ Bei der Wahl vom Samstag blieb Özdemir leicht hinter seinem Resultat von der vorangegangenen Wahl 2010 zurück. Damals hatte er ebenso wie Roth am Samstag 88,5 Prozent erreicht.

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