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Beitrag „nicht sachgerecht“

Nach dem Anruf des zurückgetretenen CSU-Sprechers Hans Michael Strepp beim ZDF ist eine weitere Intervention aus dem CSU-Umfeld beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen bekanntgeworden. Im März 2011 rief die Sprecherin des damaligen Umweltministers Markus Söder (CSU) beim Bayerischen Rundfunk an, weil sie einen Bericht des TV-Formats Rundschau über Söder als „nicht sachgerecht“ empfand.

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In dem Beitrag waren Äußerungen des heutigen Finanzministers Söder vor und nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima gegenübergestellt worden. Telefonisch beschwerte sich Söder-Sprecherin Ulrike Strauß nach der Erstausstrahlung über den Beitrag. Strauß bestätigte in der „Welt am Sonntag“ den Anruf, betonte aber, sie habe keinen Einfluss genommen. Doch mehr als verdächtig erscheint das, was danach mit dem Beitrag geschah. So wurde der anstößige Part in einer späteren Ausgabe der Sendung einfach durch einen anderen ersetzt, wie die „Süddeutsche Zeitung“ am Samstag berichtete.

BR dementiert Zusammenhang

In einer ersten Reaktion wollte der Bayerische Rundfunk (BR) keinen Zusammenhang zwischen den Anrufen und der Programmentscheidung sehen. Die Zusammensetzung der Nachrichten sei rein journalistischen Maßstäben gefolgt, erklärte der Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens, Sigmund Gottlieb, am Samstag. Der in der ersten Rundschau-Ausgabe gezeigte Beitrag über Söder sei in seiner formalen Aufmachung nicht passend gewesen für eine klassische Nachrichtensendung: „Er wurde spontan eingesetzt, weil kurzfristig zwei andere Beiträge ausgefallen waren“, so BR-Chefredakteur Gottlieb.

„Keinen Auftrag“ für „Anregung“

Anruferin und Söder-Sprecherin Strauß handelte nach eigenen Worten aus eigenem Antrieb und ohne Anweisung. „Ich hatte keinen Auftrag und habe niemanden informiert“, sagte die Sprecherin der „Welt am Sonntag“ laut Vorabbericht. „Außerdem hat der BR bestätigt, dass kein Einfluss genommen wurde.“ Söder ist inzwischen Finanzminister, seine Sprecherin nahm er beim Wechsel in das neue Ressort mit. Der „Bild am Sonntag“ sagte der Minister laut Vorabbericht, der Anruf sei „ohne Auftrag und ohne mein Wissen“ erfolgt. Mit „dem Fall Strepp“ sei das nicht vergleichbar, „da die Anregung nach Ausstrahlung des Beitrags erfolgt ist“, erklärte Söder.

„Erstaunlicher Minister“ im Widerspruch

Der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge zeigte der BR am 17. März 2011 - sechs Tage nach dem Reaktorunglück von Fukushima - in der Rundschau um 16.45 Uhr einen Beitrag, der sich mit Äußerungen Söders über die Sicherheit des bayerischen Atomkraftwerks Isar I befasste.

Der BR habe Stellungnahmen aus der Zeit vor dem Reaktorunglück gezeigt, dass die Anlage sicher sei - und eine Äußerung nach dem Unglück, dass Isar I doch nicht so sicher sei. Der Beitrag habe leicht spöttisch geendet mit den Worten „ein erstaunlicher Minister“. In der zweiten Sendung um 18.45 Uhr sei der Beitrag durch einen Nachrichtenfilm über die Regierungserklärung Söders vom selben Tag zum Reaktorunglück ersetzt worden.

Zwischen beiden Sendungen lagen die Anrufe der Söder-Sprecherin Strauß, die laut BR zunächst beim Chef vom Dienst der Sendung und daraufhin beim Redaktionsleiter Peter Marder anrief, der an seinem freien Tag zu Hause gewesen sei. Eine Forderung, den Beitrag zu kippen, habe es nicht gegeben. Marder erklärte, Strauß habe moniert, dass man ihren Minister „in einem solch ernsten Zusammenhang (...) als Eishockeyspieler verkleidet auf einer Faschingsveranstaltung“ gezeigt habe. Sie habe dies als „handwerklichen Fehler“ kritisiert.

„Fall Strepp kein Einzelfall“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Bundestag, Thomas Oppermann, warf der CSU ein „gestörtes Verhältnis zur Pressefreiheit“ vor. „In Bayern soll nur berichtet werden, was der CSU gefällt“, erklärte Oppermann. „Der Anruf offenbart, dass der Fall Strepp kein Einzelfall ist.“ Der CSU-Parteisprecher war erst am Donnerstag zurückgetreten. Ihm wurde vorgeworfen, er habe mit einem Anruf beim ZDF eine Berichterstattung über den bayerischen SPD-Parteitag verhindern wollen. Nach Darstellung der CSU handelte auch Strepp im Alleingang ohne Kenntnis seines Vorgesetzten, des CSU-Generalsekretärs Alexander Dobrindt.

Kritikhagel an CSU

Die Linkspartei bezeichnete die CSU „als Bedrohung für die Pressefreiheit“. „Dass die CSU-Führung vom Treiben der Pressesprecherinnen und Pressesprecher nichts weiß, glaubt sie doch selbst nicht“, erklärte Ulrich Maurer, Linke-Vizefraktionschef im deutschen Bundestag. Grünen-Chefin Claudia Roth sagte der „Bild am Sonntag“, mit Strepps Rücktritt seien CSU-Chef Horst Seehofer und Dobrindt nicht aus der Verantwortung entlassen. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erklärte den Fall dagegen für beendet. „Es handelt sich um das Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters“, sagte sie dem „Tagesspiegel am Sonntag“.

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