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„Die Griechen haben ja geliefert“

Der seit langem erwartete Bericht der Geldgeber-Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) zur Haushalts- und Schuldenlage in Griechenland liegt vor. „Der Troika-Bericht ist im Grundton positiv, weil die Griechen ja wirklich geliefert haben“, sagte Euro-Gruppe-Chef Jean-Claude Juncker am Montag in Brüssel.

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„Wir werden den Troika-Bericht, der uns gestern Nacht zugestellt wurde, im Detail prüfen“, sagte der luxemburgische Premier- und Finanzminister vor dem Treffen der von ihm geführten Finanzminister der Euro-Länder. Er könne das Dokument noch nicht abschließend beurteilen, da er noch mit der Lektüre beschäftigt sei, sagte Juncker.

Nach der Verabschiedung des Reformprogramms und des Haushalts 2013 durch das griechische Parlament seien nun die internationalen Geldgeber am Zug. Das vom Parlament beschlossene „sehr ambitiöse“ Reformprogramm „begegnet unserer Wunschliste fast integral“, sagte Juncker. „Aber es braucht, bevor wir liefern können, noch einige Zusatzklärungen in Sachen Schuldentragfähigkeit und Finanzierung. Das werden wir tun“, so Juncker.

Mehr Zeit für Griechenland möglich

Griechenland soll für die Umsetzung seiner Sparziele zwei Jahre mehr Zeit erhalten, wie aus dem Entwurf der neuen Vereinbarung der Troika-Geldgeber mit der griechischen Regierung („Memorandum of Understanding"/"MoU“) zur Umsetzung der Reformen hervorgeht. In dem am Montag der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Papier wird das mit der wirtschaftlichen Rezession begründet, die schärfer sei als erwartet. Bei einem Aufschub würde Griechenland aber weitere 32,6 Mrd. Euro brauchen, heißt es in dem Bericht.

Die Vereinbarung ist noch nicht endgültig abgestimmt. Doch auch Juncker kann dem etwas abgewinnen. „Ich bin dafür, dass wir das tun“, sagte Juncker, auch wenn dadurch eine Finanzierungslücke enstehe. Mit dem IWF werde hinsichtlich der Schuldentragfähigkeit darüber diskutiert, „ob 120 Prozent Schulden im Jahr 2020 das letzt Wort ist oder ob wir auch diese Periode ein bisschen verlängern“.

Treffen der Euro-Zone-Finanzminister

Juncker bestätigte, dass die Euro-Finanzminister am Montagabend keine endgültigen Beschlüsse zur nächsten Kreditauszahlung von 31,5 Mrd. Euro an Griechenland treffen würden. „Denn es gibt ja parlamentarische Prozeduren, die es zu beachten gibt, vornehmlich in Deutschland, aber nicht nur in Deutschland“, so Juncker. Der deutsche Bundestag muss Änderungen des Griechenland-Programms zustimmen, bevor der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble im Kreis der Euro-Gruppe grünes Licht geben kann. Ohne das frische Geld ist Athen allerdings bald pleite.

Fekter: „Sehr sehr schwierige“ Verhandlungen

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) sieht „sehr, sehr schwierige“ Verhandlungen für Griechenland. Vor Beginn der Sitzung der Euro-Gruppe sagte Fekter, die Griechen hätten den Wunsch nach mehr Zeit zum Schuldenabbau geäußert, aber „mehr Zeit heißt auch mehr Geld. Da spießt es sich derzeit schon.“

Die Frage sei, woher dieses Geld kommen könne. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die anderen Staaten und Minister wieder zu ihren eigenen Steuerzahlern gehen und wir im Parlament womöglich neue Griechenland-Pakete beschließen müssen, die noch mehr kosten.“ Fekter sagte, es seien „kreativere“ Herangehensweisen notwendig, „sei es durch Umschichtungen, Streckung von Zahlungszielen oder auch, dass irgendwo Gewinne der EZB dafür verwendet werden“.

