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Aufhebung erneut möglich

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat Bedenken gegen die „autonome“ Vorschreibung und Einhebung von Studiengebühren durch die Universitäten. Diese Vorgangsweise könnte der Verfassung bzw. dem Universitätsgesetz (UG) widersprechen, so VfGH-Präsident Gerhart Holzinger. Deshalb habe man ein Verordnungsprüfungsverfahren betreffend die entsprechenden Bestimmungen in der Satzung der Uni Wien eingeleitet.

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Konkret hat der VfGH laut Holzinger gleich in zwei Punkten Bedenken: Einerseits sei man vorläufig der Ansicht, dass die Einhebung von Studiengebühren nicht in die Autonomie der Unis fällt. Selbst wenn man das aber bejahe, müsse man sich fragen, ob der Umstand, dass im UG nach wie vor auf Studiengebühren Bezug genommen wird, nicht eine autonome Regelung durch die Unis ausschließe.

Entscheidung nächstes Jahr

Seine Entscheidung wolle der VfGH so rasch wie möglich treffen, so Holzinger. Man sei sich über die Bedeutung der Sache durchaus im Klaren. Realistisch sei eine Entscheidung im ersten Viertel des Jahres 2013. In über 85 Prozent der Fälle, in denen der VfGH ein Prüfungsverfahren von Amts wegen einleitet, führen die vorläufigen Bedenken des Gerichtshofes tatsächlich zur Aufhebung der entsprechenden Bestimmungen

Im aktuellen Wintersemester heben acht der 21 Unis in Eigenregie Studiengebühren ein. An der Uni Wien, der Uni Innsbruck, der Wirtschaftsuni (WU) Wien, der Uni Graz, der Technischen Uni (TU) Graz, der Uni Linz, der Veterinärmedizinischen Uni Wien und am Mozarteum Salzburg müssen jene Studenten 363,36 Euro pro Semester bezahlen, die die Mindeststudiendauer um mehr als zwei Semester überschritten haben bzw. aus Nicht-EU-Staaten kommen.

Übertragung an Unis problematisch

Seine Bedenken gegen die autonome Studiengebühreneinhebung stütze der VfGH auf die Überlegung, dass die Vorschreibung von Studiengebühren einer besonderen staatlichen Verantwortung unterliege, betonte Holzinger. Die Übertragung einer weitreichenden Finanzautonomie dürfte mit dieser nicht im Einklang stehen. Das resultiere aus der besonderen gesellschaftlichen Bedeutung der staatlich finanzierten Regelstudien.

„Eine solche Übertragung der Finanzverantwortung an die Unis würde die öffentlichen Universitäten und nicht den Gesetzgeber entscheiden lassen, welche finanziellen Zugangshürden bei der Aufnahme eines Regelstudiums an den öffentlichen Universitäten bestehen sollen“, so Holzinger. Das dürfte nach vorläufiger Einschätzung des VfGH verfassungswidrig sein.

Unis sollten „vorsichtig sein“

Selbst wenn man diese Auffassung nicht teile, könnte die angefochtene Satzung der Uni Wien gesetzwidrig sein, meinte der VfGH-Präsident. Nach der Teilaufhebung der „alten“ Studiengebührenregelung durch den VfGH seien noch immer Bestimmungen über Studienbeiträge im UG übrig geblieben. Nun stelle sich die Frage, ob aufgrund dieses Umstands eine autonome Regelung durch die Unis nicht ausgeschlossen sei.

Den Unis empfahl Holzinger, mit einer weiteren Einhebung von Gebühren „vorsichtig zu sein, bis die endgültige Entscheidung kommt“. Dass das Thema Studiengebühren ein „vermintes Gebiet“ ist, habe sich ja bereits wiederholt gezeigt.

Alte Regelung ebenfalls aufgehoben

Bereits vor etwa einem Jahr hatte der VfGH Teile der Regeln zu Studienbeiträgen als verfassungswidrig aufgehoben, und zwar mit dem Hinweis, dass das Gesetz nicht präzise genug geregelt hatte, wann Studienbeiträge zu bezahlen sind und wann nicht.

Bei Aufhebung der entsprechenden Bestimmungen würde jener Student, der mit seiner Bescheidbeschwerde das Verordnungsprüfungsverfahren ausgelöst hat, die Gebühren zurückerhalten. Auch jene Studenten, die vor dem nun gefallenen Prüfungsbeschluss beim Unisenat einen Antrag gestellt haben, könnten als „Quasi-Anlassfälle“ behandelt werden und sich Hoffnungen auf eine Rückzahlung des Geldes machen.

Gesetz an Streit SPÖ - ÖVP gescheitert

Eine gesetzliche Neuregelung der Studiengebühren ist bisher an den unterschiedlichen Vorstellungen von ÖVP und SPÖ gescheitert. Die SPÖ hatte zwar angeboten, die „alte“, vom VfGH aufgehobene Studiengebührenregelung mit ihren zahlreichen Ausnahmen zu „reparieren“. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle stellte dem aber ein eigenes Modell gegenüber, das wesentlich weniger Befreiungen von der Zahlungspflicht vorsieht.

Die Unis sollen demnach individuell entscheiden können, ob und in welcher Höhe sie Gebühren von bis zu 500 Euro pro Semester einheben. Die Beiträge sollen der jeweiligen Uni bleiben, zehn Prozent in einen „Sozialfonds“ für bedürftige Studenten wandern. Von Studenten aus Nicht-EU- bzw. Nicht-EWR-Staaten können sogar „kostendeckende Studienbeiträge“ verlangt werden. Gebührenbefreit wäre aber nur eine viel geringere Gruppe - vor allem Studienbeihilfenbezieher, Studenten in Mobilitätsprogrammen bzw. behinderte oder beurlaubte Studenten. Parallel dazu soll die Studienbeihilfe ausgebaut werden.

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