Moskau verlangt „Erklärung“ von Ankara
Die Türkei hat einen syrischen Airbus A320 nach einer Zwangslandung in Ankara wieder freigelassen, die Fracht aber einbehalten: Diese sei teilweise beschlagnahmt worden, sagte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu am späten Mittwochabend. Medienberichten zufolge befand sich militärisches Gerät an Bord. Es handle sich demnach um Teile von Raketensystemen und Kommunikationsausrüstung.
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Davutoglu bestätigte laut Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi, dass man Gegenstände gefunden habe, die nach zivilen Luftfahrtvorschriften hätten deklariert werden müssen. Um welche Art Gegenstände es sich handelt, sagte er aber nicht. Er warf jedoch in einem vielsagenden Kommentar Russland indirekt vor, die syrische Führung mit Waffen zu beliefern und dafür Zivilflugzeuge zu missbrauchen. Die Maschine war in Moskau gestartet. Ihr Ziel war die syrische Hauptstadt Damaskus.
Mehrere Russen unter Passagieren
„Wir sind entschlossen, Waffenlieferungen an ein Regime zu kontrollieren, das solch brutale Massaker an der Zivilbevölkerung verübt“, sagte Davutoglu während eines Aufenthalts in Athen. Laut Geheimdienstinformationen befand sich „nicht zivile Fracht“ an Bord. Es sei nicht hinnehmbar, dass der türkische Luftraum für solche Lieferungen benutzt werde. Das Flugzeug sei daher abgefangen, die Ladung kontrolliert und teilweise beschlagnahmt worden.

APA/EPA/Cem Oksuza/Anadolu Agency
Der syrische Airbus in Ankara
Das türkische Onlineportal Ntvmsnbc meldete, dass sich an Bord des syrischen Airbus Teile von Raketensystemen befunden hätten. Unter den 35 Passagieren hätten sich auch mehrere Russen befunden, die während des erzwungenen Zwischenstopps in Ankara vom russischen Botschafter betreut worden seien. Laut der Onlineausgabe der Zeitung „Hürriyet“ wurde auch Funkausrüstung, darunter Störsender, sichergestellt. Donnerstag um 1.30 Uhr durfte die Maschine in Ankara wieder starten und Richtung Damaskus weiterfliegen.
Syrische Racheakte gegen Zivilflugzeuge befürchtet
Der syrische Luftraum wird von der türkischen Regierung seit Mittwochnacht offiziell als „unsicher“ eingestuft, was bereits erste Auswirkungen auf den zivilen Luftverkehr hatte. Die türkischen Behörden warnten die Fluggesellschaften ihres Landes noch zusätzlich davor, den syrischen Luftraum zu durchqueren. Laut dem Fernsehsender NTV will Ankara nicht ausschließen, dass das Regime von Baschar al-Assad nun auch zivile Maschinen, die Syrien überfliegen, ins Visier nimmt.
Kreml fordert Stellungnahme ein
Die Beziehungen zwischen der Türkei und Syrien sind stark angespannt. In den vergangenen Tagen kam es an der türkisch-syrischen Grenze zu Schusswechseln - so auch am Mittwoch, als auf türkischer Seite erneut mehrere Mörsergranaten einschlugen. Die Türkei droht Syrien mit härteren Vergeltungsschlägen, falls der Beschuss nicht aufhöre. Nun wird die Lage auch zwischen der Türkei und Russland zunehmend schwierig: Moskau habe von der Regierung in Ankara eine Erklärung gefordert, meldete der arabische Nachrichtensender al-Arabija.
300 Kilo „diplomatisches Gepäck“?
Die russische Nachrichtenagentur Interfax zitierte am Donnerstag nicht näher genannte Verantwortliche für Rüstungsexporte, wonach an Bord des Flugzeugs „keine Waffen oder militärische Ausrüstung“ gewesen seien. Darüber, welche Definition von Waffen dieser Aussage zugrunde lag oder was an Bord war, wurden keine Angaben gemacht. Laut türkischen Presseberichten von Donnerstagfrüh wurden jedoch rund 300 Kilogramm militärischer Güter beschlagnahmt, die die russischen Passagiere als diplomatisches Gepäck getarnt und deklariert haben sollen.
Die syrische Führung warf der Türkei vor, sie habe die jüngsten Angriffe an der Grenze selbst inszeniert. Die regierungsnahe syrische Tageszeitung „Al-Watan“ schrieb am Mittwoch, Ziel dieser Taktik sei es, die Einrichtung eines „befreiten Gebietes“ im Norden der syrischen Provinz Idlib durchzusetzen. Assads Regime versucht seit mehr als eineinhalb Jahren, einen Aufstand gegen seine Herrschaft niederzuschlagen. Zehntausende Menschen wurden getötet, Hunderttausende sind auf der Flucht.
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