Auch Teilauszahlung möglich

Die Entscheidung über die endgültige Absegnung der Auszahlung der nächsten Hilfstranche an Athen dürfte dem Vernehmen nach allerdings am Mittwoch bei einer Telekonferenz der Finanzminister der Währungsunion fallen. In EU-Ratskreisen hieß es am Montag, möglich sei auch eine Teilauszahlung. Es bestehe keine Notwendigkeit, die 31,5 Milliarden im Ganzen zu übermitteln.

Dass angesichts der schlechter gewordenen Situation der Staatsschuld Athens - laut Herbstprognose wird diese von 175 Prozent des BIP bis 2014 auf fast 190 Prozent steigen - eine Ausdehnung des bis 2020 vereinbarten Ziels einer Reduktion auf maximal 120 Prozent um weitere zwei Jahre erfolgen könnte, wurde in EU-Ratskreisen zurückgewiesen. Es bleibe bei 2020, eine Erweiterung bis 2022 sei nicht vorgesehen, hieß es entgegen dem Vorstoß der Troika.

Bedarf an zusätzlichen Milliarden droht

Jedenfalls könnte sich angesichts der schlechter gewordenen wirtschaftlichen Lage und der Probleme bei der Umsetzung der wichtigsten Sparauflagen („prior actions“) ein zusätzlicher Finanzbedarf von mehr als 15 Milliarden Euro - in manchen Berichten war zuvor von einer Größenordnung bis zu 40 Milliarden Euro die Rede - ergeben. Dass zur Gewährung der nächsten Hilfstranche an Athen die Sparauflagen zu einem gewissen Prozentsatz erfüllt sein müssen, sei nicht festgeschrieben, hieße es aus EU-Kreisen. Es handle sich um eine politische Entscheidung. Zuletzt hatte es geheißen, die Griechen hätten lediglich 80 Prozent dieser Dringlichkeitsmaßnahmen erfüllt.

Der griechische Schuldenberg wächst derzeit unaufhörlich. Zurzeit wird die Verschuldung auf 175 Prozent des BIP geschätzt, im kommenden Jahr könnte sie auf fast 190 Prozent steigen. Erste Schätzungen der Troika waren davon ausgegangen, dass die Verschuldung im Jahr 2020 bei mindestens 130 Prozent des BIP liegt.

Parlament billigte Budget

Mit solider Mehrheit hatte das griechische Parlament Sonntagnacht das Budget 2013 gebilligt. Für den Entwurf der Regierung stimmten 167 Abgeordnete, 128 votierten dagegen. Vier Parlamentarier enthielten sich der Stimme, einer war nicht anwesend. Das Ergebnis gab Parlamentspräsident Evangelos Meimarakis kurz nach Mitternacht bekannt.

Die Troika hatte wie im Vorfeld angekündigt mit der Veröffentlichung ihres Berichts gewartet, bis alle parlamentarischen Hürden in Athen genommen sind. Mit der positiven Abstimmung über das Budget 2013 wird auch eine weitere wichtige Voraussetzung für die nächste Tranche der Geberländer erfüllt.

Demonstrant vor dem griechischen Parlament in Athen

APA/EPA/ANA-MPA/Orestis Panagiotou

Tausende demonstrierten auch am Sonntag gegen die geplanten Sparmaßnahmen

Vor allem Gehalts- und Pensionskürzungen

Das Budget sieht Einsparungen von 9,4 Mrd. Euro vor, wobei allein 7,6 Mrd. durch Gehalts- und Pensionskürzungen erzielt werden sollen. Der Budgetentwurf rechnet damit, dass die griechische Wirtschaft im kommenden Jahr um 4,5 Prozent schrumpft. Während der Haushaltsdebatte protestierten Tausende Menschen gegen die geplanten neuen Sparmaßnahmen. An den Demonstrationszügen durch die Hauptstadt Athen beteiligten sich nach Polizeiangaben rund 15.000 Menschen. Zu den Protesten hatten die beiden größten Gewerkschaften GSEE und ADEDY aufgerufen.

Die letzte Abstimmung war äußerst knapp: Nach wütenden Protesten und einem Generalstreik hatten nur noch 153 Abgeordnete in der Nacht auf Donnerstag dem Sparpaket im Volumen von 13,5 Milliarden Euro zugestimmt. Es sieht neue Ausgabenkürzungen, Steuererhöhungen und eine Aufweichung des Kündigungsschutzes vor.

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