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Neun Prozent mehr Konkursverfahren

Im laufenden Jahr 2012 haben wieder mehr Firmen Insolvenz angemeldet als im Vorjahr. Das zeigt sich anhand einer Erhebung der Creditreform Wirtschaftsauskunftei, die eine Übersicht der ersten drei Quartale ausweist. Und auch der Ausblick ist nicht berauschend: Für das Gesamtjahr ist mit 6.300 Insolvenzverfahren zu rechnen.

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Bis dato sind über 4.700 heimische Firmen betroffen - seit Jahresbeginn ist die Anzahl an eröffneten Verfahren um fast neun Prozent auf 2.666 Unternehmen gestiegen. Doch wirft man einen Blick hinter die nackten Zahlen, offenbaren sich einfachste Gründe für das Schlittern in die finanzielle Malaise.

Buchhaltung in der Küchenlade

Die Hauptursachen für das Scheitern der Unternehmen liegen grob gesagt in Managementfehlern. Was so schwer aufzuspüren scheint, wäre manchmal mit einfachsten Mitteln zu lösen, vielfach krankt es bereits am Grundsätzlichen. So verfügen viele Betriebe über keine oder nur eine sehr inkonsequent geführte Buchhaltung. „Bei Einpersonenuternehmen wird die Bilanzierung gerne dem Ehepartner oder einem Verwandten überlassen, Rechnungen werden in einer Küchenlade gesammelt“, schildert Gerhard Weinhofer von Creditreform gegenüber ORF.at.

Außerdem krankt es oft am mangelnden Willen, die Produktion mit einfachen Mitteln effizienter zu machen. Eine schlechte Personalauswahl (bzw. in einigen Branchen und Standorten die fehlende Möglichkeit dazu, Anm.) und das ungenügende Prüfen des Firmenumfelds und der Konkurrenz bringen ebenso keine Asse im Ärmel.

Zu langsame oder vergessene Verrechnung

Doch aus fehlender Buchhaltung resultiert ein ganz gravierender Fehler, der kleinen Betrieben schnell das Genick brechen kann. Anders gesagt: Es wird aufs Kassieren vergessen. „Viele Firmen wollen ein ordentliches Produkt machen und dieses möglichst schnell und vielfach verkaufen“, schildert Weinhofer.

„Doch aus Säumigkeit heraus werden Kunden quasi Lieferantenkredite gewährt. Rechnungen werden falsch oder gar nicht ausgestellt, was den Erhalt von Zahlungen verzögert. Die Kosten für ein fertiges Produkt hat in dieser Phase ausschließlich die produzierende Firma zu tragen, das wird gerne vergessen. Auch wird nicht konsequent genug gemahnt“, so Weinhofer. Auch fehle - oft aus unternehmerischer Notwendigkeit heraus - eine ausreichende Überprüfung, ob ein Kunde überhaupt zahlungsfähig ist. Ein größerer Auftrag ist also ein zweischneidiges Schwert, denn ein Zahlungsausfall kann ein kleines Unternehmen schnell in den finanziellen Abgrund reißen.

Zusteller und Baubranche besonders betroffen

Österreich verfügt über eine klein strukturierte Unternehmenslandschaft, und auf Kleinst- und Kleinbetriebe wirken sich finanzielle Schieflagen besonders dramatisch aus. Der am stärksten betroffene Bereich ist die Branche Verkehr und Nachrichtenübermittlung. Hierzu zählen beispielsweise Zustell- und Transportdienste aller Art. Je 1.000 Betriebe geraten jährlich 30 in die Zahlungsunfähigkeit.

„In dieser Branche wirken sich besonders Abhängigkeiten aus, viele große Unternehmen lagern Transport- und Überstellungsdienste an kleine Subfirmen aus, deren wirtschaftliches Überleben mit dem Auftraggeber steht und fällt“, so Weinhofer. In ähnlicher Weise betroffen ist das Bauwesen mit über 28 Insolvenzen je 1.000 entsprechender Betriebe.

„Industrie hat sich fit gemacht“

Erfreulich sind die Entwicklungen im erweiterten Bereich zwischen Gastronomie und Tourismus und in der Erzeugung von Sachgütern jeglicher Art. Den stärksten Rückgang an Insolvenzen verzeichnete das Beherbergungs- und Gaststättenwesen (minus 56,2 Prozent), das ist mit den Zuwächsen bei den Nächtigungszahlen zu begründen. Der Rückgang der Insolvenzen von Firmen, die Sachgüter herstellen, beläuft sich auf 18,5 Prozent. „Die Sachgütererzeugung hat sich gut auf die Wirtschaftskrise eingestellt, sie ist resistenter geworden. Die Exportquote ist noch immer gut, die Industrie hat sich fit gemacht“, heißt es seitens Creditreform.

Burgenland als Ausreißer

Auch der Blick auf die Bundesländer zeigt ein auffällig unterschiedliches Bild: Während Tirol und Kärnten die stärksten Rückgänge an Betriebsinsolvenzen verzeichnen (hier wirkt sich der Tourismusbereich aus, Anm.), weist die Statistik für das Burgenland eine deutliche Steigerung an Firmenkonkursen um fast 50 Prozent aus. Diese auffällige Zunahme liegt nach Auskunft der Creditreform in den vielen Pleiten von Unternehmen begründet, die sich auf Solartechnik und Bioenergieerzeugung spezialisiert haben. Im Vorjahr hat die Branche noch einen Pleitenrückgang von 16 Prozent verzeichnet.

„Risikomanagement Gebot der Stunde“

Jedenfalls sei es für Firmen wichtig, sich für den unsicheren Konjunkturverlauf zu rüsten. „Diese Entwicklung sollte die Unternehmen bewegen, sich noch mehr um ihre eigene Liquidität und Bonität zu kümmern. Die eigenen Zahlen sind in Ordnung zu bringen, um vor einer allfällig weiteren Verschlechterung der Konjunktur gewappnet zu sein. Risikomanagement ist mehr denn je ein Gebot der Stunde“, meint Rainer Kubicki, Geschäftsführer von Creditreform.

Doch trotz des Anstiegs der Betriebspleiten wurden verglichen zum Vorjahr um knapp über sechs Prozent weniger Insolvenzanträge mangels kostendeckenden Vermögens zurückgewiesen. Zudem wird fast jedes fünfte Verfahren als Sanierungsverfahren eröffnet.

Valentin Simettinger, ORF.at

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